MKL1888:Weckherlin
[467] Weckherlin, 1) Georg Rudolf, Dichter, geb. 15. Sept. 1584 zu Stuttgart, studierte in Tübingen die Rechte, machte 1604 Reisen in Deutschland sowie seit 1605 in England und Frankreich und wurde 1610 Sekretär des Herzogs Johann Friedrich von Württemberg in Stuttgart. Als 1620 nach der Katastrophe, welche den Pfalzgrafen Friedrich, Eidam Jakobs I., seines Kurfürstentums verlustig machte, in London zum Zweck der Unterhandlung mit dem Kaiser und den Fürsten in Deutschland eine deutsche Kanzlei errichtet ward, erhielt W. eine Anstellung bei derselben. Seitdem lebte er in angenehmen Verhältnissen in London, von den beiden Königen, denen er diente, Jakob I. und Karl I., vielfach ausgezeichnet und in politischen Angelegenheiten mit wichtigen Missionen nach Schottland, Irland, den Niederlanden, Italien und Spanien etc. betraut. Er starb 1653 in London, nachdem der Dreißigjährige Krieg in der Heimat ihn des väterlichen Erbes und seiner Schriften beraubt hatte. Die letzte (dritte) Ausgabe seiner „Geistlichen und weltlichen Gedichte“ hatte er noch selbst veranstaltet (Amsterd. 1648). Weckherlins Dichtungen, deren sämtliche Ausgaben sehr selten geworden, sind besonders darum litterarhistorisch merkwürdig, weil in ihnen eine Anzahl ausländischer, vorzüglich romanischer, Formen zuerst der deutschen Poesie zugeführt erscheinen, und weil sie den Dichter in einer eigentümlichen Stellung zu den metrischen Neuerungen, welche sich während der Zeit seines Schaffens in der deutschen Dichtung vollzogen, zeigen. Bei seinem Auftreten kannte W. noch kein höheres Gesetz für den deutschen Versbau als das der Silbenzählung, bei welchem er auch, als Opitz mit seinen reformatorischen Bestrebungen schon fast allgemein durchgedrungen war, in der Theorie wenigstens hartnäckig beharrte. Seine Poesien stellen daher namentlich in früherer Zeit ein interessantes Ringen des meist körnigen, tüchtigen poetischen Geistes mit der harten und ungelenken Form dar. Die Mehrzahl derselben besteht aus lyrischen Stücken, darunter eine Anzahl von bearbeiteten Psalmen, Oden, Sonetten, Trink- und Liebesliedern, welch letztere verhältnismäßig am besten den lyrischen Ton treffen. Unter seinen zu jener Zeit sehr beliebten Preisgedichten auf historische Personen erwarb ihm ein Poem in Alexandrinern auf Gustav Adolfs Tod besondern Beifall. Auch einige Schriften in Prosa hat W. verfaßt. Sie stammen aus seiner Stuttgarter Zeit und geben Schilderungen verschiedener Hoffeste, die zur Feier fürstlicher Familienereignisse veranstaltet waren. Eine Auswahl von Weckherlins Gedichten gab Gödeke heraus (Leipz. 1873, mit Biographie). Vgl. Conz, Nachrichten von dem Leben und den Schriften Weckherlins (Ludwigsb. 1802); Höpfner, Weckherlins Oden und Gesänge (Berl. 1865).
2) August von, Landwirt, geb. 1794 zu Stuttgart, erlernte die Landwirtschaft in Hofwyl, wurde 1817 Administrator der württembergischen Domänen, 1837 Direktor der land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt zu Hohenheim, war von 1844 bis zum Anfall der hohenzollerischen Fürstentümer an Preußen Vorstand der Domänendirektion zu Sigmaringen und starb 18. Dez. 1868 in Stuttgart. W. erwarb sich um die Landwirtschaft vielfache Verdienste durch Einführung der mehrjährigen Kleegrasschläge in die Fruchtwechselwirtschaft, durch seine Bemühungen um Verbesserung des Pflugs, durch die Hebung der Viehzucht etc. Er schrieb: „Rindviehzucht Württembergs“ (Stuttg. 1839); „Über englische Landwirtschaft“ (3. Aufl., das. 1852) und „Die landwirtschaftliche Tierproduktion“ (4. Aufl., das. 1865, 3 Bde.).