MKL1888:Riesenwuchs
[769] Riesenwuchs, krankhafter (Akromegalie), zuerst von dem französischen Arzt Marie beschriebene Abnormität, bestehend in meist im jugendlichen oder mittlern Lebensalter auftretendem exzessiven Wachstum der Hände, Handgelenke und Vorderarme sowie der Füße, Sprunggelenke und Unterschenkel. Der R. beruht auf abnormem Wachstum der betreffenden Knochen, verbunden mit Bindegewebs- und Haargefäßwucherung. Charakteristisch ist auch die tatzenartige Form der Riesenhände, die dicken, oft kolbig aufgetriebenen Finger, die verbreiterten, gerieften Fingernägel, die an Elefantiasis erinnernde Formveränderung der Unterschenkel, Füße und Zehen. Im Gesicht äußert sich der R. durch Vergrößerung der Nase und Lippen, durch Hängen der gewulsteten Unterlippe und Hervortreten des stark entwickelten Unterkiefers. Ferner fällt auf die Vergrößerung der Zunge und die dadurch bedingte undeutliche Sprache, die längsovale Form des Gesichts und eine durch Veränderungen an der Wirbelsäule hervorgerufene gebückte Haltung. Am Schädel findet sich gewöhnlich ein Vorspringen der Knochennähte und ewe Vergrößerung der Knochenleisten. Die Knochenteile, welche die Augenhöhle begrenzen, sind meist aufgetrieben, die Augenlider verlängert und dicker als im Normalzustand, zugleich bräunlich pigmentiert. Vergrößerung der Thymusdrüse und des Hirnanhanges (Hypophysis cerebri) ist häufig nachweisbar. Die Analogie zwischen dem Kieferwachstum der Akromegalischen und der Anthropoiden berechtigt nach Freund zu der Auffassung des Riesenwuchses als eines auf Atavismus beruhenden Vorganges. Nicht zu verwechseln ist die Akromegalie, das partielle Riesenwachstum, mit dem allgemeinen R. Vgl. Freund, Über Akromegalie (Leipz. 1890).