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MKL1888:Wage

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wage“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 316317
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Wage. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 316–317. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wage (Version vom 19.10.2024)

[316] Wage, Instrument zur Bestimmung des Gewichts eines Körpers. Man unterscheidet Hebel- und Federwagen. Erstere bestehen hauptsächlich aus Hebeln, und zwar wird der gleicharmige Hebel bei der gemeinen W., der ungleicharmige bei der Schnellwage, der Winkelhebel bei der Zeigerwage angewendet; bei den Federwagen hingegen bestimmt man das Gewicht des betreffenden Körpers aus der Größe der Formveränderung, welche er an einer elastischen Stahlfeder hervorbringt. Bei der gemeinen W. dreht sich der Wagebalken um eine in der Mitte seiner Länge liegende Schneide; seine beiden Arme müssen genau gleich lang sein, weil die W. nur in diesem Fall richtige Angaben liefert. Der Wagebalken muß sich unbelastet oder bei gleicher Belastung beider Schalen horizontal einstellen. Dies geschieht nur dann, wenn der Schwerpunkt der W. (des Balkens, der Schalen und Zubehör) etwas unter der Drehungsachse liegt. Die dritte Eigenschaft einer guten W., die Empfindlichkeit, d. h. die Eigenschaft, schon durch kleine Gewichtsunterschiede die horizontale Lage wesentlich zu ändern, erreicht man dadurch, daß man ihr lange Arme gibt, die Abstände des Schwerpunktes von der Drehachse und von der geraden Linie, welche die Aufhängepunkte der Schalen miteinander verbindet, recht klein macht, das Gewicht des Wagebalkens auf ein Minimum herabsetzt, die Summe der abzuwägenden Gewichte verhältnismäßig nicht groß nimmt und die Reibung soviel wie nur möglich vermeidet. Die empfindlichste W., deren Empfindlichkeit von ihrer Belastung (nicht aber vom Ausschlaggewicht) unabhängig ist, erhält man dadurch, daß man den Drehpunkt in die Verbindungslinie der beiden Schalenaufhängepunkte bringt. Zur Vermeidung der Reibung hängt man Balken und Schalen mittels sogen. Messerschneiden auf, die auf ebenen Flächen spielen. Weber hängt den Balken mittels Stahlfedern auf, so daß dessen Reibung völlig vermieden wird und als alleiniger Widerstand die Elastizität der Feder übrigbleibt. Den Empfindlichkeitsgrad einer W. beurteilt man durch Angabe eines echten Bruches (Empfindlichkeitsquotient), welcher das geringste noch einen Ausschlag gebende Gewicht zum Zähler und die einseitige Last zum Nenner hat. Nach dem Erlaß vom 6. Dez. 1869 soll im Königreich Preußen für Wagen, deren Tragfähigkeit 5 kg übersteigt, 1 g für jedes Kilogramm der einseitigen Belastung, bei geringerer Tragfähigkeit 2 g noch einen merklichen Ausschlag geben, bei Brückenwagen 12 Dezigr. für jedes Kilogramm der Last. Bei Präzisionswagen für Gold, Silber und Juwelen sowie bei Medizinalwagen, die als solche durch einen neben dem Eichstempel stehenden sechsstrahligen Stern bezeichnet werden, beträgt das noch einen Ausschlag gebende Minimalgewicht 2 Dezigr. für jedes Kilogramm, wenn die Tragfähigkeit 5 kg übersteigt, 4 Dezigr., wenn sie geringer als 5 kg ist; 1 mg für jedes Gramm, wenn die größte Tragfähigkeit zwischen 20 und 250 g liegt, 2 mg, wenn letztere unter 20 g liegt, bei Präzisionswagen; 4 mg bei Wagen von weniger als 20 g Tragfähigkeit im Medizinalgebrauch. Bei gröbern Wagen betrachtet man die Wägung als beendet, wenn die Zunge senkrecht steht, der Wagebalken überhaupt zur Ruhe gelangt ist; bei feinen Wagen dagegen bewegt sich das Ende der Zunge vor einem Bogen mit Teilung, und man betrachtet die Wägung dann als beendigt, wenn die Zunge nach rechts und links gleich stark ausschlägt. Besondere Bequemlichkeit gewährt eine Teilung der Arme des Wagebalkens in zehn gleiche Teile. Ein Drahthäkchen, welches genau 0,01 g wiegt, gibt, wenn man es auf den 1., 2., 3. Teilstrich, von der Mitte an gerechnet, hängt, denselben Ausschlag, als wenn man in die Schale 1, 2, 3 mg gelegt hätte. Diese Einrichtung findet sich besonders bei den feinen analytischen Wagen der Chemiker. Dieselben stehen in Glaskasten, und man wägt bei verschlossener Thür der letztern. Ein von außen zu regierender Mechanismus gestattet den Wagebalken zu arretieren, und nur wenn dies geschehen ist, legt man Gewichte auf oder hebt sie ab. Die erwähnten Häkchen (Reiter) werden ebenfalls von außen durch einen Stab, der durch eine Glaswand hindurchgeht, bewegt. Bei diesen Wagen wird bei Totalbelastung von 2 kg ein noch hinlänglich sichtbarer Ausschlag durch 1 mg hervorgebracht, doch sind auch Wagen konstruiert worden, welche bei 2 kg Totalbelastung noch mit 0,1 mg einen sichtbaren Ausschlag gaben. Zur Ermittelung sehr kleiner Gewichtsgrößen konstruierte Stückrath eine W., bei welcher die Schneiden durch Spitzen ersetzt sind. Bei einer Belastung von 100 mg gibt eine Zulage von 0,01 mg einen Ausschlag von 2 Skalenteilen, und der Gewichtswert sehr kleiner Stücke kann mit einem wahrscheinlichen Fehler von 0,0002 mg ermittelt werden. Die höchsten Grade von Genauigkeit und Empfindlichkeit erzielte Jolly durch Anwendung der Ablesungen mit Spiegel und Skala.

Für Verkaufslokale sind Tafelwagen bequem, welche bei verschiedener Detailkonstruktion darin übereinstimmen, daß der oder die Wagebalken unter den Schalen liegen, welch letztere auf senkrecht stehenden Stäben befestigt sind und bei ihrer Bewegung genau oder angenähert parallel geführt werden. Die Schnellwage (römische W.) ist ein geradliniger, zweiarmiger Hebel, dessen Arme ungleich lang sind. Der Balken dreht sich um eine horizontale Achse und ist an seinem kurzen Arme mit einer in Schneiden aufgehängten Schale oder mit einem Haken versehen, an welchem man die zu wägenden Waren befestigt. Auf dem langen, mit einer Teilung versehenen Arm ist ein Laufgewicht beweglich, welches so lange verschoben wird, bis der Balken horizontal steht oder eine vertikale Zunge einspielt. Diese W. findet Anwendung, wo es weniger auf Genauigkeit als auf [317] Schnelligkeit ankommt. Das Laufgewicht hängt auf Schneiden an einer Hülse, die sich auf dem langen Arm verschieben läßt. Meistens steht die Schnellwage der gemeinen W. hinsichtlich der Empfindlichkeit nach, welche übrigens durch die gleichen Mittel gesteigert werden kann wie bei jener. Bei der dänischen oder schwedischen Schnellwage, dem Desemer, bleibt der Aufhängepunkt der Wagschale wie auch der des Laufgewichts unverändert; dagegen wird der ganze Hebelarm in einer Hülse verschoben, in welcher die Drehachse desselben unverrückbar angebracht ist. Zum Abwiegen sehr großer Lasten dienen die Brückenwagen, Kombinationen von doppelarmig ungleicharmigen Hebeln, bei denen man gewöhnlich der Last mit einem 10- oder 100mal kleinern Gewicht das Gleichgewicht hält, und die man mit Bezug hierauf Dezimal- oder Zentesimalwagen nennt. Sie müssen vor allem so beschaffen sein, daß die Last an jedem Punkte der Tafel das gleiche Gegengewicht erfordert, was dann erreicht wird, wenn die Tafel während ihres Spiels immer genau horizontal bleibt. Um letzteres genau oder mit möglichster Annäherung zu erreichen, gibt es zahlreiche Hebelverbindungen. Am gebräuchlichsten ist die 1821 von dem Straßburger Mechaniker Quintenz angegebene und von Rollé und Schwilgué verbesserte W. Die sogen. Brücke gh (s. Figur) bildet, von oben gesehen, eine trapezförmige

Brückenwage.

Plattform, welche von entsprechenden Hebeln getragen und von einem starken Pfostenrahmen t umgeben wird, an dessen schmaler Seite sich ein Pfosten r erhebt, welcher zur Aufnahme des Hauptwagebalkens abcd bestimmt ist. Von letzterm gehen Zugstangen ce und df vertikal abwärts, durch welche die beiden ebenfalls trapezförmigen eisernen Brückenrahmen eh und f‌i mit dem Hauptbalken in geeigneter Weise verbunden werden. Durch das Längenverhältnis der Arme, welche vom Drehpunkt einerseits bis zur Schale, anderseits bis zur ersten Zugstange reichen, wird die Verjüngung der Gegengewichte bestimmt, die hier ausschließlich 1/10 oder 1/100 der Last ist. Schwere Güter, Wagen, Vieh u. dgl. wägt man aber auf feststehenden Zentesimalwagen, deren Plattform in der Ebene des umgebenden Terrains liegt. Bei den Zeiger- oder Neigungswagen wird die Größe einer Last durch ein konstantes Gewicht bestimmt, welches mit der W. unveränderlich verbunden ist und bei stattfindendem Ausschlag mit wachsendem Moment wirkt. Jeder Last entspricht ein bestimmter Ausschlag, welcher durch einen Zeiger angegeben und nach Gewichtseinheiten abgelesen wird. Die Zeigerwage dient ganz besonders als Garnsortierwage zum Bestimmen der Feinheitsnummern der Garne. Eine andre Form der Zeigerwagen gestattet, den zu wägenden Gegenstand auf ein Plättchen zu legen (Papierwagen). Sehr praktisch ist eine W., die man in der Hand hält, und bei welcher die Skala in einer Schere spielt, wie die Zunge bei der Krämerwage (Briefwage). Vgl. Place, Theorie und Konstruktion der Neigungswage (Zeigerwage) (Weim. 1867). Die Federwagen beruhen auf der Voraussetzung, daß eine aus gutem Stahl gefertigte Feder ein vollkommen elastischer Körper ist, der durch Formveränderungen innerhalb gewisser Grenzen an seiner Elastizität nichts verliert und mithin nach Entfernung des wirksamen Zugs oder Drucks, welchen der abzuwägende Körper ausübt, seine ursprüngliche Gestalt wieder annimmt. Dies ist nun aber streng genommen niemals der Fall, und da auch die Temperatur von Einfluß ist, so wendet man diese Wagen nur da an, wo in Bezug auf die Stärke der Feder nur ganz geringe Lasten abgewogen werden, oder wo die Schnelligkeit des Abwägens von größerer Bedeutung ist als eine sehr strenge Gewichtsbestimmung, wie z. B. beim Verkauf von Heu, Stroh, in der Hauswirtschaft etc. Die Konstruktion der Federwagen ist sehr mannigfach. Gewöhnlich befindet sich die Feder in einem Gehäuse, welches man mittels eines Hakens aufhängt. An dem einen Ende der Feder hängt die Last, und an dem andern ist ein Zeiger befestigt, der auf einer Skala spielt. Sehr praktisch sind Federwagen, bei welchen die Feder in einem Gehäuse unter der Wagschale liegt, so daß letztere ohne Behinderung belastet werden kann. Für besondere Zwecke sind eigentümliche Wagen konstruiert worden, so, abgesehen von den Wagen zur Wägung im luftleeren Raum und den hydrostatischen Wagen zur Bestimmung des spezifischen Gewichts (s. Hydrostatik), die automatischen Wagen zur Sortierung der Münzplättchen (s. Münzwesen, S. 894) etc. Vgl. Brauer, Die Konstruktion der W. (2. Aufl., Weim. 1887).

Wage, das siebente Sternzeichen des Tierkreises, auch ein Sternbild zwischen 217–239° Rektaszension und 24° südl. bis 1/2° nördl. Br., nach Heis 53 Sterne enthaltend, worunter 2 zweiter Größe, von denen der nördliche, im Zünglein stehend, Zubeneschemali, der südliche Zubenelgeni heißt und einen Begleiter sechster Größe in 4 Minuten Abstand hat.