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MKL1888:Wolfenbüttel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wolfenbüttel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Wolfenbüttel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 724
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Wolfenbüttel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 724. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wolfenb%C3%BCttel (Version vom 17.04.2023)

[724] Wolfenbüttel, Kreisstadt im Herzogtum Braunschweig, an der Oker, Knotenpunkt der Linien Jerxheim-Braunschweig, W.-Harzburg und W.-Salder der Braunschweigischen Staatsbahn, 75 m ü. M., hat

Wappen von Wol­fenbüttel.

3 evang. Kirchen, unter welchen sich die Haupt- oder Marienkirche mit einer großen Orgel und den fürstlichen und herzoglichen Erbbegräbnissen auszeichnet, eine kath. Kirche und ein altes fürstliches Residenzschloß, in welchem sich jetzt ein Lehrerinnenseminar und das Theater befindet. Das dem Schloß gegenüber gelegene schöne, vom Herzog August Wilhelm 1723 in Form des Pantheons zu Rom aufgeführte Gebäude, in welchem sich die berühmte Wolfenbütteler Bibliothek befunden hat, deren Bibliothekar Lessing einst war, hat wegen eingetretener Baufälligkeit 1887 einem prachtvollen Neubau weichen müssen, dessen Eingang von zwei mächtigen ehernen Löwen bewacht wird. Die Bibliothek umfaßt 300,000 Bände, darunter 800 Bibeln, eine große Anzahl Inkunabeln und 10,000 Handschriften. W. zählte 1885 mit der Garnison (eine Batterie Feldartillerie Nr. 10) 13,453 meist evang. Einwohner. Die Industrie beschränkt sich auf Flachsspinnerei, Fabrikation von Maschinen, Kupferwaren, Korken, Tuch, Konserven, Leder, Tabak etc., Ziegel- und Kalkbrennerei, Kunsttischlerei, Garten- und Gemüsebau und Müllerei; der Handel ist nur bedeutend in Getreide und Garn. W. ist Sitz eines herzoglichen Konsistoriums, eines Amtsgerichts, des Landeshauptarchivs und hat ein Prediger-, ein Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, ein Gymnasium, eine Realschule, eine jüdische höhere Lehranstalt (Samsonschule), ein Theater, eine Strafanstalt, ein Waisenhaus und ein Krankenhaus. Die ehemaligen Festungswälle sind in Promenaden verwandelt. Unweit W. liegt das 1000 gestiftete Fräuleinstift Stetterburg. – W. soll vom Markgrafen Egbert von Meißen 1046 gegründet worden sein. Von Heinrich dem Löwen 1193 erobert, ward es 1267 Residenz der ältern braunschweigischen (Wolfenbütteler) Linie. Bis zu dieser Zeit bestand nur das feste Schloß (Dom Nestring); von da an ward auch die Stadt gebaut. 1542 wurde W. von den Sachsen und Hessen beschossen und eingenommen, nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 aber wieder geräumt. Im Dreißigjährigen Krieg siegten bei W. 29. Juni 1641 die Schweden unter Wrangel und Königsmark über die Kaiserlichen unter dem Erzherzog Leopold. Zum Andenken an diese Begebenheit prägte man die sogen. Glockenthaler. Als 1671 die Stadt Braunschweig in den alleinigen Besitz von Braunschweig-W. kam, nahmen die Herzöge ihre Residenz teilweise in Braunschweig, bis sie Herzog Karl 1754 ganz dahin verlegte. Vgl. Bege, Chronik der Stadt W. (Wolfenb. 1834); v. Heinemann, Die herzogliche Bibliothek zu W. (das. 1879).