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Med. Topographie Gmuend:054

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Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
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der sinnlichen über die verständige Natur einräumen, und schwer wird es später den Eltern werden, ihre Söhne und Töchter bey schon vorgerückten Alter, wo man sie oft gerne von denselben abzuhalten wünschte, der schon zu frühen Angewöhnung wegen davon entfernt zu halten. Die Verstandes- und Herzensbildung der Kinder hält man gewöhnlich ganz für einen Gegenstand der öffentlichen Schule, und überläßt dieselbe auch ganz und gerne dem Fleiß und Eifer der Lehrer: die häußliche Erziehung wird dagegen, so wie an gar vielen Orten, zum größten Schaden der Jugend, zumal in unsern Tagen der häufigern und leichtern Verführung, der egoistischen Denk- und Lebensweise, wo aller Gemeingeist entflohen zu seyn scheint, größtentheils vernachlässiget, und gewiß verdiente dieselbe immer ein Hauptaugenmerk, und als der Grund aller öffentlichen Erziehung vorzüglich gepflegt zu werden; denn nur aus guter häuslicher Erziehung entsprießen die besten Früchte für das Gemeinwohl und Privatglück, und wohl wirds keine bessere Erzieher geben, als gute Eltern sind; denn Niemand auf Erden kann einen so starken Totaleindruck auf das junge Gemüth der Kinder machen, als die Eltern, ihre Erzeuger und tägliche Verpfleger, wodurch ihre Einwirkung auf sie durch Erziehung und Bildung um so tiefer haften, um so eher einen unaustilgbaren Charakter gewinnen muß[1], wenn nur dieselben diesen Hauptzweck und dieses Hauptgeschäft ihres Berufes über die viele theils fremde theils selbstgemachte irdische Sorgen und Geschäften nicht so oft vergessen würden und müßten: sind nur den Eltern Pflicht und Tugend heilig, fürchten

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sie Gott und lieben sie den Nächsten, so wird auch bald in den Herzen ihrer Kinder eine Aussaat so schöner, edler Gefühle hervorkeimen, und eine reiche Aernte versprechen.

Die öffentliche Lehranstalten bestehen zunächst in einer deutschen und lateinischen Schule. Erstere wird in dem Waisenhaus von sechs Lehrern gehalten, und wurde 1778 als Normalschule eingerichtet. Die Schulzimmer sind ziemlich geräumig, hell und trocken und daher gesund. Die Knaben und Mädchen sind getrennt und in sechs Klassen eingetheilt, wovon die Knaben drey Klassen und die Mädchen drey ausmachen; die Anzahl sämmtlicher Schulkinder mag sich gegenwärtig beyläufig auf 500 belaufen. Die Dauer der Schulzeit ist Vormittags im Winter von 8–10 Uhr, im Sommer eine halbe Stunde länger, und vorher wird jederzeit in der anstoßenden Spitalkirche für die Schulkinder der geeignete Gottesdienst gehalten. Die Nachmittagsschule dauert von 1–3 Uhr, und mit der freywilligen Repititions-Stunde bis 4 Uhr. Wohl mögen in unsern heißen Sommertagen die Nachmittagsschulen in der oft schmelzenden Hitze dem Lehrer und Schüler gleich lästig fallen, und Joh. Pet. Frank (in seiner System der medizin. Polizey[2]) rathet, was auch bey uns anwendbar seyn mag, die Nachmittagsschulen in den heißen Sommermonaten, wenigst um die Hälfte abzukürzen, oder dieselben erst ihren Anfang um 5 Uhr nehmen zu lassen, indem die schmelzende Mittagshitze die Gesellschaft einer so häufig ausdünstenden Kindermenge für die Gesundheit bedenklich machen muß; die Jugend schmachtet nur dabey, ohne das geringste von dem schläfrigen Vortrag eines allzeit


Anmerkungen (Wikisource)

  1. mnß Vorlage
  2. Johann Peter Frank (1745–1821), „System einer vollständigen medicinischen Polizei“ (Sechs Bände, 1779–1819)