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MKL1888:Würfel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Würfel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Würfel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 767
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Würfel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 767. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:W%C3%BCrfel (Version vom 02.04.2023)

[767] Würfel, in der Geometrie s. v. w. Kubus (s. d.); in der Kristallographie ist der W. (das Hexaeder) eine wichtige Form des tesseralen Kristallsystems (s. Kristall, S. 230); sodann Werkzeug aus Elfenbein, Knochen, Serpentinstein etc., welches zum Würfelspiel benutzt wird. Es besteht aus einem sechsseitigen Körper, auf dessen 6 Seiten durch Punkte oder Augen die Zahlen 1–6 in solcher Ordnung angegeben sind, daß die Zahlen der zwei gegenüberstehenden Seiten 7 machen. Bei einzelnen Spielen, wo auch W. benutzt werden, sind bisweilen die W. anders, je nach den Erfordernissen des Spiels, eingerichtet. So hat man 8-, 12-, 16seitige W. mit Zahlen, die weiter als bis 6 reichen. Schon die Alten kannten das Würfelspiel. Die alea der Römer wurde mit Knöcheln (daher Knöchelspiel) oder Steinchen (tali oder ἀστραγάλοι, tesserae oder κύβοι) gespielt. Die tali waren nur an 4 Seiten mit den Nummern 1 und 6, 3 und 4 versehen; 2 und 5 fehlten. Man schüttelte 4 tali in einem Becher und warf sie auf einen Tisch. Als bester Wurf (venus) galten dabei 4 verschiedene Zahlen (1, 3, 4, 6), als schlechtester (canis) 4 Einsen. Die tesserae waren unsern Würfeln mit 6 Zahlen gleich. Das Glücksspiel mit beiden Arten von Würfeln war im Altertum schon früh verboten, außer an den Saturnalien. Mit den Brettspielen hat man das Würfeln frühzeitig in Verbindung gebracht (griechische W.-Petteia, römischer ludus duodecim scriptorum mit Würfeln, indisches Würfelvierschach, Puff etc.). Das Würfelspiel wird schon von Tacitus als eine Leidenschaft der Germanen geschildert, hatten sie alles verspielt, so setzten sie auf den letzten Wurf Leib und Freiheit; es blieb das ganze Mittelalter hindurch bei Männern und Frauen beliebt, so daß keins der zahlreichen geistlichen und weltlichen Verbote nachhaltige Wirkung hatte; später waren besonders die Landsknechte wegen ihrer Leidenschaft zum Würfelspiel berüchtigt. Vgl. Bolle, Das Knöchelspiel der Alten (Wism. 1886); Reymond, Alte und neue Würfelspiele (Oranienb. 1888).