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MKL1888:Schleicher

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schleicher“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Schleicher“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 14 (1889), Seite 507
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Schleicher. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 507. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schleicher (Version vom 29.09.2021)

[507] Schleicher, August, berühmter Sprachforscher, geb. 19. Febr. 1821 zu Meiningen, studierte in Leipzig, Tübingen und Bonn zuerst Theologie, dann die orientalischen und altklassischen Sprachen, habilitierte sich 1846 in Bonn als Privatdozent für vergleichende Sprachforschung und kam 1850 infolge seiner bereits berühmt gewordenen Kenntnis der slawischen Sprachen als Professor nach Prag, von wo aus er 1852 eine sehr ergebnisreiche Reise nach Litauen zur Erforschung der altertümlichen und für die Aufhellung der übrigen indogermanischen Sprachen besonders wichtigen litauischen Sprache unternahm. Vielfache Anfeindungen von seiten tschechischer Agitatoren bewogen ihn 1857, seine Stelle in Prag niederzulegen, worauf er als Honorarprofessor nach Jena ging. Hier starb er 6. Dez. 1868. Seine wichtigsten Werke sind: „Zur vergleichenden Sprachengeschichte“ (Bonn 1848); „Die Sprachen Europas in systematischer Übersicht“ (das. 1850); „Formenlehre der kirchenslawischen Sprache“ (das. 1852); „Handbuch der litauischen Sprache“ (Prag 1856–57, 2 Tle.); „Die deutsche Sprache“ (Stuttg. 1860, 5. Aufl. 1888); „Kompendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen“ (Weim. 1861, 4. Aufl. 1876); „Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft“ (das. 1863, 3. Aufl. 1873), worin S. Darwins Stammbaum der Arten einen Stammbaum der Sprachen zur Seite stellte; „Litauische Märchen, Sprichwörter, Rätsel und Lieder“ (das. 1857); „Indogermanische Chrestomathie“ (mit Ebel, Leskien und Joh. Schmidt, das. 1869). Zahlreiche wertvolle Aufsätze veröffentlichte er in Zeitschriften, namentlich in den von ihm mit A. Kuhn (s. d. 2) begründeten „Beiträgen zur vergleichenden Sprachforschung etc.“ Die Sprachwissenschaft verdankt Schleichers Schriften eine nachhaltige und tiefgreifende Förderung. In zahlreichen Einzeluntersuchungen, die sich durch strenge und besonnene Methode auszeichnen, löste er eine Reihe der schwierigsten Probleme der Etymologie und vergleichenden Grammatik; dem Anfänger in der vergleichenden Sprachforschung lieferte er vortrefflich geordnete Lehrbücher; auf größere Kreise wirkte er durch seine gediegenen populären Schriften. Dagegen haben seine allgemeinen Ansichten über das Wesen der Sprache, das er mit dem Leben der Pflanze verglich, und über die Aufgabe der Sprachwissenschaft, die er als eine Naturwissenschaft betrachtete, zwar einige Anhänger, aber keinen bleibenden Beifall gefunden. Vgl. Lefmann, August S. (Leipz. 1870).