MKL1888:Trucksystem
[869] Trucksystem (spr. tröck-, v. engl. truck, „Tausch, Tauschhandel“), das Verfahren, Arbeiter, besonders Fabrikarbeiter, nicht in barem Geld, sondern in Naturalien, namentlich in Anweisungen auf einen vom Arbeitgeber gehaltenen Laden abzulohnen. Vielfach von habsüchtigen Fabrikanten mißbraucht, wurde dasselbe schon früher in England heftig bekämpft und meist gesetzlich verboten. (Das erste gegen das T. ankämpfende Gesetz wurde in England 1464 erlassen; zu demselben kamen in den folgenden Jahrhunderten noch eine Reihe [etwa 16] weiterer Gesetze. Dieselben wurden durch das noch bestehende Gesetz von 1831 aufgehoben, welches durch die Truck-Amendment Act vom 16. Sept. 1887 ergänzt und erweitert wurde. In Preußen allgemeines Verbot 1847, während im Bergbau und in der Textilindustrie schon im 16. Jahrh. Verbote vorkamen; Verbot in Belgien durch Gesetz vom 16. Aug. 1887.) Die deutsche Gewerbeordnung verpflichtet die Arbeitgeber (ursprünglich nur die Fabrikinhaber sowie diejenigen, welche mit Ganz- oder Halbfabrikaten Handel treiben, seit 1878 alle Gewerbtreibenden, vgl. Fabrikgesetzgebung, S. 1002), die Löhne ihrer Arbeiter bar auszuzahlen; sie dürfen denselben keine Waren kreditieren; zuwiderlaufende Verträge sind nichtig. Nun gibt es freilich auch Fälle, in denen die Gewährung von Naturalien nicht zu umgehen und für den Arbeiter selbst vorteilhaft ist. Deshalb wurde auch gestattet, den Arbeitern Wohnung, Feuerungsbedarf, Landnutzung, regelmäßige Beköstigung, Arzneien und ärztliche Hilfe sowie Werkzeuge und Stoffe zu den von ihnen anzufertigenden Fabrikaten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen. In Rußland ist das T. in verschiedenen Formen noch sehr verbreitet.