Madera

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Textdaten
Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Madera
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1796, S. 7-12
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1796
Verlag: Michaelis
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Erscheinungsort: Neustrelitz
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung: Die Chiffre D. wird Johann Gottfried Herder zugeschrieben.
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[7]
Madera.


      /kill @eUnd zum Schlusse dieses Festes
Kosten wir ein Glas Madera.
Süß und traurig: zum Gedächtniß
Aller unglückselgen Liebe.

5
     

/kill @eRobert Machin, Anna d'Arfet,
Er, ein edler Britten-Jüngling.
Sie, die Tochter stolzer Eltern,
Beide liebten sich, doch traurig.

      /kill @eHingeworfen ins Gefängniß

10
Von des Mädchens stolzen Eltern

Schmachtete der edle Machin;
Doch sein Herz blieb unverändert.

      /kill @eUnd des jungen Mannes Freunde
Rüsten ihm ein Schif am Ufer,

15
Führen Robert aus dem Kerker,

Ihm die Braut in seine Arme.

[8]

      /kill @eWillig folget ihm die treue
Anna d’Arfet in die Wellen.
Liebe Wellen, rauschet glücklich!

20
Fahret wohl, geliebte Beide!


      /kill @eHin nach Frankreichs holdem Ufer
Steuern sie mit Macht und Kräften;
Doch die Küste schwindet traurig,
Traurig seufzen alle Winde.

25
     

/kill @eDreizehn lange Tag’ und Nächte
Schweben sie auf ofnem Meere;
Ohne Weg’ und ohne Rettung,
Rette sie, geliebte Liebe!

      /kill @eDa ging ihnen auf der Freude,

30
Auf der Hoffnung Morgenröthe;

Sieh, ein nahes schönes Eiland,
Namlos — jetzo heißt’s Madera.

[9] 

      /kill @eNeue Vögel, neue Bäume,
Schöne Thäler, holde Hügel

35
Locken freundlich sie zur Küste,

Fliegen freundlich um ihr Segel.

      /kill @e»Ach, es ist der Sitz der Liebe
Spricht das freudetrunkne Mädchen
Mitten unter wilden Wellen

40
Uns vom Himmel zubereitet.


      /kill @eFerne von Europa’s Ufer,
Von dem unglückselgen Ufer
Eine der glückselgen Inseln
Aus den alten Fabelzeiten.«

45
     

/kill @eUnd sie steigen aus zum Lande
Grüssend die geliebte Küste.
Die krystallne Wasserwoge
Kömmt, und spielt um ihre Füße.

[10]

      /kill @eWilde Thiere kommen schmeichelnd,

50
Huldigend dem Königspaare;

Tausend Nachtigallen singen
Ihnen Lobgesang der Liebe.

      /kill @eUnd sie finden ein verborgnes
Schönes Thal, von dichten Bäumen

55
Rings umschattet, wie ein Tempel,

Wie ein Paradies der Liebe.

      /kill @e»Hier, Geliebter, spricht das Mädchen,
In dem Tempel laß uns wohnen;
Unter diesem heilgen Baume

60
Laß uns liebvereinet sterben!«


      /kill @eUnd ein böses Schicksal hörte
Den schuldlosen Wunsch der Schönen;
Wütend kam ein harter Sturmwind,
Und riß los das Schiff vom Ufer,

[11]
65
     

/kill @eRiß es in die wilden Wellen,
Stieß es an Marokko’s Küste;
(Alle armen Christenseelen
Wurden da der Mohren Sklaven.)

      /kill @eLeidend sah das weiche Mädchen

70
Ihrer treuen Freunde Schicksal.

Sah allein sich auf der Insel,
Sah den Vielgeliebten traurig —

      /kill @e»Unter diesem heilgen Baume
Will ich ruhn, des Lebens müde!«

75
Schlang um ihn die festen Arme,

Und verschied am dritten Tage;

      /kill @eIhr und sich erbaut der müde
Robert nun fortan ein Grabmahl
Unter dem geliebten Baume,

80
Und verschied am fünften Tage
[12]

      /kill @eEine Tafel auf dem Grabe
Nannte ihrer beider Namen;
Sprach, erzählend die Geschichte.
Sprach mit ilehnden Worten also:

85
     

/kill @e»Wenn einst dieses schöne Eiland
Je ein Christenpilgrim findet,
O! so weih’ er unserm Grabe
Eine Thrän’ und einen Tempel.«

      /kill @eAls darauf nach manchen Jahren

90
Don Gonsalvo und Morales

Wiederfanden diese Insel,
Und auf ihr das Grab der Liebe,

      /kill @eWeihten sie dem treuen Paare
Ein Gebet und einen Tempel;

95
Jesustempel heißt das Grabmahl,

Und der Hafen heißt Machino.

D.