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MKL1888:Schulze-Delitzsch

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schulze-Delitzsch“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Schulze-Delitzsch“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 14 (1889), Seite 660
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Schulze-Delitzsch. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 660. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schulze-Delitzsch (Version vom 28.03.2025)

[660] Schulze-Delitzsch, Hermann, deutscher Politiker und Gründer des deutschen Genossenschaftswesens, geb. 29. Aug. 1808 zu Delitzsch, studierte die Rechte, wurde 1830 Auskultator zu Naumburg, 1838 Assessor am Kammergericht in Berlin und 1841 Patrimonialrichter in seiner Vaterstadt. 1848 in die preußische Nationalversammlung gewählt, schloß er sich dem linken Zentrum an und führte den Vorsitz in der Kommission zur Prüfung der Notstände im Arbeiter- und Handwerkerstand. Auch der aufgelösten Zweiten Kammer von 1849 gehörte er an. Er war einer von den der Steuerverweigerung angeklagten Abgeordneten und führte seine Verteidigung in glänzender Weise. Bei Umgestaltung der preußischen Justizeinrichtungen wurde er an das Kreisgericht in Wreschen versetzt, nahm, da man ihm einen zur Herstellung seiner Gesundheit nachgesuchten Urlaub verweigerte, den Abschied aus dem Staatsdienst und zog sich nach Delitzsch zurück, wo er den ersten Vorschußverein gründete. Er widmete sich von da ab unermüdlich und mit günstigem Erfolg gemeinnützigen Bestrebungen, insbesondere der Förderung des Genossenschaftswesens in Deutschland. Nachdem ihm auf dem ersten Vereinstag deutscher Vorschußvereine zu Weimar 1859 die Leitung des Zentralbüreaus übertragen worden war, blieb er Leiter und Anwalt des Genossenschaftsverbandes bis zu seinem 29. April 1883 in Potsdam erfolgten Tod. Am politischen Leben nahm S. seit 1861 wieder regen Anteil. Damals in das Abgeordnetenhaus gewählt, schloß er sich ebenso wie später im Reichstag, dem er seit 1867 angehörte, der Fortschrittspartei an. Eine Sammlung von 150,000 Mk., die seine Parteigenossen veranstaltet hatten, um sein gemeinnütziges Wirken zu belohnen, bestimmte er zu einer Stiftung, deren Zinsen solchen zuzuwenden seien, die sich durch öffentliches Wirken einer solchen Auszeichnung würdig gemacht haben. Gegen die Lassallesche Bewegung richtete er zwei Schriften: „Kapitel zu einem deutschen Arbeiterkatechismus“ (Leipz. 1863) und „Die Abschaffung des geschäftlichen Risikos durch Herrn Lassalle“ (das. 1866). Von seinen weitern, meist dem Genossenschaftswesen gewidmeten Schriften erwähnen wir noch: „Associationsbuch für deutsche Handwerker und Arbeiter“ (Leipz. 1853); „Die arbeitenden Klassen und das Associationswesen in Deutschland“ (2. Aufl., das. 1863); „Vorschuß- und Kreditvereine als Volksbanken“ (5. Aufl., das. 1876); „Wanderbuch“ (2. Aufl., Glog. 1859); „Anweisung für Vorschuß- und Kreditvereine“ (Leipz. 1870); „Die Entwickelung des Genossenschaftswesens“ (Berl. 1870); „Die Genossenschaften in einzelnen Gewerbszweigen“ (mit F. Schneider, Leipz. 1873). Seit 1859 gab er den „Jahresbericht der Vorschuß- und Kreditvereine“ heraus. Aus seinem Nachlaß erschien der Roman „Die Philister“ (Berl. 1885, 2 Bde.). Vgl. Bernstein, Schulze-Delitzsch’ Leben u. Wirken (Berl. 1879).