MKL1888:Wurzen
[790] Wurzen, Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Leipzig, Amtshauptmannschaft Grimma, an der Mulde, Knotenpunkt der Linien Leipzig-Riesa-Dresden und Glauchau-W. der Sächsischen Staatsbahn, 124 m ü. M., hat 3 Kirchen (darunter der zu Anfang des 12. Jahrh. erbaute Dom mit zwei Türmen und bischöflichen Gräbern), ein altes Schloß (früher zeitweise Residenz der Bischöfe von Meißen), ein Gymnasium, ein Amtsgericht, bedeutende Kunstmühlenwerke mit Biskuitfabrik (550 Arbeiter), Tapeten-, Teppich-, Kartonagen-, Zigarren-, Bronzewaren-, Pianofortefilz-, Roß- und Kidleder-, Papier-, Möbel-, Blechwaren-, Hanfgurt- und Drahtseil-, Treibriemen-, Uhrgehäuse- und Filzschuhfabrikation, Eisengießerei und Kesselschmiederei, ein Dampfsägewerk mit Bautischlerei, Dampfwollwäscherei, Weberei, Bleicherei, Bierbrauerei etc. und (1885) mit der Garnison (ein Jägerbat. Nr. 15) 12,006 meist evang. Einwohner. – W. wurde von den Sorben gegründet und kommt bereits 961 urkundlich als Stadt vor. Es gehörte zunächst zum Bistum Merseburg, kam 981 an das Erzstift Magdeburg, 995 an das Bistum Meißen. Bischof Herwig gründete in W. 1114 ein Kollegiatstift, das im 16. Jahrh. protestantisch wurde und noch besteht. Bei der Teilung der sächsischen Lande (1485) ward die Oberhoheit über W. der Ernestinischen Linie zugeteilt. 1581 kam W. an Kursachsen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1637 von den Schweden geplündert und teilweise niedergebrannt. Im NO. der Stadt liegt die sogen. Wurzener oder Hohburger Schweiz mit dem Löbenberg (238 m).