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MKL1888:Welcker

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Welcker“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Welcker“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 516517
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Welcker. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 516–517. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Welcker (Version vom 05.05.2024)

[516] Welcker, 1) Friedrich Gottlieb, einer der geistvollsten Altertumsforscher, geb. 4. Nov. 1784 zu Grünberg im Großherzogtum Hessen, vorgebildet von seinem Vater, einem Landpfarrer, studierte in Gießen, wurde 1803 Lehrer am dortigen Pädagogium, reiste 1806 nach Italien, war 1808 zu Rom Hauslehrer bei [517] W. v. Humboldt, wurde 1809 ordentlicher Professor der Archäologie und griechischen Litteratur zu Gießen, machte 1814 als Freiwilliger den Freiheitskrieg mit, verwendete den folgenden Winter in Kopenhagen zur Bearbeitung des Zoëgaschen Nachlasses, legte 1816 aus politischen Gründen sein Amt in Gießen nieder, wurde aber noch in demselben Jahr Professor in Göttingen und 1819 in Bonn, ward hier in die Untersuchung gegen Arndt verwickelt, aber 1826 freigesprochen, auch 1832 wegen des Wiederabdrucks zweier politischer Abhandlungen auf kurze Zeit seiner amtlichen Funktionen enthoben, machte 1841 eine größere Reise nach Griechenland und Kleinasien (beschrieben im „Tagebuch einer griechischen Reise“, Berl. 1865, 2 Bde.), verlebte 1852 noch einmal den Winter in Rom, zog sich seit 1861 wegen eines Augenleidens von der akademischen Thätigkeit zurück und starb 17. Dez. 1868 in Bonn. Um die Bonner Universität hat er sich nicht bloß durch seine vielseitigen Vorlesungen hochverdient gemacht; er hat auch die Bibliothek und das akademische Kunstmuseum (von ihm selbst beschrieben, Bonn 1827, 2. Aufl. 1841; Nachtrag 1845) begründet. Seine kunstgeschichtlichen Studien legte er nieder in der Übersetzung von Zoëgas „I bassirilievi antichi di Roma“ (Gieß. 1811–12, 2 Bde.), „Zoëgas Abhandlungen“ (Götting. 1817), „Zoëgas Leben“ (das. 1819, 2 Bde.), der „Zeitschrift für Geschichte und Auslegung der alten Kunst“ (das. 1817 bis 1818, 3 Hefte), besonders in „Alte Denkmäler“ (das. 1849–64, 5 Bde.). Zur Mythologie lieferte er die bahnbrechende „Griechische Götterlehre“ (Götting. 1857–63, 3 Bde.) u. a. Aus dem Gebiet der griechischen Litteratur verdanken wir ihm besonders eine Übersetzung der „Wolken“ und „Frösche“ des Aristophanes (Gieß. 1810–12, 2 Bde.) sowie Ausgaben der „Fragmenta Alcmanis lyrici“ (das. 1815), „Hipponactis et Ananii fragmenta“ (Götting. 1817), „Philostratorum imagines et Callistrati statuae“ (Leipz. 1825, mit Jacobs), „Theognidis reliquiae“ (Frankf. 1826), der „Sylloge epigrammatum graecorum“ (Bonn 1828) und der Hesiodischen „Theogonie“ (Elberf. 1865). Für die griechische Litteraturgeschichte waren epochemachend: „Die Äschyleische Trilogie“ (Darmst. 1824; Nachtrag, Frankf. 1826); „Der epische Cyklus“ (Bonn 1835–49, 2 Bde.; 2. Aufl. 1865–82); „Die griechischen Tragödien mit Rücksicht auf den epischen Cyklus geordnet“ (das. 1839–41, 3 Bde.). Außerdem besorgte er die Sammlung von Dissens „Kleinen Schriften“ (mit Thiersch und O. Müller, Götting. 1839) und Näkes „Opuscula“ (Bonn 1842–45, 2 Bde.), die 3. Auflage von O. Müllers „Handbuch der Archäologie“ (Bresl. 1848) und redigierte 1833–38 mit Näke, seit 1842 mit Ritschl das „Rheinische Museum für Philologie“. Seine „Kleinen Schriften zur griechischen Litteraturgeschichte“ erschienen gesammelt in Bonn und Elberfeld (1844–67, 5 Bde.), außerdem „Kleine Schriften zur Mythologie, Kunst und Litteraturgeschichte“ (Elberf. 1868). Vgl. Kekulé, Das Leben F. G. Welckers (Leipz. 1880).

2) Karl Theodor, deutscher Liberaler und Rechtsgelehrter, Bruder des vorigen, geb. 29. März 1790 zu Oberofleiden im Großherzogtum Hessen, studierte zu Gießen und Heidelberg die Rechte. Seinen schriftstellerischen Ruf gründete er bereits als Student mit dem Werk „Die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe“ (Gieß. 1813). Noch in demselben Jahr habilitierte er sich zu Gießen, und im folgenden Jahr ward er zum außerordentlichen Professor ernannt. Als der Aufruf des Königs von Preußen zur Bildung von Freiwilligenkorps erging, wollte auch W. zu den Waffen greifen, erhielt aber keinen Urlaub und ging nun als Professor der Rechte nach Kiel, wo er mit Dahlmann u. a. die „Kieler Blätter“ redigierte. Von Kiel folgte er einem Ruf nach Heidelberg und 1819 nach Bonn. Zur Zeit der Demagogenriecherei wegen angeblicher Umtriebe zur Rechenschaft gezogen, endlich aber freigesprochen (vgl. seine „Aktenmäßige Verteidigung gegen die Verdächtigung der Teilnahme an demagogischen Umtrieben“, Stuttg. 1823–24), ging er 1823 als Professor der Rechte nach Freiburg, wo sein Werk „Das innere und äußere System der praktischen, natürlichen und römisch-christlich-germanischen Rechts-, Staats- und Gesetzgebungslehre“ (Bd. 1 auch unter dem Titel: „Die Universal- und die juristisch-politische Encyklopädie und Methodologie“, das. 1829), entstand. 1830 reichte er beim Deutschen Bund die Forderung nach vollkommener Preßfreiheit ein, und 1831 vom Oberamt Ettenheim in die badische Kammer gewählt, trat er hier als Wortführer der Liberalen auf. Seine mit K. v. Rotteck begründete Zeitschrift „Der Freisinnige“ ward 1832 verboten und die beiden Redakteure ihres[WS 1] Amtes entsetzt. Beide vereinigten sich hierauf zur Herausgabe des „Staatslexikons“ (Altona 1834–49, 15 Bde. und 4 Supplementbände; 3. Aufl., Leipz. 1856–66, 14 Bde.). Im August 1840 wurde W. zwar wieder in seine Professur eingesetzt, schon im folgenden Jahr aber wegen einiger auf einer Reise durch Norddeutschland gehaltener Reden abermals suspendiert. Seitdem lebte er in Heidelberg. Nach dem Ausbruch der Revolution von 1848 wurde W. zuerst badischer Vertrauensmann beim Bundestag und dann von Frankfurt ins Parlament gewählt, wo er seinen Sitz im rechten Zentrum nahm und Mitglied des Verfassungsausschusses ward. Im Juli 1848 ging er als Bevollmächtigter des Deutschen Bundes nach Ratzeburg, im August als Gesandter der Zentralgewalt nach Stockholm. Wiewohl Stifter der sogen. großdeutschen Partei, brachte er 12. März 1849 den Antrag, betreffend die erbliche Kaiserwürde des Königs von Preußen, in die Nationalversammlung. Im Juni 1849 schied W. aus der Nationalversammlung und legte auch seine Stelle als Bevollmächtigter der badischen Regierung bei der Zentralgewalt nieder. Er starb 10. März 1869 in Heidelberg. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: „Die rechtliche Begründung unsrer Reform“ (Frankf. 1861) und „Der preußische Verfassungskampf“ (das. 1863).

3) Hermann, Anatom und Anthropolog, Neffe des vorigen, geb. 8. April 1822 zu Gießen, studierte seit 1841 daselbst und in Bonn Medizin und Naturwissenschaft, wurde 1850 Assistenzarzt in Gießen, habilitierte sich 1853 als Privatdozent für Anatomie, wurde 1855 Professor am anatomischen Institut, 1859 Professor der Anatomie in Halle, 1876 Direktor des dortigen anatomischen Instituts. W. arbeitete besonders über die Irradiation, die Zählung der Blutkörperchen und die Bestimmung der in den Tieren enthaltenen Blutmenge; er führte das Mikrotom in die anatomische Technik ein und gab ein Verfahren zur Schädelmessung an, auch zeigte er, auf welche Weise über das Zusammengehören eines Schädels und eines Kopfprofils ziemlich sicher entschieden werden kann. Er schrieb unter anderm: „Über Anfertigung mikroskopischer Präparate“ (Gieß. 1856), „Über Wachstum und Bau des menschlichen Schädels“ (Leipz. 1862); „Schillers Schädel und Totenmaske“ (Braunschw. 1883) und gab die Sammlung „Dialektgedichte“ (2. Aufl., Leipz. 1885) heraus.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ihre