MKL1888:Torfstreu und Torfmull
[762] Torfstreu[WS 1] und Torfmull, aus der Faserschicht, welche in einer Stärke von 0,5 m den Brenntorf in den Heidemooren bedeckt, auf besondern Maschinen dargestellte Fabrikate. Der Moos- oder Fasertorf wird getrocknet und auf dem Reißwolf, einer rotierenden, mit Spitzen besetzten Trommel, welcher ein ebenfalls mit Spitzen besetztes Brett gegenübersteht, oder auf der Torfmühle, die einer Kaffeemühle ähnlich ist, zerkleinert und dann durch Siebe in die faserige Torfstreu und den pulverigen Torfmull getrennt. Erstere dient in der Landwirtschaft als Ersatz der Strohstreu, ist billiger als diese, saugt die Flüssigkeit kräftiger auf und liefert vortrefflichen Dünger. Man macht daraus für die Tiere ein Lager von 12–15 cm Höhe und ersetzt täglich die feucht gewordenen Teile durch neues Material. Der Torfmull eignet sich vortrefflich zum Desinfizieren von menschlichen Exkrementen und wird vielfach in Streuklosetten angewandt. Er bindet etwa das Zwölffache seines Gewichts an Fäkalstoffen und liefert dabei eine trockne, geruchlose Masse, die sich vortrefflich als Dünger eignet. Schmutzwasser, durch Torfstreu filtriert, liefern ein klares Filtrat, welches bei reichlichem Luftzutritt nicht mehr fäulnisfähig ist. Torfstreu wird auch mit Karbolsäure, Jodoform, Sublimat imprägniert und als Verbandmittel benutzt. Mit Kalkmilch imprägniert, dient Torfstreu als Füllmaterial für Zwischendecken, außerdem dient sie zu Isolierzwecken für Eishäuser, zu Umhüllungen von Dampfleitungen, zur Konservierung von Fleisch und Fischen, in der Gärtnerei zu verschiedenen Zwecken etc. Das Aufsaugungsvermögen des reinen Fasertorfs ist so groß, daß er das neunfache Gewicht an Wasser absorbiert, einzelne Proben mit 20 Proz. Feuchtigkeit absorbierten sogar bis 19,7 Teile Wasser. Torfstreu enthält im lufttrocknen Zustand 88 Proz. organische Substanz (mit 0,6–3,2 Proz. Stickstoff), 2 Proz. Asche (mit 0,08 Proz. Kali, 0,09 Proz. Phosphorsäure) und 10 Proz. Wasser. Vgl. Mendel, Die Torfstreu (Brem. 1882); Haupt, Torfstreu als Desinfektions- und Düngemittel (Halle 1884); Fürst, Die Torfstreu (Berl. 1888).