MKL1888:Urheberrecht
[6] Urheberrecht (Autorrecht, geistiges, litterarisches Eigentum), das ausschließliche Recht, über die Vervielfältigung und Veröffentlichung eines Erzeugnisses der geistigen Arbeit zu verfügen. Je nach der Verschiedenheit der Geistesprodukte, um welche es sich dabei handelt, wird zwischen litterarischem, artistischem, musikalischem U. sowie dem U. an Photographien und an Mustern und Modellen (gewerblichem U.) unterschieden. Die Verletzung des litterarischen [7] Urheberrechts wird Nachdruck (Contrefaçon) genannt, doch versteht man darunter auch jede Verletzung des Urheberrechts überhaupt, also auch die unbefugte Nachbildung von Kunstwerken u. dgl. Die Übertragung des Rechts der Vervielfältigung und der Veröffentlichung auf einen andern (zumeist gegen Honorar) bildet den Gegenstand des Verlagsvertrags (s. Verlagsrecht). Über das Wesen des Urheberrechts ist in der Wissenschaft Streit. Ältere Juristen suchten das U. unter den Eigentumsbegriff zu bringen, während andre ein „geistiges“ Eigentum konstruierten und darunter die vermögensrechtliche Nutzung der mechanischen Vervielfältigung des Geistesprodukts verstanden wissen wollten, welche dem Autor kraft persönlichen Rechts zustehe. Andre betrachten das U. als ein dingliches Recht und wieder andre als ein ganz neues Privatrecht, während manche juristische Schriftsteller ein eigentliches U. überhaupt nicht annehmen, sondern nur einen Urheberschutz anerkennen. Nach ihnen ist der Nachdruck und ebenso die Nachbildung ein Unrecht, welches Strafe nach sich zieht und zum Schadenersatz verpflichtet. Von einem Rechte des Urhebers kann nach dieser Theorie nur insofern die Rede sein, als dieser zur Stellung des Strafantrags gegen den Nachdrucker und zum Schadenersatzanspruch berechtigt ist.
[Geschichtliches.] Weder im römischen noch in dem deutschen mittelalterlichen Recht ist ein U. anerkannt. Erst mit der Erfindung der Buchdruckerkunst und mit der dadurch gegebenen Möglichkeit schneller und müheloser Vervielfältigung fremder Geistesarbeit, als dem Drucker, wie Wächter sagt, der Nachdrucker auf dem Fuß folgte, wurde ein Schutz gegen Nachdruck notwendig. Dieser Schutz wurde zunächst durch Privilegien gewährt, welche der Kaiser und die Landesherren den Verlegern und Schriftstellern erteilten. Schon Luther bezeichnete jeden Nachdruck als einen Raub an fremdem Gut, und die Jurisprudenz bemühte sich, unabhängig von besondern Privilegien ein geistiges Eigentum des Verfassers und des Verlegers an dem Inhalt des Buches zu konstruieren. Die Gesetzgebung erkannte jedoch erst seit dem vorigen Jahrhundert zuerst in England (1709), sodann in Frankreich (1793) und in Preußen (1794) das U. des Schriftstellers und das von demselben abgeleitete Verlagsrecht allgemein an. Das U. wurde aber nur für eine beschränkte Zeitdauer und nur in Bezug auf die Werke inländischer Verfasser und Verleger geschützt. Das U. umfaßte schon nach der ältern Gesetzgebung neben den Schriften auch die Abbildungen (Karten etc.), die musikalischen Kompositionen und die Erzeugnisse der reproduzierenden Künste (Kupferstiche etc.), welche sämtlich, wie die Schriften, mechanisch vervielfältigt und durch den Buchhandel vertrieben werden. Später wurde das U. auf Werke der bildenden Künste überhaupt und auf die ausschließliche Nachbildung (nicht bloß die mechanische Vervielfältigung derselben) sowie in neuester Zeit auch auf die Photographien und die gewerblichen Muster und Modelle ausgedehnt. Die Gesetzgebung über das U. in Deutschland beruhte unter der Herrschaft des Deutschen Bundes auf den Bundesbeschlüssen von 1832 und 1837 sowie auf den in den einzelnen Staaten ergangenen Gesetzen, für welche meist das preußische Gesetz vom 11. Juni 1837 als Muster gedient hat. Bei der Bildung des Norddeutschen Bundes wurde das U. durch Art. 4, Nr. 6 der Bundesverfassung der Bundesgesetzgebung (nachmals der Reichsgesetzgebung) überwiesen und durch das Bundesgesetz vom 11. Juni 1870, welches nach der Bildung des Deutschen Reichs auch in den süddeutschen Staaten als Reichsgesetz eingeführt wurde, für Schriftwerke, Abbildungen, musikalische Kompositionen und dramatische Werke gleichmäßig geregelt. Über das U. an Werken der bildenden Künste, an Photographien und an gewerblichen Mustern und Modellen (s. Musterschutz) ergingen erst später drei besondere Reichsgesetze vom 9., 10. und 11. Jan. 1876. Die einheitliche Regelung des Patentwesens für das Reich ist zum Gegenstand eines besondern Gesetzes (Patentgesetz vom 25. Mai 1877) gemacht worden (s. Patent). Die neuere Zeit hat endlich in den Litterarkonventionen der verschiedenen Staaten auch einen internationalen Schutz des Urheberrechts gebracht (s. unten).
Das U. wird im gegebenen Fall durch die Hervorbringung des Werkes erworben. Wer außer dem wirklichen Urheber ein ausschließliches Recht der Vervielfältigung oder der Nachbildung geltend machen will, muß sein Recht von dem wirklichen Urheber ableiten. Mehrere Miturheber eines gemeinschaftlichen Geisteswerkes haben das U. in Gemeinschaft; die Schutzfrist (s. unten) wird nach der Lebensdauer des zuletzt verstorbenen Miturhebers bemessen. An fremden Geisteswerken kann durch Bearbeitung ein neues U. erlangt werden, sowohl wenn das Original sich noch in dem U. des Verfassers befindet, als auch wenn dasselbe gemeinfrei ist. Die verschiedenen Fälle einer solchen Bearbeitung sind: die Herausgabe bei den aus Beiträgen mehrerer gebildeten Sammelwerken, die Übersetzung, die musikalische Bearbeitung und die Reproduktion von Kunstwerken durch ein andres Kunstverfahren (Kupferstich, Holzschnitt, Lithographie etc.). Das U. des Bearbeiters erstreckt sich in allen diesen Fällen nur auf die von dem Bearbeiter dem Werke gegebene Form, so daß niemand durch dasselbe behindert wird, eine neue Übersetzung oder einen neuen Stich von dem Original zu veranstalten, und nur der Nachdruck des von dem Übersetzer oder dem Kupferstecher hergestellten Werkes ausgeschlossen ist.
Das U. geht auf die Erben des Autors über, es kann beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder Verfügung von Todes wegen übertragen werden. Bei der Bestellung eines Porträts geht das U. kraft des Gesetzes auf den Besteller über. Dasselbe gilt von Mustern oder Modellen, welche in einer inländischen gewerblichen Anstalt für Rechnung des Eigentümers angefertigt werden. Bei der Veräußerung von Kunstwerken geht das U. an den Käufer des Originals nicht über, falls dasselbe nicht besonders übertragen wird. Der Künstler kann jedoch nicht kraft seines Urheberrechts die Herausgabe des veräußerten Originals zum Zweck der Nachbildung von dem Eigentümer fordern.
Beim Briefwechsel geht das U. an dem abgesandten Brief nicht auf den Adressaten über. Zur Veröffentlichung der Briefe ist daher der Verfasser ausschließlich befugt, wie dies unter anderm in Bezug auf den Briefwechsel Goethes mit Charlotte Kestner, Benjamin Constants mit Madame Récamier und Lord Chesterfields mit seinem Sohn von den Gerichten anerkannt ist. Die Veräußerung des Manuskripts von andern Schriftwerken begründet eine Vermutung für die Übertragung des Urheberrechts, wenn nicht ein andrer Zweck der Übergabe (z. B. Bewerbung um einen Preis) ersichtlich ist. Das U. kann im Weg der Zwangsvollstreckung nur veräußert werden, wenn der Verfasser selbst bereits die Veröffentlichung des Werkes veranlaßt hatte.
Die Dauer des Urheberrechts ist auf einen gewissen Zeitraum (Schutzfrist) beschränkt. Der Lauf [8] der Schutzfrist wird entweder durch die Lebensdauer des Urhebers oder durch das Erscheinen des Werkes bestimmt; die Frist wird nach Kalenderjahren berechnet. (Für den Musterschutz [s. d.] gelten abweichende Regeln.) Für die Lebensdauer des Urhebers und 30 Jahre nach seinem Tod werden geschützt die noch nicht veröffentlichten sowie die unter dem wahren Namen des Urhebers veröffentlichten Schrift- und Kunstwerke. Bei Kunstwerken genügt es, wenn der Name durch kenntliche Zeichen ausgedrückt wird; bei musikalischen und dramatischen Werken genügt die Aufführung unter dem wahren Namen des Verfassers. Bei anonym (ohne Namen) und pseudonym (unter angenommenem Namen) veröffentlichten Werken dauert das U. 30 Jahre von der ersten Herausgabe oder der ersten Aufführung an. Der Verfasser kann sich jedoch das U. für seine Lebensdauer und für 30 Jahre nach seinem Tode dadurch sichern, daß er nachträglich seinen wahren Namen in die bei dem Stadtrat zu Leipzig geführte Eintragsrolle eintragen läßt. Posthume, d. h. nach dem Tode des Urhebers erscheinende, Werke werden 30 Jahre nach dem Tode des Urhebers gegen Nachdruck geschützt. Wenn ein zusammenhängendes Werk ohne den Namen des Urhebers in mehreren Bänden oder Abteilungen erscheint, so wird die Schutzfrist nach dem Erscheinen der letzten Lieferung berechnet, falls nicht zwischen dem Erscheinen von zwei Lieferungen mehr als drei Jahre verstrichen sind.
Photographische Aufnahmen werden fünf Jahre nach dem Erscheinen geschützt. Wenn dieselben nicht binnen fünf Jahren nach dem Jahr der Aufnahme des Negativs erscheinen, so verliert der Verfertiger sein ausschließliches Recht. Jede rechtmäßige photographische Abbildung, welche ausgegeben wird, muß den Namen und Wohnort des Verfertigers oder des Verlegers und das Kalenderjahr tragen, in welchem die Abbildung zuerst erschienen ist.
Jede mechanische Vervielfältigung eines Schriftwerkes, welche ohne Genehmigung des Berechtigten erfolgt, ist verbotener Nachdruck. Als mechanische Vervielfältigungsart ist aber jedes technische Verfahren anzusehen, durch welches mittels einer äußern Vorrichtung eine Mehrheit von Exemplaren eines Werkes gleichzeitig oder nacheinander hergestellt werden kann. Dazu gehört vor allem der Buchdruck, doch fallen unter denselben Begriff Steindruck, Metallographie, Autographie, Photolithographie, Vervielfältigung durch Kopiermaschinen oder mittels Durchdrucks etc. Das Abschreiben fällt dem Begriff nach nicht unter den Thatbestand des Nachdrucks; doch soll es nach § 4 des Reichsgesetzes über das U. vom 11. Juni 1870 gleich der mechanischen Vervielfältigung bestraft werden, wenn es dazu bestimmt ist, den Druck zu vertreten, d. h. wenn eine größere Zahl von Abschriften zum Zweck der Verbreitung angefertigt wird. Auch das Abschreiben von mündlichen Vorträgen und Manuskripten ist unter dieser Voraussetzung dem Nachdruck gleich zu achten. Der Versuch des Nachdrucks ist nicht strafbar, er hat nur die Einziehung der zum Nachdruck gebrauchten Vorrichtungen zur Folge. Der Nachdruck selbst besteht entweder in der unveränderten Wiedergabe des fremden Geisteswerkes, oder er ist mit einer eignen Autorthätigkeit des Nachdruckers verbunden. Der veränderte Nachdruck bildet bei weitem die Mehrzahl der Fälle der unerlaubten Vervielfältigung fremder Schriftwerke. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß eine solche veränderte Wiedergabe ebenfalls unter das Verbot des Nachdrucks fällt, sobald das Werk seinem wesentlichen Bestand nach wiedergegeben ist, und diese Voraussetzung ist nach dem Umfang und der Erheblichkeit der vorgenommenen Änderungen zu beurteilen. Übersetzungen fallen an und für sich nicht unter den Begriff des Nachdrucks, ausgenommen die Übersetzungen der in einer toten Sprache verfaßten und der noch unveröffentlichten Werke. Bei Werken in lebenden Sprachen kann der Verfasser sich bei der Veröffentlichung das Recht der Übersetzung durch einen Vermerk auf dem Titelblatt oder an der Spitze des Werkes vorbehalten. Dieser Vorbehalt gilt für alle Sprachen, wird aber erst wirksam, wenn und so weit der Verfasser in dem folgenden Jahr mit der Herausgabe der vorbehaltenen Übersetzung beginnt und dieselbe binnen drei Jahren nach dem Erscheinen des Originalwerkes vollendet (Gesetz vom 11. Juni 1870, § 6 c). In diesem Fall gilt jede unbefugte Übersetzung in dieselbe Sprache, welche während fünf Jahren nach dem Erscheinen der autorisierten Übersetzung veröffentlicht wird, als Nachdruck. Je nach dem Umfang, in welchem ein fremdes Schriftwerk ohne Genehmigung des Berechtigten benutzt und mechanisch vervielfältigt worden ist, ergibt sich der Thatbestand des totalen oder des partiellen (teilweisen) Nachdrucks. Auch der letztere ist verboten. Nicht jede Entlehnung eines Bruchstücks aus einem fremden Werk ist jedoch Nachdruck; vielmehr dürfen nach § 7 des Gesetzes vom 11. Juni 1870 einzelne Stellen oder kleinere Teile aus einem bereits veröffentlichten Werk wörtlich angeführt und ganze Druckschriften von geringerm Umfang (Aufsätze, Gedichte u. dgl.) in ein größeres Werk von selbständigem wissenschaftlichen Inhalt oder in eine Sammlung zum Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch aufgenommen werden. Dabei soll aber der Urheber oder die benutzte Quelle angegeben werden; die Unterlassung dieser Angabe zieht jedoch nicht die Strafen des Nachdrucks, sondern nach § 24 des angezogenen Gesetzes nur eine Geldstrafe von 60 Mk. nach sich. Auf Manuskripte und mündliche Vorträge findet dieses Recht der Entlehnung nicht Anwendung. Dies hat jedoch nicht die Bedeutung, daß jedes Anführen eines einzelnen Satzes aus einem Manuskript sich notwendigerweise als partieller Nachdruck darstelle. Es kommt vielmehr überall auf den Umfang und den Zweck der Entlehnung und auf die Bedeutung derselben für die vermögensrechtliche Nutzung an dem benutzten Werk an. Werden Bruchstücke zur Begründung eines kritischen Urteils mitgeteilt, so ist dadurch der Thatbestand des partiellen Nachdrucks ausgeschlossen. Wird dagegen unter dem Schein einer Besprechung der Inhalt des fremden Werkes litterarisch ausgebeutet, so liegt ein Nachdruck vor.
Die Nachbildung von Kunstwerken unterscheidet sich von dem eigentlichen Nachdruck dadurch, daß nicht bloß die mechanische Vervielfältigung, sondern jede Reproduktion unter das gesetzliche Verbot fällt. Auch die Einzelkopie eines Kunstwerkes ist daher strafbare Nachbildung, jedoch nach § 6, Nr. 1 des Gesetzes vom 9. Jan. 1876 nur dann, wenn sie in der Absicht der Verwertung angefertigt wird. Das frühere Recht verbot nur die mechanische Vervielfältigung von Kunstwerken, sei es durch die reproduzierenden Künste (Kupferstich, Steindruck, Holzschnitt, Modellierung etc.) oder durch direkte Abnahme (Photographie, Überdruck, Abformen etc.); es schützte folglich mehr den Kunstverlag als die Künstler selbst, deren Interessen durch den Verkauf schlechter, als Originale ausgebotener Kopien häufig geschädigt wurden. Um diesem [9] Mißbrauch zu steuern, ist es nunmehr bei einer Geldstrafe von 500 Mk. verboten, auf nicht zur Verwertung bestimmten Einzelkopien den Namen oder das Monogramm des Urhebers anzubringen. Unter der Einzelkopie ist nicht eine einmalige, sondern die ohne mechanische Hilfsmittel genommene Handkopie verstanden. Man kann deshalb z. B. ein Gemälde, an dessen Besitz sich Familienerinnerungen knüpfen, auch für mehrere Miterben kopieren lassen. Zu der mechanischen Nachbildung, z. B. vermittelst der Photographie, ist dagegen im gleichen Fall die Genehmigung des Urhebers erforderlich, auch wenn nur ein einzelner Abdruck genommen wird. Die veränderte Nachbildung fällt ebenso unter das gesetzliche Verbot wie der veränderte Nachdruck. Dagegen ist die freie Benutzung eines Kunstwerkes oder eines Modells zur Hervorbringung eines neuen Werkes gestattet. Ferner können Werke der zeichnenden und malenden Kunst durch die plastische Kunst nachgeahmt werden, und umgekehrt. Werke der bildenden Kunst, welche an Straßen und öffentlichen Plätzen dauernd aufgestellt sind, dürfen nachgebildet werden, nur nicht in der gleichen Kunstform (die Skulpturen nicht durch Skulptur, die Erzbilder nicht durch Guß etc.). Nachbildungen einzelner Kunstwerke dürfen in ein Schriftwerk unter der Bedingung der Quellenangabe aufgenommen werden. Auch die Nachbildung eines Kunstwerkes an Industrieerzeugnissen, welche das frühere Recht gestattete, ist verboten. Wenn jedoch der Künstler sein Werk an einem Industrieerzeugnis nachbilden läßt, so kann er nur den Musterschutz (s. d.) durch Eintragung in das Musterregister für dieses Erzeugnis erlangen und die weitere Nachbildung an Industrieerzeugnissen nur für die beschränktere Dauer des Musterschutzes untersagen. Auf Werke der Baukunst findet das Gesetz vom 9. Jan. 1876 nach ausdrücklicher Erklärung desselben (§ 3) keine Anwendung. Bei photographischen Werken erstreckt sich das Verbot ausschließlich auf die mechanische Nachbildung (Gesetz vom 10. Jan. 1876, § 1, 3). Daher ist jede Reproduktion einer photographischen Aufnahme mittels Zeichnung und ebenso die mechanische Vervielfältigung einer solchen Zeichnung durch Holzschnitt, Steindruck, Kupfer- oder Stahlstich gestattet. Nicht zulässig ist dagegen die mechanische Übertragung der photographischen Aufnahme auf den Stein, die Holz- oder Metallplatte, sei es vermittelst der Photographie oder durch Abklatsch. Dagegen ist die freie Benutzung einer Photographie zur Hervorbringung eines neuen Werkes nach § 2 des angeführten Gesetzes gestattet. Die photographischen Abbildungen von Kunstwerken, deren Original noch gegen Nachbildung geschützt ist, sind als solche nicht gegen Nachdruck geschützt. Der Photograph wird allein durch das Recht des Originalurhebers gedeckt und nur insofern, als dieser ihm ausdrücklich ein ausschließliches Recht übertragen hat. Hatte der Maler die photographische Kopie des Gemäldes nur gestattet, so kann der Photograph die mechanische Nachbildung seiner Kopie nicht untersagen, während ihm bei der Kopie eines nicht mehr im U. befindlichen Kunstwerkes, z. B. eines Raffaelschen Gemäldes, ein selbständiger Schutz gewährt wird. Der Schutz der Photographien ist aber nach § 5 des Gesetzes vom 10. Jan. 1870 davon abhängig, daß jede rechtmäßige Nachbildung auf der Abbildung selbst oder auf dem Karton Namen (Firma) und Wohnort des Verfertigers oder des Verlegers und das Kalenderjahr trägt, in welchem die rechtmäßige Abbildung zuerst erschienen ist. Der Schutz dauert fünf Jahre, vom Ablauf dieses Kalenderjahrs gerechnet.
Die Verbreitung von Exemplaren des Nachdrucks oder der Nachbildung ist ein besonderes Vergehen, welches dem Nachdruck gleich bestraft wird. Zum Thatbestand wird erfordert, daß nachgedruckte Exemplare feilgehalten, verkauft oder in sonstiger Weise verbreitet werden (Gesetz vom 11. Juni 1870, § 25). Die Verbreitung des Nachdrucks kann entweder durch den Nachdrucker selbst oder durch eine an dem Nachdruck unbeteiligte Person erfolgen.
Bei den dramatischen und den musikalischen Werken kommt außer dem Nachdruck auch die Verletzung des Aufführungsrechts in Frage. Der Thatbestand der unbefugten öffentlichen Aufführung fällt mit demjenigen des Nachdrucks zusammen, nur daß an die Stelle der mechanischen Vervielfältigung die öffentliche Aufführung tritt, d. h. eine solche Aufführung, zu welcher nicht bloß bestimmten Personen, sondern jedem ohne Unterschied oder einer unbestimmten Personenzahl der Zutritt freisteht. Bei dramatischen Werken ist eine Darstellung mit verteilten Rollen und mit szenischer Handlung erforderlich. Die öffentliche Vorlesung eines Dramas fällt nicht unter das Verbot des Gesetzes.
Die Strafen, mit welchen die Verletzung des Urheberrechts bedroht ist, bestehen in Einziehung, öffentlicher Geldstrafe und einer an den Verletzten zu entrichtenden Geldbuße. Neben der Einziehung und der Geldstrafe findet noch der Anspruch des Beschädigten auf Schadenersatz statt. Die Einziehung (Konfiskation) trifft nach § 21 des Gesetzes vom 11. Juni 1870 die widerrechtlich angefertigten Nachdrucksexemplare sowie die zu der widerrechtlichen Vervielfältigung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen (Formen, Platten, Steine, Stereotypabgüsse etc.). Sie tritt auch dann ein, wenn keine Strafe wegen der Veranstaltung, der Veranlassung oder der Verbreitung des Nachdrucks verwirkt ist, wenn alle dabei beteiligten Personen in gutem Glauben gehandelt haben, oder wenn dieselben sich nicht unter der einheimischen Gerichtsbarkeit befinden. Die Einziehung erfolgt auf den Antrag des Berechtigten, welcher sowohl im Strafverfahren als im Weg der Zivilklage gestellt werden kann. Im Strafverfahren kann auch gegen solche Besitzer von Nachdrucksexemplaren, welche nicht angeklagt sind, auf Einziehung erkannt werden. Die Einziehung erfolgt nicht zum Vorteil der Staatskasse, sondern entweder zum Zweck der Vernichtung oder zum Vorteil des Beschädigten. Im erstern Fall werden die eingezogenen Gegenstände, soweit dies angeht, ihrer gefährdenden Form entkleidet und dem Besitzer zurückgegeben. Nur da, wo eine solche Entkleidung nicht möglich ist, tritt die vollständige Vernichtung ein. Die Einziehung zum Vorteil des Beschädigten erfolgt auf dessen Antrag gegen Ersatz der Herstellungskosten; doch müssen sich Verfasser und Verleger über diesen Antrag einigen, wenn das Verlagsrecht nicht unbeschränkt übertragen ist, weil sonst die Übernahme und Verwertung der nachgedruckten Auflage seitens des einen Berechtigten das Recht des andern verletzen würde. Die öffentliche Strafe des Nachdrucks besteht in einer Geldstrafe von 3000 Mk., der Mindestbetrag ist 3 Mk. Die Geldstrafe wird, wenn sie nicht beizutreiben ist, in Gefängnisstrafe von einem Tag bis zu sechs Monaten umgewandelt, wobei 3–15 Mk. Geldstrafe einer eintägigen Freiheitsstrafe gleich gerechnet werden. Diese Strafe trifft gleichmäßig den Veranstalter und den Veranlasser des Nachdrucks, sofern dieselben vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben, ferner den vorsätzlichen Verbreiter und den wissentlichen Teilnehmer [10] an einem dieser Vergehen. Dieselbe Strafe findet statt bei der unbefugten Nachbildung von Kunstwerken und Photographien und bei der unbefugten Aufführung von Dramen und musikalischen Kompositionen. Die Strafe wird nur auf Antrag des Verletzten verhängt. Neben der öffentlichen Strafe kann auf Verlangen des Beschädigten eine an den letztern zu erlegende Geldbuße bis zum Betrag von 6000 Mk. verhängt werden, welche an die Stelle der Entschädigung des Verletzten tritt.
Der Anspruch auf Entschädigung kann aber auch im Weg des Zivilprozesses verfolgt werden, solange nicht im Strafverfahren auf eine Geldbuße erkannt ist. Er richtet sich gegen den Veranstalter und den Veranlasser des Nachdrucks, sofern dieselben vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben, ferner gegen den wissentlichen Teilnehmer der Veranstaltung und gegen den wissentlichen Verbreiter; letzterer haftet jedoch nur für den durch seine eigne Thätigkeit verursachten Schaden, wogegen der Veranstalter und der Veranlasser des Nachdrucks für jeden durch die Verletzung des Urheberrechts auch durch Vermittelung des Verbreiters entstandenen Schaden aufkommen müssen. Hat der Veranstalter in gutem Glauben gehandelt, so haftet er nur auf Höhe seiner Bereicherung; er muß also den aus dem Verkauf der nachgedruckten Auflage gezogenen Gewinn an den Beschädigten herausgeben. Der Betrag der Entschädigung besteht in dem für den Berechtigten entstandenen positiven Schaden und dem entgangenen Gewinn. Ein positiver Schade ist nur nachzuweisen, wenn die Kosten der von dem Verlagsberechtigten unternommenen Vervielfältigung infolge des Nachdrucks als gänzlich verloren zu betrachten sind. Der entgangene Gewinn besteht in dem mutmaßlichen Erlös desjenigen Teils der rechtmäßigen Auflage, welcher infolge des Nachdrucks unverkauft bleibt. Man nimmt in der Regel an, daß der Absatz der rechtmäßigen Auflage um die Zahl der verbreiteten Nachdrucksexemplare geschmälert wird. Bei der unbefugten Aufführung besteht die Entschädigung in dem ganzen Ertrag der Aufführung ohne Abzug der auf dieselbe verwendeten Kosten. Dabei kann das Gericht bei der Entscheidung technischer Fragen sowohl im Zivilprozeß als im Strafverfahren Sachverständige zuziehen. In den einzelnen Bundesstaaten sind zu ebendiesem Zweck nach den Gesetzen vom 11. Juni 1870 und vom 9. und 10. Jan. 1876 Sachverständigenvereine gebildet. Diese Sachverständigenvereine zerfallen in litterarische, musikalische, künstlerische, photographische und gewerbliche, deren Zusammensetzung und Verfahren durch Instruktionen des Reichskanzlers vom 12. Dez. 1872 und vom 19. Febr. 1876 geregelt ist. Die Vereine entscheiden auf den gemeinschaftlichen Antrag der Parteien als Schiedsgerichte und erstatten in den beim Gericht anhängigen Sachen Gutachten auf Anrufen des Prozeßrichters. Die Verjährung der Klage auf Entschädigung oder Bereicherung und der Strafverfolgung wegen Nachdrucks tritt nach § 33 und 34 des Gesetzes vom 11. Juni 1870 binnen drei Jahren ein. Der Strafantrag, durch welchen die strafrechtliche Verfolgung bedingt ist, muß binnen drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem begangenen Nachdruck und von der Person des Thäters gestellt werden.
Der Schutz des Urheberrechts ist an und für sich nach der Gesetzgebung der einzelnen Staaten auf die von inländischen Urhebern herrührenden oder bei inländischen Verlegern erschienenen litterarischen und artistischen Werke beschränkt. Für das Deutsche Reich besteht jedoch mit Rücksicht auf die Zusammengehörigkeit der frühern deutschen Bundesstaaten die Eigentümlichkeit, daß die Angehörigen der zum ehemaligen Deutschen Bund, aber nicht zum nunmehrigen Deutschen Reich gehörigen Staaten (Österreich, Limburg, Luxemburg und Liechtenstein) den inländischen Urhebern gleich behandelt werden, insofern es sich um Werke derselben handelt, die an einem Ort erschienen sind, der zum ehemaligen Deutschen Bund, nicht aber zum Deutschen Reiche gehört. Ebenso sind die noch nicht veröffentlichten Werke solcher Urheber geschützt und zwar in beiden Fällen unter der Voraussetzung staatlicher Gegenseitigkeit. Das Bedürfnis, die Erzeugnisse der inländischen Litteratur und Kunst gegen ausländischen Nachdruck und ausländische Nachbildung zu schützen, führte jedoch zu dem Abschluß internationaler Vereinbarungen (Litterarkonventionen, Litterarverträge) zwischen verschiedenen Staaten, welche ihren Angehörigen wechselseitigen Schutz des Urheberrechts gewähren. Da in Deutschland in der Zeit der staatlichen Zersplitterung die Grenzen der territorialen Gesetzgebung der einzelnen deutschen Staaten mit denjenigen des Sprachgebiets und des litterarischen Verkehrs nicht zusammenfielen, so trat hier jenes Bedürfnis ganz besonders hervor, und mit 32 deutschen Staaten schloß die preußische Staatsregierung Litterarkonventionen ab, indem sie damit den Grund zu der deutschen Nachdruckgesetzgebung (s. oben) überhaupt legte. Später wurden auch zwischen Staaten verschiedener Zunge solche Konventionen abgeschlossen, zumeist auf die Anregung Frankreichs hin, dessen Litteratur vorzugsweise dem ausländischen Nachdruck ausgesetzt war. Aber auch Preußen schloß Litterarkonventionen mit außerdeutschen Staaten ab, so mit England (1846), mit Frankreich (1862), Belgien (1863) und namens des Norddeutschen Bundes mit Italien und mit der Schweiz (1869). Es folgten ferner die Verträge des Deutschen Reichs mit der Schweiz (1881), Frankreich (1883), Belgien (1883), Italien (1884) und Großbritannien (1886). Nach mehrjähriger Vorbereitung und namentlich auf Betreiben des internationalen Schriftstellerverbandes (Association littéraire internationale), welcher in Paris seinen Sitz hat, kam endlich nach wiederholten Konferenzen in Bern eine „Übereinkunft, betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutz von Werken der Litteratur und Kunst“, 9. Sept. 1886 zu stande. Die beteiligten Regierungen sind: Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien, England, Haïti, Italien, Liberia, die Schweiz und Tunis. Diese Übereinkunft wurde von allen Vertragsstaaten mit Ausnahme von Liberia ratifiziert. Für das Deutsche Reich ist die Konvention in Nr. 40 des Reichsgesetzblattes für 1887 (S. 493 ff.) publiziert. Beigetreten ist 20. Juni 1888 Luxemburg. Der Beitritt von Österreich-Ungarn, Rußland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika steht noch aus. Die Konvention läßt aber andern Staaten den Beitritt offen. Die Übereinkunft sichert den Urhebern, welche einem der Verbandsländer angehören, oder ihren Rechtsnachfolgern in den übrigen Ländern für ihre Werke, und zwar sowohl für die in einem der Verbandsländer veröffentlichten als für die überhaupt nicht veröffentlichten, diejenigen Rechte, welche die betreffenden Gesetze den inländischen Urhebern gegenwärtig oder in Zukunft einräumen. Der Genuß dieser Rechte ist von der Erfüllung der Bedingungen und Förmlichkeiten abhängig, welche durch die Gesetzgebung des Ursprungslandes des Werkes vorgeschrieben [11] sind; derselbe kann in den übrigen Ländern die Dauer des in dem Ursprungsland gewährten Schutzes nicht übersteigen. Das Übersetzungsrecht steht den Urhebern bis zum Ablauf von zehn Jahren, von der Veröffentlichung des Originalwerks in einem der Verbandsländer an gerechnet, zu. Rechtmäßige Übersetzungen werden wie Originalwerke geschützt. Auf Grund einer Bestimmung der Übereinkunft ist in Bern ein „Büreau des internationalen Verbandes zum Schutz von Werken der Litteratur und Kunst“ errichtet, welches unter den Schutz der obersten Verwaltungsbehörde der Eidgenossenschaft gestellt ist und seinen Dienst unter deren Aufsicht versieht. Das Büreau veröffentlicht die den Interessen des internationalen litterarischen und artistischen Rechtsschutzes dienende Zeitschrift „Le droit d’auteur“. Die Geschäftssprache des Büreaus ist die französische. Insoweit übrigens die einzelnen Litteraturkonventionen des Deutschen Reichs mit andern Staaten den Urhebern weiter gehende Rechte sichern als die Berner Konvention, sind dieselben nach wie vor in Kraft geblieben.
[Litteratur.] Eisenlohr, Das litterarisch-artistische Eigentum (Schwerin 1855); O. v. Wächter, Das Verlagsrecht (Stuttg. 1857); Derselbe, Das Autorrecht nach gemeinem deutschen Recht (das. 1875); Dambach, Die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes, betreffend das U. (Berl. 1871); Klostermann, Das U. an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken (das. 1871); Derselbe, Das U. an Schrift- und Kunstwerken (das. 1876); Heydemann u. Dambach, Die preußische Nachdrucksgesetzgebung (das. 1863); Endemann, Das Gesetz, betreffend das U. an Schriftwerken, Abbildungen etc. (das. 1871); Pataille u. Huguet, Code international de la propriété industrielle, artistique et littéraire (2. Aufl., Par. 1865); Cattreux, Droit de propriété des œuvres dramatiques et musicales (Brüssel 1883); Dambach, Der deutsch-französische Litterarvertrag vom 19. April 1883 (Berl. 1883); Copinger, The law of copy-right in works of literature and art (2. Aufl., Lond. 1881); Soldan, L’union internationale pour la protection des œuvres littéraires et artistiques (Par. 1888); Daude, Lehrbuch des deutschen litterarischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechts (Stuttg. 1888).
[940] Urheberrecht. Das in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1. Juli 1891 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz des Urheberrechts (Copyright-Bill) hat den Zweck, für das geistige Eigentum der Ausländer den gleichen Schutz gegen fremde Eingriffe zu gewähren, wie den einheimischen Bürgern. Nach dem Gesetz werden Werke ausländischer Urheber und die Rechte der Verleger von solchen nur dann gegen Nachdruck geschützt, wenn von denselben spätestens am Tage der Veröffentlichung zwei in den Vereinigten Staaten gesetzte und gedruckte Exemplare beim Kongreßbibliothekar in Washington eingereicht worden sind. Hiernach müssen in andern Ländern veröffentlichte Bücher gleichzeitig in den Vereinigten Staaten gesetzt, gedruckt und veröffentlicht werden, wenn sie die Wohlthaten des neuen Gesetzes genießen wollen, eine erschwerende Bedingung, welcher meist nur schwer genügt werden kann. Das Gleiche, wie für Drucksachen, gilt für Photographien, Farbendrucke und Lithographien.