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MKL1888:Stettīn

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Stettīn“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 307308
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Stettīn. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 307–308. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Stett%C4%ABn (Version vom 15.06.2022)

[307] Stettīn (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der preuß. Provinz Pommern und des gleichnamigen Regierungsbezirks, Stadtkreis, an der Oder, Knotenpunkt der Linien Berlin-Stargard, Breslau-S. und

Wappen von Stettin.

S.-Mecklenburgische Grenze, 7 m ü. M., besteht aus der eigentlichen Stadt am linken Flußufer mit ausgedehnten neuen Stadtteilen und Vorstädten, welch letztere wegen der bis 1873 vorhandenen Befestigung der innern Stadt zum Teil in großer Entfernung von derselben angelegt sind, und aus der Lastadie und den zugehörigen Anlagen am rechten Ufer. Beide Ufer der Oder sind für den allgemeinen Verkehr durch drei Brücken (Baumbrücke, Lange Brücke und Neue Brücke) verbunden; für den Eisenbahnverkehr sind über die Oder und ihre Nebenströme besondere Überbrückungen hergestellt. Die innere Stadt enthält acht Plätze: den Paradeplatz, den Königsplatz mit den Statuen Friedrichs d. Gr. (von Schadow) und Friedrich Wilhelms III. (von Drake), den Roßmarkt mit monumentaler Fontäne, den Heumarkt und den Neuen Markt, zwischen denen das alte Rathaus steht, den Marktplatz und den Viktoriaplatz, durch das neue Rathaus getrennt, und den mit Anlagen gezierten Kirchplatz. S. hat 6 evang. Kirchen, unter welchen die in ihrer jetzigen Gestalt spätgotische Petrikirche (1124 gegründet) als die erste christliche Kirche in Pommern und die Jakobikirche (aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrh.) wegen ihrer Größe etc. bemerkenswert sind; außerdem eine kath. Kirche (im Schloß), eine Baptistenkapelle, eine Kirche der Altlutherischen, eine der apostolischen Gemeinde und eine neue Synagoge. Andre hervorragende Gebäude sind: das königliche Schloß (1575 erbaut), jetzt Sitz der Regierung und des Oberlandesgerichts, das Militärkasino, das Schauspielhaus, die Börse, das Vereins- und Konzerthaus, der Zirkus, das neue großartige Krankenhaus (auf einer Anhöhe vor der Stadt, vgl. den Plan bei Art. „Krankenhaus“) etc. Bemerkenswert sind ferner zwei von Friedrich Wilhelm I. erbaute monumentale Thorgebäude (Königsthor und Berliner Thor), welche, seit Abtragung der Wälle freigelegt und von der Stadt

[Ξ]

STETTIN.
Maßstab 1 : 15 000
Albrecht-Straße BC4
Arndt-Platz A2
Arndt-Straße AB1,2
Artillerie-Kaserne B4,5
Artillerie-Straße C5
Artillerie-Zeughaus E3
Augusta-Straße CD2
Bäckerberg-Straße B6
Badeanstalt D5
Bahnhof C5
Barnim-Straße A2–5
Baum-Brücke E3
Baum-Straße E3
Bellevue B6
Bellevue-Straße B5
Berg-Straße C5
Berliner Thor, Am C3
Birken-Allee C–E1
Bismarck-Platz B3
Bismarck-Straße BC3
Bleichholm E3
Blumen-Straße E1
Bollwerk D4
Börse D3
Breite-Straße BC3,4
Buggenhagen-Straße CD1
Bürger-Ressource D1
Burg-Straße C5
Charlotten-Straße C4
Deutsche-Straße AB1–3
Dom-Straße, Große D3
Dom-Straße, Kleine D3
Elisabeth-Straße BC3–5
Exerzierplatz AB5
Falkenwalder Straße A1,2
Fischer-Straße DE3
Fort Preußen A4,5
Frauen-Straße DE3
Friedrich-Karl-Straße BC2
Friedrich-Straße BC4
Friedrichs II. Denkmal C3
Friedrich Wilhelms III. Denkmal D3
Fuhr-Straße D3
Furage-Magazin C4
Galg-Wiese A6
Garnison-Lazarett D4
Garten-Straße CD1
General-Kommando C4
Gertruden-Kirche E5
Giesebrecht-Straße CD2
Grabow E1
Grabower Straße D1,2
Grüner Graben D4,5
Grüne Schanze C4
Grünhof C1
Gustav-Adolf-Straße E1
Gutenberg-Straße C1
Güter-Bahnhof E5
Gymnasium, Kaiser-Wilhelm B1
   Marienstifts- D3
   Stadt- C4
Hauptwache C4
Heilige Geist-Straße D4
Heilige Geist-Thor D4
Heumarkt D3,4
Hohenzollern-Platz A3
Hohenzollern-Straße AB3
Holzmarkt D5
Holz-Straße D5
Hühnerbeiner Straße DE3
In den Anlagen DE2
Jageteufel-Straße A6
Jakobi-Kirche D3
Johannes-Kirche D4
Johannis-Kloster BC4
Johannis-Straße C4
Kaiser-Wilhelm-Platz B2
Kaiser-Wilhelm-Straße AC1,2
Karl-Straße C4,5
Kirchen-Straße E4,5
Kirchplatz C4
Kohlmarkt D3
Kommandantur C4
König-Albert Straße B1–3
Königs-Platz C3
Königs-Straße D4
Königsthor, Am D3
Krankenhaus E5
Krautmarkt DE3
Kronenhof-Straße D1
Kronprinzen-Straße BC1,2
Kurfürsten-Straße B3,4
Landgericht BC4
Lange Brücke D4
Lastadie E4
Linden-Straße C4,5
Loge C4
Logen-Garten E1
Löwe-Straße C1
Luisen-Straße C3
Lutherischer Kirchhof DE1
Marien-Platz D3
Marktplatz C4
Masches Insel D5
Militär-Kirchhof, Alter B3
Militär-Kirchhof, Neuer B3,4
Mittwoch-Straße DE3
Moltke-Straße C2
Mönchen-Straße CD3
Münz-Straße E1
Museum C4
Neue Brücke D5
Neuer Markt D3
Ober-Wick BC5,6
Oder-Straße, Große D4
Oder-Straße, Kleine DE3
Offizier-Kasino C4
Papen-Straße C3,4
Parade-Platz C3
Parnitzer Bollwerk D5,6
Passauer Straße C4
Pelzer Straße D3
Pölitzer Straße CD1,2
Polizei-Direktion C3
Post D4
Preußische Straße B1,2
Prutz-Straße CD2
Rahms Insel C5
Rathaus C4
Realschule C2
Reformierter Kirchhof E2
Reichsbank C3
Reifschläger-Straße D4
Rosengarten-Straße CD4
Roßmarkt C3
Roßmarkt-Straße CD3
Sankt Petri-Kirche D3
Sanne-Straße A6
Schiller-Straße CD2
Schloßgarten D3
Schloßkirche D3
Schloß, Königliches D3
Schuh-Straße D3
Schulzen-Straße D3,4
Schützengarten D4
Schwerin-Straße D5
Schwimm-Anstalt D6
Sellhaus-Bollwerk D4
Silberwiese D5,6
Speicher-Straße DE3,4
Synagoge C4
Tattersall A1,2
Theater D3
Töpfers Park DE1
Töpfers Park-Straße E1
Turner-Straße A2
Unter-Wick E2
Viktoria-Platz C4
Wall-Straße DE4,5
Westend A1
Wilhelm-Straße BC4
Wollweber-Straße, Große C3
Wrangel-Straße CD1
Zeughaus C4
Zirkus B2

[308] entsprechend ausgebaut, den Mittelpunkt breiter, mit Anlagen versehener Passagen bilden. Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (ein Grenadierregiment Nr. 2, 2 Füsilierbat. Nr. 34 und 2 Abteilungen Feldartillerie Nr. 2) auf 99,543 Seelen, darunter 2881 Katholiken, 923 sonstige Christen und 2501 Juden. Die Industrie ist bedeutend. S. hat große Eisengießereien und Maschinenfabriken, darunter die große Maschinenfabrik und Schiffbauanstalt „Vulkan“ in Bredow (s. d.) mit 4–5000 Arbeitern, Fabrikation von chemischen Produkten (in Pommerensdorf) mit 800–900 Arbeitern, Zementfabriken (in Züllchow, Bredow und Podejuch) mit 300–600 Arbeitern, große Mühlenetablissements (in Züllchow), ferner Fabriken für Zucker, Zichorie, Parfümerien, Seife, Stearin, Öl, feuerfeste Geldschränke, Kartonagen, Dachpappe etc., Gartenbau, Bierbrauerei und Branntweinbrennerei. Für den Handel, der durch eine Handelskammer, eine Börse, eine Reichsbankstelle (Gesamtumsatz 1887: 756 Mill. Mk.) und andre große Geldinstitute unterstützt wird, ist S. der erste Seeplatz des preußischen Staats. Ausgeführt werden vorzüglich: Getreide, Mehl, Sprit, Ölfrüchte, Holz, Chemikalien, Kartoffeln, Heringe, Zichorie, Zucker, Steinkohlen, Zink etc., dagegen werden eingeführt: Eisen und Eisenwaren, Erden und Erze, Getreide, Mehl, Bau- und Nutzholz, Heringe, Reis, Fettwaren, Petroleum, Steine, Schiefer, Steinkohlen etc. Der Wert der 1887 eingeführten Waren betrug 16,760,036 Mk., der ausgeführten Waren 17,019,190 Mk. Die Stettiner Reederei zählte 1887: 193 Schiffe, darunter 58 Seedampfer, mit zusammen 44,259 Registertonnen Raumgehalt. In den Hafen liefen ein 1887: 3826 Schiffe zu 1,116,438 Registertonnen, es liefen aus: 3884 Schiffe zu 1,142,427 Registertonnen. Regelmäßige Dampferverbindungen unterhält S. mit den wichtigsten Häfen der Ostsee, mit London und New York. An Bildungs- und andern ähnlichen Anstalten besitzt S. 3 Gymnasien, 2 Realgymnasien, eine Handelsschule, ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummen- und eine Blindenanstalt, ein Stadt-, ein pommersches und ein antiquarisches Museum, einen Verein für Altertumskunde, einen Kunstverein, mehrere Theater etc.; ferner: eine Hebammenlehranstalt, ein Johanniskloster, Diakonissenanstalten, ein Mädchenrettungshaus u. a. m. S. ist Sitz eines Oberpräsidiums, einer königlichen Regierung, eines Konsistoriums, eines Medizinal- und eines Provinzial-Schulkollegiums und einer Provinzial-Steuerdirektion, der Provinzialverwaltung, der pommerschen Generallandschaftsdirektion, einer Rentenbank für die Provinzen Pommern und Schleswig-Holstein, eines Oberlandes- und eines Landgerichts, einer Oberpostdirektion, eines Seeamtes, eines Landratsamtes (für den Kreis Randow) etc.; ferner: des Generalkommandos des 2. Armeekorps, des Kommandos der 3. Division, der 5. und 6. Infanterie-, der 3. Kavallerie- und der 2. Feldartilleriebrigade. – Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 14 Amtsgerichte zu Altdamm, Bahn, Gartz a. O., Greifenhagen, Kammin, Neuwarp, Pasewalk, Penkun, Pölitz, Stepenitz, S., Swinemünde, Ückermünde und Wollin.

Geschichte. S. ist schon im 11. Jahrh. gegründet worden, erscheint aber erst im 12. Jahrh., seit der Zerstörung von Jumne durch die Dänen, als der erste Seehandelsplatz an der Oder. Von Herzog Barnim I. erhielt es 1243 Stadtrecht. Seit 1107 war es Sitz eines pommerschen Fürstenhauses und blieb es, den Zeitraum von 1464 bis 1532 abgerechnet, bis zum Aussterben der einheimischen Dynastie. 1360 trat es dem Hansabund bei und nahm 1522 die Reformation an. Hier wurde im Dezember 1570 ein Friede zwischen Schweden und Dänemark unter Vermittelung des Kaisers geschlossen. Am 11. Juli 1630 wurde S. Gustav Adolf eingeräumt, der große Verbesserungen an der Befestigung vornahm. Im Westfälischen Frieden nebst Vorpommern an Schweden abgetreten, ward die Stadt 6. Jan. 1678 von dem Kurfürsten von Brandenburg durch Kapitulation eingenommen, aber schon 1679 an Schweden zurückgegeben. Eine abermalige Belagerung hatte sie 1713 im Nordischen Krieg von den verbündeten Russen und Sachsen auszuhalten, wurde infolge einer Übereinkunft (29. Sept.) von Preußen und Holstein besetzt und erst im Frieden von Stockholm 1720 nebst Vorpommern an Preußen abgetreten. Nach der Katastrophe von 1806 ward die Festung 29. Okt. vom General v. Romberg ohne Widerstand den Franzosen übergeben, die sie bis 5. Dez. 1813 besetzt hielten. Durch das Reichsgesetz über den Umbau der deutschen Festungen (19. Mai 1873) ist die Festung S. aufgehoben. Vgl. Thiede, Chronik von S. (Stett. 1849); Berghaus, Geschichte der Stadt S. (Wriezen 1875–76, 2 Bde.); Th. Schmidt, Zur Geschichte des Handels und der Schiffahrt Stettins 1786–1846 (Stett. 1875); K. F. Meyer, S. zur Schwedenzeit (das. 1886); W. H. Meyer, S. in alter und neuer Zeit (das. 1887).

Der Regierungsbezirk S. (s. Karte „Pommern“) umfaßt 12,074 qkm (219,29 QM.) mit (1885) 728,046 Einw. (darunter 709,671 Evangelische, 8871 Katholiken und 6832 Juden) und 13 Kreise:

Kreise QKilom. QMeil. Einwohner Einw. auf 1 qkm
Anklam 648 11,77 31088 48
Demmin 984 17,87 46464 47
Greifenberg 764 13,88 36257 47
Greifenhagen 964 17,51 52158 54
Kammin 1135 20,63 43626 38
Naugard 1228 22,30 55208 45
Pyritz 1045 18,98 43968 42
Randow 1316 23,90 109462 83
Regenwalde 1190 21,61 46036 40
Saatzig 1220 22,16 66688 55
Stettin (Stadt) 60 1,09 99543
Ückermünde 831 15,09 48693 59
Usedom-Wollin 689 12,51 48855 71