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MKL1888:Ventilation

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Ventilation“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 8690
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Ventilation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 86–90. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ventilation (Version vom 03.10.2024)

[86] Ventilation (lat.), Lufterneuerung in geschlossenen, bewohnten Räumen zur Beseitigung der Verunreinigungen der Luft durch den Atmungsprozeß oder durch die Thätigkeit der Bewohner. Bei der Verunreinigung der Luft durch den Atmungsprozeß kommen vorzüglich die organischen Substanzen in Betracht, welche in der ausgeatmeten Luft enthalten sind und sich sehr bald durch den Geruch bemerkbar machen. Da diese Substanzen nicht quantitativ bestimmbar sind, so beurteilt man die Beschaffenheit der Zimmerluft nach dem Kohlensäuregehalt derselben, da die durch den Atmungsprozeß hervorgerufene Kohlensäureausscheidung zu den übrigen Exhalationen in einem bestimmten Verhältnis steht. Allgemein macht eine Luft den Eindruck, daß sie verunreinigt sei, sobald der Kohlensäuregehalt durch Atmungsluft 0,6 pro Mille beträgt. Da nun in der freien Luft bereits 0,4 pro Mille Kohlensäure enthalten sind und von einem Erwachsenen stündlich 20 Lit. Kohlensäure ausgeatmet werden, so müssen in dieser Zeit mindestens 100 cbm Luft pro Kopf und Stunde in einen bewohnten Raum eingeführt werden, wenn die erwähnte Grenze nicht überschritten werden soll. Dabei spielen die nähern Verhältnisse der bewohnten Räume selbstverständlich [87] eine große Rolle, und man wird z. B. für Krankensäle unbedingt eine viel stärkere V. fordern müssen als für eine Kirche. Modifiziert wird das Ventilationsbedürfnis außerdem durch die spontane V., welche ohne weiteres Zuthun durch die Poren der Wände, durch Fugen und Risse erfolgt, und Morrin verlangt mit Rücksicht auf diese, daß folgende Luftmengen pro Kopf und Stunde künstlich durch besondere Ventilationsvorrichtungen eingeführt werden:

Krankenhäuser für gewöhnliche Kranke 60–70 cbm
   für Verwundete und Wöchnerinnen 100
   bei Epidemien 150
Gefängnisse 050
Gewöhnliche Werkstätten 060
Kasernen bei Tag 030
   bei Nacht 40–50
Versammlungsräume zu kürzerm Aufenthalt 030
   zu längerm Aufenthalt 060

Durch die künstliche Beleuchtung wird der Kohlensäuregehalt der Luft in bewohnten Räumen ganz erheblich gesteigert; allein hier hat die Kohlensäure keineswegs die Bedeutung wie dort, wo sie lediglich Produkt der Atmung ist, und das Ventilationsbedürfnis würde hier in viel geringerm Maß mit dem Kohlensäuregehalt der Luft steigen, wenn nicht mit intensiver Beleuchtung eine so starke Erwärmung (z. B. in Theatern) verbunden wäre, daß hier mehr als an irgend einem andern Ort eine kräftige V. geboten erschiene.

Die spontane oder natürliche V. ist sehr viel stärker, als man gewöhnlich annimmt. In einem Arbeitszimmer von 75 cbm Rauminhalt wurden bei −1° im Freien und 18° im Zimmer in einer Stunde 75 cbm Luft ausgewechselt; als aber Thür- und Fensterritzen verklebt waren, sank der Luftaustausch unter sonst gleichen Verhältnissen auf 54 cbm. Bei einem Temperaturunterschied von 20° betrug der Luftwechsel 95 und bei 4° Differenz 22 cbm. Dazu kommt nun überdies der Luftwechsel beim gelegentlichen Öffnen der Fenster und Thüren, und man kann daher annehmen, daß unter gewöhnlichen Verhältnissen bei einigermaßen geräumigen Wohnstuben, in welchen nicht zu viel Menschen verweilen, eine besondere Ventilationsvorrichtung nicht unbedingt nötig sei. Von der Wirkung eines geöffneten Fensters darf man sich keine übertriebenen Vorstellungen machen. Bei Öffnung eines Fensterflügels von 8 QFuß Fläche stieg der Luftwechsel, der bei einer Temperaturdifferenz von 4° und bei geschlossenem Fenster nur 22 cbm betragen hatte, auf 42 cbm. Das Öffnen des Fensters wirkte also noch nicht so intensiv auf die Beförderung des Luftwechsels wie bei verklebten Fugen eine Temperaturdifferenz von 19°. Daraus folgt, daß von einer V. durch Fenster und Thüren bei vollkommen ruhiger Luft überhaupt nur die Rede sein kann, wenn eine genügende Temperaturdifferenz vorhanden ist, und ferner, daß die Größe des Luftwechsels in gewissem Grad von den Temperaturdifferenzen abhängig ist.

Die überraschende Höhe der spontanen V. erklärt sich in erster Linie aus der Porosität der Wände. Die Ventilationsgröße beträgt für 1 qm und 1° R. Temperaturdifferenz pro Stunde bei Wänden von Sandstein 1,69, Kalkbruchstein 2,32, Backstein 2,83, Kalktuffstein 3,64 und von Lehmstein 3,21 cbm, wobei die größere Durchgängigkeit der Kalkbruchsteinmauern gegenüber den Sandsteinmauern auf Rechnung der verwendeten Mörtelmenge, die bei erstern ungleich größer war, zu stellen ist. Der Mörtel ist ein überaus poröses Material, und bei Mauern aus Bruchsteinen fällt ihm der größte Teil der natürlichen V. zu. Die Durchgängigkeit des Mauerwerkes wird wesentlich beeinflußt durch die Art seiner Bekleidung und zwar in folgender Stufenfolge: Kalkanstrich, Anstrich mit Leimfarbe, ordinäre Tapete, Glanztapete (welch letztere beide die Durchgängigkeit um so mehr verringern, mit je dichterm Klebstoff sie befestigt sind), Ölfarbenanstrich, welcher in neuem Zustand den Luftwechsel völlig aufhebt. Feuchtigkeit beeinträchtigt die Durchgängigkeit wesentlich und zwar um so mehr, je enger die Poren des Baumaterials sind. Sehr erheblich beeinflußt ferner der Wind die natürliche V. Bei einigermaßen stark bewegter Luft preßt der Wind, welcher die Mauer trifft, reichlich Luft durch dieselbe in die Zimmer hinein, während die saugende Kraft des Windes zur Geltung kommt, wenn er in bestimmter Richtung die Mauern bestreicht. Diese Momente sind aber von so schwankender Bedeutung, daß sich kaum mit denselben rechnen läßt, und noch viel weniger eignen sie sich zur praktischen Verwertung, wenn man nicht mehr oder weniger komplizierte Apparate anwenden will, die selten leisten, was man sich von ihnen verspricht. Nur die Saugapparate verdienen unter Umständen größere Beachtung. Die natürliche V. wird erhöht durch die gewöhnlichen Heizapparate. Der vom Zimmer aus geheizte Ofen verbraucht viel Luft, die er zunächst dem Zimmer entnimmt, und auch wenn das Feuer im Ofen erloschen ist, wirkt der warme Schornstein, solange eine Klappe oder luftdichte Ofenthür geschlossen wird, saugend und erzeugt eine anscheinend lebhafte V. Über die Größe derselben hat man sich ebenso übertriebenen Vorstellungen hingegeben wie über den Wert des Öffnens der Fenster. Pettenkofer fand, daß in dem Zimmer, in welchem bei 19° Temperaturdifferenz in einer Stunde 75 cbm Luft durch die Zimmerwände eindrangen, der Luftwechsel auf 94 cbm stieg, als unter sonst gleichen Verhältnissen ein lebhaftes Feuer im Ofen brannte. Der Ventilationseffekt des Ofens betrug also nur 19 cbm und ist mithin fast bedeutungslos, wenn es sich um ein Zimmer handelt, in welchem für eine größere Anzahl von Menschen die Luft rein erhalten werden soll. Der Wert des Ofens aber sinkt noch mehr herab, wenn man erwägt, daß die durch Fenster, Thüren und Mauerwerk für die verbrauchte eindringende frische Luft größtenteils auf direktestem Weg dem Feuer zuströmt und für die Verbesserung der Zimmerluft ganz und gar verloren geht. Für künstliche V. sind sehr verschiedene Systeme angegeben worden, indem man sich teils auf die Benutzung der Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenluft beschränkte, teils die verdorbene Luft abzusaugen versuchte (Aspirationssystem) oder aber frische Luft auf mechanischem Weg in die Zimmer einführte (Pulsionssystem). Auch hat man beide Systeme miteinander kombiniert. Bei der Porenventilation erweitert sich der Zuführungskanal für frische Luft zu einer großen porösen Ausströmungsfläche, welche die frische Luft an das Zimmer abgibt, ohne daß eine Empfindung von Zug entsteht.

In ausgiebiger Weise wird die V. durch die Zentralluftheizung bewirkt, wenn die Öffnungen für das Zuströmen der frischen warmen und das Abströmen der verbrauchten Luft so gelegen sind, daß das ganze Zimmer von dem Luftwechsel betroffen wird. Der Ausflußkanal wird bis über das Dach geführt und dort mit einem Saugapparat versehen. Ganz verwerflich ist es, bei der Luftheizung die Zimmerluft wieder in die Heizkammer zu leiten und sich hinsichtlich des Luftwechsel völlig auf die spontane V. zu [88] verlassen. In welcher Weise Zentralluftheizung sowie auch Kamin- und Ofenheizung für die V. nutzbar gemacht werden können, s. Heizung. Für den Abfluß der verbrauchten Luft bringt man auch hier Kanäle an, wie sie eben beschrieben wurden.

Wo die durch Temperaturdifferenz herbeizuführende V. nicht ausreicht, preßt man mit Hilfe eines durch einen Motor bewegten Ventilators Luft in einen Kanal, aus welchem sie durch mehrere kleine Öffnungen in Mantelöfen tritt, um genügend erwärmt in das Zimmer zu strömen. Bei sehr großer Kälte passiert die Luft noch vor dem Eintritt in den Ventilator einen Heizapparat. Die verdorbene Luft läßt man entweder ohne weiteres Zuthun durch die Poren des Mauerwerkes, durch Fugen und Ritzen an Fenstern und Thüren entweichen, oder man leitet sie durch Kanäle, welche in den Wänden liegen, in einen gemeinsamen Schornstein. Die Pulsionsmethode kann sich nur in Verbindung mit einer kräftigen Aspiration wirksam erweisen und ist besonders anwendbar, wo es sich nur um Zuführung frischer, aber nicht vorher erwärmter Luft handelt. Die Erwärmung der Luft ist immer mißlich, weil man im stande sein muß, die

Ventilationseinrichtung mit Aspiration.

Temperatur nach den Jahreszeiten beliebig zu verändern. Man hat zur Konstruktion einer Mischkammer seine Zuflucht genommen und in dieser die heiße Luft aus der Heizkammer der Zentralluftheizung mit frischer kalter Luft gemischt. Aus der Mischkammer muß die Luft mit einer Temperatur von wenigstens 25–30° abströmen, weil sie auf ihrem Weg zum Zimmer noch viel Wärme verliert; ihre Eintrittsgeschwindigkeit soll nur zwischen 0,5–1 m pro Sekunde schwanken, weil dann am wenigsten Belästigung entsteht. Die Pulsionsmethode ist fast nur in großen Versammlungslokalen und in Theatern zur Anwendung gekommen, um die frische Luft den einzelnen Sitzen zuzuführen. Von andrer Seite ist sie zwar auch für Hospitäler empfohlen worden, doch hat die Erfahrung hierüber noch nicht entschieden.

Bei der Aspirationsmethode sucht man die verunreinigte Luft fortzuschaffen und überläßt es der natürlichen V., das erforderliche Quantum frischer Luft eintreten zu lassen, oder man bringt besondere Kanäle an, durch welche dieser Zutritt leichter stattfinden kann. Für die Aspiration kann man wieder Temperaturdifferenzen verwerten und zwar am einfachsten mit Hilfe eines Mantelofens, welcher in dem Raum zwischen Heizkörper und Mantel die aufsteigende Luft erwärmt und dabei eine solche Zugkraft entwickelt, daß in einem mit diesem Raum in Verbindung gesetzten Kanal eine sehr lebhafte Luftströmung entsteht. Die Figur zeigt eine solche Einrichtung in einem Schulhaus. Durch einen von außen her nach dem Ofen ziehenden Ventilationskanal c wird frische Luft unter den Ofen in den Raum zwischen Heizkörper a und Mantel b geführt, welche erwärmt den Ofen verläßt und den durch Pfeile angedeuteten Weg im Zimmer verfolgt. Abgekühlt und auf den Fußboden herabgesunken, dringt die Luft durch zahlreiche kleine Öffnungen und namentlich durch ein unter dem Podium des Lehrers befindliches, 1000 qcm großes Loch unter den Fußboden des Zimmers und wird durch das ebenfalls bis unter den Fußboden geführte Rohr e, welches reichlich vom Ofen angewärmt wird, angesogen und abgeführt. Das Maß der Abführung ist durch den im Abzugsrohr angebrachten Ventilationsstutzen zu regulieren. Stets bedarf man zur V. durch Aspiration eines mit dem Evakuationskanal in Verbindung stehenden Schornsteins, in welchem die Lufttemperatur um 20–30° höher ist als in dem zu ventilierenden Raum. Diese Erwärmung der Schlöte (Lockkamine) erreicht man dadurch, daß man durch dieselben, wenn sie genügende Weite besitzen, ein eisernes Rohr leitet, welches die Feuergase der Heizung abführt. Der Raum zwischen Rohr und Mauer wird dann genügend erhitzt, um absaugend zu wirken.

In einem Evakuationspavillon des Krankenhauses Bethanien in Berlin ventiliert man im Sommer durch die geöffneten Fenster und den offenen Dachfirst, der mit doppelten Klappen versehen ist. In den Badekabinetten, den Theeküchen und Klosetten, welche sämtlich von den Krankensälen durch eine bis zur Decke reichende feste Mauer, unter sich aber durch niedrige, 5 cm starke, in Zement gemauerte Wände getrennt sind, geschieht die V. im Sommer und Winter mittels eines in der Mitte des Gebäudes stehenden Saugschornsteins (Lockkamins), der durch die Feuerung des Badeofens erwärmt wird. Auf diese Weise kann die Luft aus den genannten Räumen nicht in den Saal zurücktreten. Im Winter wird die V. bei geschlossenem Dachfirst in den größern Sälen durch die Heizapparate vermittelt. Zu diesem Zweck sind in jedem Saal zwei Koksfüllöfen aufgestellt, von denen jeder mit zwei Blechmänteln so umgeben ist, daß die Zwischenräume je 5 cm betragen. Diese Blechmäntel nehmen die strahlende Wärme der äußern, mit Schamotte gefütterten Öfen zunächst auf und geben sie teils nach außen an die Luft des Saals, teils an die von unten nach oben zwischen den Blechmänteln durchströmende Luft ab. Der eine der beiden Öfen saugt nämlich durch einen unter dem Fußboden hinlaufenden Kanal von außen her frische kalte Luft an, während der andre Ofen, dessen Blechmäntel nicht bis zum Boden herabreichen, die Luft des Saals durch Zirkulation derselben zwischen den Blechcylindern erwärmt. Beide Öfen geben ihre Verbrennungsgase in ein zwischen ihnen stehendes Rauchrohr ab, welches mit einem Mantel von Eisenblech umgeben ist, der oben weit über das Dach hinausragt, und zwischen dessen unterer Kante und dem Fußboden sich eine Lücke von 30 cm Höhe befindet. Es entsteht auf diese Weise ein stark erwärmter Evakuationsschlot, der die Luft des Saals am Fußboden durch jene Lücke aufnimmt und durch seine obere Öffnung aus dem Saal fortführt. Bei geringer Kälte reicht die Heizung mit dem Ventilationsofen vollständig aus.

Vielfach verbreitet sind Vorrichtungen, welche die Lufterneuerung mittels Temperaturdifferenzen auf [89] möglichst einfache Weise herbeiführen. Dahin gehört z. B. der von Käuffer konstruierte Paragon. Die durch einen Blechstutzen eingeführte frische Luft gelangt in einen Kasten, von wo aus sie durch ein System von Röhren aufwärts in den gemeinschaftlichen Zufuhrkanal geleitet wird. Ein Teil der frischen Luft tritt in eine zwischen den Röhren liegende Trommel und vereinigt sich dann, stärker vorgewärmt, mit der übrigen frischen Luft. Um nun diese Vorwärmung auch an kalten Tagen genügend zu erreichen, und um das Quantum der ein- und austretenden Luft möglichst zu erhöhen, wird am untern Ende des Apparats ein Bunsenscher Brenner oder eine Petroleumlampe eingesetzt. Im Sommer braucht die frische Luft nicht vorgewärmt zu werden, sie tritt dann direkt in den obern weiten Mantel ein, und die abgeführte Luft wird um so wärmer, der Lüftungseffekt sonach erhöht. Diese Luft durchstreicht das Zimmer, gelangt wieder auf den Fußboden und wird von hier durch ein inneres Rohr ins Freie geführt, indem sie die erwähnten Röhren umspült und einen Teil der erhaltenen Wärme wieder an die eintretende Luft abgibt. Das Abführrohr wird entweder in einen vorhandenen Kanal geleitet, oder bis über das Dach verlängert und mit einem Deflektor versehen.

Selbstverständlich kann man bei der Aspirationsmethode die Luft auch auf mechanischem Weg fortschaffen und dabei denselben Ventilator anwenden wie bei der Pulsionsmethode. Pettenkofer hat vorgeschlagen, die Ventilatoren mit Turbinen zu verbinden, und dieser Vorschlag ist in einigen neuern Apparaten, zu denen der Aerophor, der Kosmosventilator, der Äolus gehören, zur praktischen Ausführung gekommen.

Die Aspirationsmethode sorgt in vortrefflicher Weise für die Ableitung der verdorbenen Luft, während sie auf die Zufuhr frischer Luft weniger Rücksicht nimmt. Die Wände des Zimmers sind porös, außerdem schließen weder Fenster noch Thüren vollkommen dicht, und somit kann es selbst bei Vorhandensein eines nur nicht hinreichend weiten Luftzuführungskanals vorkommen, daß eine unerwünschte Ansaugung schlechter Luft aus Korridoren etc. stattfindet. Fehlt der Kanal ganz, so kann bei kräftiger Aspirationswirkung kalte Luft durch Fenster und Thüren mit so großer Geschwindigkeit einströmen, daß lästiger Zug entsteht. Ein schwer wiegender Fehler des Systems besteht darin, daß mit den Schwankungen der Lufttemperatur die Heizung des Schornsteins ebenfalls Abstufungen unterworfen werden muß. Hier hängt von der Aufmerksamkeit des Personals, der sorgfältigen Berechnung des Heizeffekts des gebrauchten Heizmaterials vieles ab, und es ist Anlaß zu so mancherlei Störungen gegeben, daß man eine regelmäßige Leistung des Systems gerade deshalb kaum erwarten kann. Wenn man trotzdem in der Praxis mit den Resultaten zufrieden ist, so liegt dies wesentlich an der geübten Handhabung.

Die Bewegung der Luft in den geheizten Räumen bewirkt eine dauernde Mischung der obern und untern Luftschichten, und mithin ist es nicht auffallend, daß der Kohlensäuregehalt der Luft an der Decke sich kaum höher zeigt als am Fußboden. Danach erscheint es ziemlich gleichgültig, ob man die Öffnungen, durch welche die Luft aus einem Raum fortgeschafft werden soll, in der Nähe der Decke oder am Fußboden anbringt. Da indes die hoch gelegenen Abzugsöffnungen erhebliche Wärmemengen in Form noch unverbrauchter erwärmter Luft entführen, so wird man wenigstens im Winter, die Luft vorteilhaft in der Nähe des Fußbodens abführen. Die Einströmungsöffnungen für die frische, nicht vorgewärmte Luft darf man dagegen niemals so niedrig legen, weil sie bei einigermaßen bedeutender Temperaturdifferenz einen unerträglichen Zug an den Füßen hervorbringen würden. Auch bei vorgewärmter Luft wird der warme Luftstrom unangenehm empfunden, wenn die Geschwindigkeit desselben nicht zu seiner Temperatur in genauem Verhältnis steht. So wird nach Roth und Lex ein auf 14–16° erwärmter Luftstrom bei 0,5 m Geschwindigkeit nicht, bei 0,8 m Geschwindigkeit oft nicht, bei 1 m indes von den meisten Menschen unbehaglich empfunden. Bei 21° werden noch stärkere Strömungen nicht gespürt, während bei 26 bis 32° das Gefühl für Luftströmungen wieder feiner wird. Außerdem ist am Boden einströmende Luft niemals frei von Staub, und schon dieser Umstand allein macht es wünschenswert, die Luft in gewisser Hohe über dem Fußboden aus einer der senkrechten Wände austreten zu lassen. Immerhin sprechen bei der Bestimmung über die Lage der Ein- und Ausströmungsöffnungen lokale Verhältnisse mit, und man wird z. B. überall, wo man es mit einem Wärmeüberschuß zu thun hat, wie auch meist im Sommer, die warme Luft gern in der Nähe der Decke ableiten. Sehr vorteilhaft erscheint es, zwischen Sommer- und Winterventilation zu unterscheiden und für jede besondere Öffnungen anzubringen, die während der andern Jahreszeit geschlossen bleiben. Die Dimensionen der Öffnungen und Kanäle müssen sich nach der Luftmenge, welche jedem Zimmer zugeführt werden, und nach der Geschwindigkeit, mit welcher die Luft einströmen soll, richten. Letztere soll nicht mehr als 0,5–1 m pro Sekunde betragen. In den Berliner Schulen ist die Weite der Kanäle im Erdgeschoß 26 × 38, im ersten Stock 26 × 32 und im zweiten Stock 26 × 26 cm. Die Luft wird in die Kanäle auf kürzestem Weg eingeführt. Bei Lokalheizung führt von jedem Zimmer ein Kanal direkt nach außen und leitet die Luft nach dem Ofen, damit sie erwärmt in das Zimmer tritt. Bei Zentralheizung dagegen gelangt sämtliche Luft zunächst in einen gemeinsamen Raum, sie wird von Staub gereinigt, entsprechend mit Feuchtigkeit versehen und erwärmt, im Sommer auch wohl durch zerstäubtes Wasser gekühlt und dann ihrem Bestimmungsort zugeführt.

Über die Wirkung von Ventilationseinrichtungen macht man sich oft falsche Vorstellungen, weil es an einem einfachen Apparat fehlt, diese Wirkungen zu kontrollieren. Wie erwähnt, beurteilt man die Beschaffenheit der Zimmerluft, da man die organischen Ausatmungsprodukte, auf welche es eigentlich ankommt, nicht bestimmen kann, nach dem Kohlensäuregehalt, und für den Chemiker ist es keine schwierige Aufgabe, letztern sehr genau zu bestimmen. Für den hier in Frage stehenden Zweck ist aber eine sehr genaue Messung der Kohlensäure gar nicht erforderlich, es genügt eine annähernde Bestimmung, die mit geringem Aufwand von Mitteln, Zeit und Mühe ausführbar ist, nämlich die Bestimmung nach einer minimetrischen Methode. Solche minimetrische Methoden beruhen darauf, daß Kohlensäure in Baryt- oder Kalkwasser einen Niederschlag von kohlensaurem Baryt oder Kalk hervorbringt, und daß dieser Niederschlag in der klaren Lösung eine Trübung verursacht, welche deutlich erkannt wird, sobald sie einen gewissen Grad erreicht. Hierzu geeignete Apparate haben Lunge („Zur Frage der V.“, Zürich 1877) und Wolpert konstruiert. Vgl. Wolpert, Theorie und Praxis der V. und Heizung (Braunschw. 1880); [90] Schülke, Gesunde Wohnungen (Berl. 1880); Degen, Praktisches Handbuch für Einrichtungen der V. etc. (3. Aufl., Münch. 1878); Derselbe, Das Krankenhaus und die Kaserne der Zukunft (das. 1882); Häsecke, Die V. in Verbindung mit Heizung (Berl. 1877); Ahrendts, Die V. der bewohnten Räume (Leipz. 1880); Pettenkofer, Über den Luftwechsel in Wohngebäuden (Münch. 1855); Derselbe, Die atmosphärische Luft in Wohngebäuden (Braunschw. 1858); Märcker, Untersuchungen über natürliche und künstliche V. in Stallgebäuden (Götting. 1871); Lang, Über natürliche V. (Stuttg. 1877); Stäbe, Preisschrift über Ventilationssysteme (Berl. 1878); Rietschel, Lüftung und Heizung von Schulen (das. 1885).