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MKL1888:Schwind

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schwind“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 775776
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Schwind. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 775–776. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schwind (Version vom 26.12.2022)

[775] Schwind, Moritz von, Maler und Zeichner, geb. 21. Jan. 1804 zu Wien, erhielt nach gewonnener humanistischer Bildung den ersten Unterricht in der Kunst auf der Akademie daselbst und bei Ludwig Schnorr, bildete sich aber zumeist auf eigne Hand und entfaltete eine große Produktivität in Zeichnungen nach Märchen, Opern, in Bildnissen, Illustrationen und Brotarbeiten für Buchhändler. 1827 ging er nach München, wo Cornelius einen solchen Eindruck auf ihn machte, daß er sich 1828 dort niederließ. Hier malte er in der Bibliothek der Königin Szenen aus Tiecks Dichtungen und komponierte Szenen aus dem [776] Leben Karls d. Gr. für die Burg Hohenschwangau, welche X. Glink ausführte. Im J. 1832 begab sich S. nach Rom. Bald heimgekehrt, malte er für den Saal Rudolfs von Habsburg im Königsbau einen figurenreichen Fries. 1838 vollendete er Wandbilder im Schloß Rödigsdorf bei Leipzig, welche die Mythe von Amor und Psyche behandeln, und dasselbe Jahr brachte die Brautfahrt des Ritters Kurt nach Goethe (Kunsthalle zu Karlsruhe), ein Werk, in dem sich der Genius des Künstlers in seiner liebenswürdigen Eigenart darstellt. In den Jahren 1839–44 entstanden die Wand- und Deckenbilder im Antikensaal zu Karlsruhe, die Fresken im Treppenhaus der Kunsthalle, die allegorischen Kompositionen für den Sitzungssaal der badischen Ersten Kammer daselbst und der Vater Rhein (Raczynskische Sammlung zu Berlin). Der Auftrag, für das Städelsche Institut den Sängerkrieg auf der Wartburg zu malen, veranlaßte ihn, 1844 nach Frankfurt überzusiedeln. In demselben Jahr entstand der „Almanach von Radierungen von M. v. S. mit erklärendem Text und Versen von E. Freiherrn von Feuchtersleben“, humoristische Verherrlichungen der Tabakspfeife und des Bechers. Derselben Periode gehören auch die köstlichen kleinen Genrebilder: die Hochzeitsreise (München, Galerie Schack), der Falkensteiner Ritt (Leipzig, städtisches Museum) und die Musikanten oder die Rose (Berlin, Nationalgalerie) an. 1847 wurde er als Professor an die Münchener Akademie berufen und komponierte dort 1849 seine originelle Symphonie nach Beethoven. Daran reihte sich das reichgegliederte Aschenbrödel mit seinen verwandten Nebenbildern aus der Mythe der Psyche und dem Märchen von Dornröschen (1854). Als der Großherzog von Sachsen die Wiederherstellung der Wartburg unternommen, beauftragte er S., daselbst die bedeutendsten Momente aus dem Leben der heil. Elisabeth und einige Szenen aus der thüringischen Sage und Geschichte zu malen. Von diesen Fresken gehören die erstern zu den anmutigsten Schöpfungen Schwinds. Diesen Werken folgte der Todesritt des Kaisers Rudolf nach Speier, der Aquarellencyklus: die sieben Raben und die treue Schwester (1858), durch welchen Schwinds eigentümliche Begabung für die Romantik des deutschen Märchens zum erstenmal allgemeine Anerkennung fand (jetzt im Museum zu Weimar), eine Reihe von Bildern für den Hochaltar der Frauenkirche zu München und farbige Kartons für den Dom zu Glasgow. Mit unerschöpflichem Humor zeichnete S. 1863 in einem über 20 Ellen langen Cyklus wichtige Momente aus dem Leben seines Freundes Franz Lachner und schmückte in demselben Jahr die Pfarrkirche in Reichenhall mit Fresken; 1864 entstanden zehn Kartons für ein Fenster der Michaeliskirche in London, die Heimkehr des Grafen von Gleichen und der Karton: die Zauberflöte, der erste der im neuen Opernhaus zu Wien ausgeführten Kartons nach deutschen Opern, die ihm Gelegenheit gaben, alle seine Lieblingsgestalten aus dem Gebiet der Tonkunst vorzuführen. Dieser Zeit gehören auch geistvolle kunstgewerbliche Entwürfe an. An seinem 66. Geburtstag vollendete er den lieblichen Aquarellencyklus von der schönen Melusine, welcher nächst den sieben Raben sein Hauptwerk ist (kaiserliche Galerie zu Wien). S. starb 8. Febr. 1871 in München. 1855 war er mit seinen Brüdern August, österreichischem Ministerialrat, und Franz, österreichischem Bergrat, in den österreichischen Ritterstand erhoben worden. Schwinds Vorzüge liegen im Rhythmus der Komposition, in durchweg idealer Anschauung, strenger Zeichnung und innigstem Eingehen auf seinen Stoff bei romantisch-poetischer Grundanschauung. Seine Biographie schrieben L. v. Führich (Leipz. 1871), Holland (Stuttg. 1873) und Pecht (in „Deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts“, Bd. 1, Nördling. 1877).