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MKL1888:Seehandlung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Seehandlung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Seehandlung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 14 (1889), Seite 804805
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Seehandlung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 804–805. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Seehandlung (Version vom 12.09.2022)

[804] Seehandlung, ein preußisches Geld- und Handelsinstitut, 1772 zu Berlin als Aktiengesellschaft gegründet und auf 20 Jahre mit dem Privilegium ausgestattet, daß nur ihre Schiffe zum Ankauf und Verkauf des Salzes in den preußischen Häfen und Reeden zugelassen werden und ein Vorkaufsrecht auf das die Weichsel abwärts zu führende oder innerhalb des preußischen Gebiets auf 10 Meilen zu beiden Seiten dieses Flusses vorgefundene Wachs haben sollten. Das Betriebskapital betrug anfänglich 1,200,000 Thlr. in 2400 Aktien und wurde 1793, nachdem die Privilegien der Anstalt verlängert waren, auf 1,500,000 Thlr. erhöht. Den Aktionären wurde indessen ein Anrecht auf die Verwaltung nicht gewährt, vielmehr war die Leitung des Instituts ausschließlich in den Händen einer vom Ministerium abhängigen Direktion. Später wurde den Aktionären der Anspruch auf Dividende entzogen und ihnen nur ein fester Zins von 5 Proz. gewährt. Endlich wurden die Aktien 1810 in Staatsschuldscheine und so das Institut in ein reines Staatsinstitut umgewandelt. In der Zeit von 1795 bis 1806 hatte die S. dem Staat bedeutende Vorschüsse geleistet, welche nach der Katastrophe von Jena nicht zurückgezahlt werden konnten. [805] Erst nach 1815 ordneten sich ihre Verhältnisse wieder. Seit 1821 wurde ihr gestattet, ihren Gewinn dem Kapitalvermögen zuzuschlagen, wodurch sie 1829 in den Stand gesetzt wurde, dem Staat seinen Einschuß zurückzuzahlen, so daß sie jetzt ganz mit eignem Vermögen (über 35 Mill. Mk.) arbeitet. In frühern Jahren hat sie vielfach eigne Etablissements gegründet, dieselben aber im Lauf der Zeit veräußert. Ihr Geschäftskreis beschränkt sich jetzt wesentlich auf das Bankgeschäft. Schon 1845 wurde in Flugschriften die S. als eine Anomalie bezeichnet, da sie als Staatsinstitut in das bürgerliche Erwerbsleben übergreife. Seit 1848 stehen ihrem Fortbestand konstitutionelle Bedenken entgegen: ihre Einnahmen und Ausgaben stehen nicht auf dem Staatshaushalt, sie geht Schuldverbindlichkeiten ohne gesetzliche Grundlage ein. Ihre Aufhebung wurde im Abgeordnetenhaus mehrfach in Anregung gebracht; für ihr Fortbestehen wird seitens der Regierung wesentlich der Grund geltend gemacht, daß sie den Staatsbeamten Gelegenheit gebe, sich mit dem Bankgeschäft genau vertraut zu machen. Auch fällt der Umstand schwer ins Gewicht, daß sie dem Staat jährlich 3–4 Mill. Mk. Einnahme zuführt. Die S. steht unter dem Finanzministerium; sie wird von dem Präsidenten der S. geleitet. Vgl. v. Rother, Die Verhältnisse des königlichen Seehandlungsinstituts (Leipz. 1845); Julius, Die S. und das bürgerliche Gewerbsvorrecht (das. 1845).