Zum Inhalt springen

MKL1888:Wieliczka

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wieliczka“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Wieliczka“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 599
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Wieliczka
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Wieliczka. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 599. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wieliczka (Version vom 21.03.2023)

[599] Wieliczka (spr. wjelitschka), Stadt in Galizien, in einem anmutigen Thal an einer Zweiglinie der Galizischen Karl Ludwigs-Bahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Bergschule, ein Reformatenkloster und (1880) 6289 Einw. Unterhalb der Stadt in der Richtung gegen Bochnia (s. d.) befindet sich das berühmte Steinsalzbergwerk, das reichste der Monarchie, welches 1250, nach andern schon 965, von einem Hirten, Wielicz, entdeckt worden sein soll. Dasselbe bildet eine umfangreiche unterirdische Stadt, die mit ihren Straßen, Plätzen etc. einen weit größern Raum einnimmt als das W. der Oberwelt. Die Salzbildungen gehören der Tertiärzeit an und füllen eine Bucht aus, deren Grenzen im S. und O. durch eocäne Sandsteine, im N. durch den neogenen marinen Sandstein bestimmbar sind. Das reinste, das sogen. Szybiker Salz (Schachtsalz), nimmt die relativ tiefste, das Spizasalz die nächst höhere und das sogen. Grünsalz die höchste Lage ein. Die Salzformation besteht von oben hinab aus folgenden Gebirgsgliedern: Dammerde, Thonmergel, sandiger gelber Thon, Triebsand, mariner Tegel, Haselgebirge, Grünsalz (mit 94,9 Proz. Chlornatrium), Spizasalz (mit 95,3 Proz. Chlornatrium), Szybiker Salz (mit 98,7 Proz. Chlornatrium) und Karpathensandstein. Die Mächtigkeit der Szybiker Flöze wechselt von 1–7,5 m, die der Spizaflöze beträgt im Durchschnitt 11,5 m. Die Salzgebilde sind in sechs Haupt- und zwei Mittelhorizonten aufgeschlossen. Die Ausdehnung des Grubenbetriebs beträgt von O. nach Westen über 3000 m, von S. nach N. 1140 m, und der Betrieb erstreckt sich in eine Tiefe von 386 m. Elf Tagschächte führen in die Gruben, davon zwei in der Stadt selbst; doch sind nur drei Förderschächte und ein Fahrschacht in Verwendung; die übrigen Schächte werden nur als Reserve- und Luftschächte erhalten. Die in Stücken vorkommenden Grünsalzkörper werden in Etagen firsten- oder solenmäßig abgebaut; bei dem Abbau der Szybiker und Spizalager ist der schwebende Langpfeilerbau in Anwendung. Das Salz wird mittels Dampfmaschinen zu Tage gefördert. Die Förderung in der Grube geschieht meist auf Pferdebahnen, die eine Gesamtlänge von über 20,000 m haben. Zur Erzeugung von Mahlsalzen besteht eine Dampfmühle. Die Gesamtzahl der Dampfmaschinen beträgt 7 mit 529 Pferdekräften. Die Produktion beläuft sich bei einem Arbeiterstand von ca. 900 Personen jährlich auf 6–700,000 metr. Ztr. Die unterirdischen Räume des Bergwerkes, welche ein wahres Labyrinth von oft durch Brücken verbundenen Gängen bilden, enthalten unter anderm eine ganz aus Salz bestehende Kapelle, welche mit aus Salz gehauenen Statuen und Heiligenbildern ausgestattet ist, die Kaiser Franzens-Brücke, einen Salzsee, einen großartigen, mit Holz gedielten Tanzsaal mit ringsumlaufender Galerie und Kronleuchtern aus Salz und mehrere zum Andenken an den Besuch hoher Personen aus Salz gehauene Monumente. Bei der Überschwemmung des Bergwerkes 1868 wurde auch ein Teil dieser innern Ausschmückung zerstört. Aus dem ganz durchsichtigen und reinen Salz verfertigt man allerhand Waren, Rosenkränze, Kruzifixe u. a. Die Salzwerke von W. gehörten ehemals zu Polen; Kasimir d. Gr. ordnete zuerst den regelmäßigen Betrieb derselben an. Später zog August II. sächsische Bergleute hierher, welche eine bessere Bebauung einführten. Doch brachten die Werke dem polnischen Schatz nur geringen Gewinn. 1772 kamen sie an Österreich. Durch den Wiener Frieden 1809 wurden sie dem Kaisertum Österreich und dem Herzogtum Warschau gemeinschaftlich überlassen. Nach dem Pariser Frieden von 1814 kamen durch den Wiener Kongreß die Salzwerke wieder ganz an Österreich. Vgl. Hrdina, Geschichte der Wieliczkaer Saline (Wien 1842).