MKL1888:Seeräuberei
[811] Seeräuberei (Piraterie), auf offener See von Schiffen (Raub-, Piratenschiffen) unter willkürlicher Flagge und aus eigner Macht ausgeübte Räuberei, namentlich im Gegensatz zur Kaperei (s. d.); Seeräuber (Freibeuter, Flibustier, Korsaren, Piraten), diejenigen, welche Seeraub zu treiben pflegen. Im Altertum wurde die S. als ein gewinn- und ruhmbringendes Gewerbe vielfach betrieben. So waren z. B. die kilikischen Seeräuber, welche Pompejus 67 v. Chr. vernichtete, im Mittelmeer gefürchtet. Später waren vom 8. bis ins 11. Jahrh. die Normannen der Schrecken der abendländischen Küsten; nordafrikanische und griechische Seeräuber durften ihr Wesen selbst bis in die neueste Zeit treiben, und ein gewisser romantischer Nimbus umgab die Flibustier und Bukanier in Westindien. Infolge des Unabhängigkeitskampfes des ehemaligen spanischen Amerika gegen das Mutterland beunruhigten Seeräuber die westindischen und südamerikanischen Gewässer, während solche von persischer und indischer Nationalität im Persischen Meer dem indischen Handel großen Abbruch thaten. Gefürchtete Seeräuber sind gegenwärtig noch die malaiischen Freibeuter im Ostindischen Archipel, wie denn auch an der westafrikanischen Küste von den Aschanti und andern Negervölkern noch S. getrieben wird. Auch die Unterdrückung der chinesischen Seeräuber ist noch nicht vollständig gelungen. Als Völkerrechtsverbrechen darf die S. von jedem seefahrenden Staat geahndet, und auf frischer That überwältigt, darf der Seeräuber sofort vom Leben zum Tod gebracht werden. Sklavenhandel wird nach modernem Seerecht der S. gleich geachtet. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch bezeichnet den Raub auf offener See als besonders strafbaren Fall des Raubes.