MKL1888:Registrierapparate
[663] Registrierapparate, Vorrichtungen, durch welche Beobachtungen von Naturerscheinungen zugleich mit den entsprechenden Beobachtungszeiten aufgezeichnet werden. Weit verbreitet sind die elektromagnetischen R., von denen als einfachstes Beispiel die elektromagnetisch registrierende Uhr (Chronograph) angesehen werden kann, und durch deren Anwendung eine große Genauigkeit der astronomischen Zeitbestimmungen erreicht wird. Mit jedem Schlag des Pendels einer astronomischen Uhr wird eine galvanische Kette geschlossen, in deren Schließungsbogen ein dem Morseschen Telegraphen ähnlicher Schreibapparat eingeschaltet ist; der Stift des letztern verzeichnet bei jedem Sekundenschlag einen Punkt auf einem durch ein Uhrwerk mit gleichförmiger Geschwindigkeit fortbewegten Papierstreifen. Außer diesem Schreibapparat, welcher die einzelnen Sekunden markiert, ist noch ein zweiter ähnlicher Apparat angebracht, dessen Stift gegen den Papierstreifen gedrückt wird, sobald der Beobachter durch Niederdrücken einer Taste einen zum zweiten Apparat gehörigen galvanischen Strom schließt. So erhält man auf dem Papierstreifen neben der Reihe der Sekundenpunkte eine Reihe von Beobachtungspunkten. Soll z. B. der Augenblick des Meridiandurchganges eines Sterns bestimmt werden, so blickt der Beobachter durch das Mittagsrohr und legt den Finger auf die Taste, welche er niederdrückt, sobald der Stern am Fadenkreuz erscheint. Steht nun der Beobachtungspunkt zwischen zwei Sekundenpunkten, so kann mit dem Zirkel seine Entfernung von dem vorhergehenden Sekundenpunkt gemessen und danach bestimmt werden, wieviel Zehntel- und Hundertstelsekunden zu der vorhergehenden Sekunde noch hinzukommen. Statt des Papierstreifens wird auch nach dem Vorgang von Lamont ein mit Ruß geschwärzter Metallcylinder benutzt, der durch ein Uhrwerk mit gleichförmiger Geschwindigkeit um seine horizontale Achse gedreht und zugleich, vermöge eines auf dieser Achse eingeschnittenen Schraubengewindes, in der Richtung der Achse fortgeschoben wird; die Sekundenpunkte liegen demnach auf einer um den Cylinder gewundenen flachen Schraubenlinie (vgl. Lamont, Beschreibung der an der Münchener Sternwarte verwendeten neuen Instrumente und Apparate, Münch. 1851). Selbstregistrierende Apparate, welche die Witterungsbeobachtungen fortlaufend aufzeichnen, sind für die Meteorologie von großer Bedeutung. Aus der großen Anzahl dieser Instrumente sei der von R. Fueß nach A. Sprungs Prinzip konstruierte Wagebarograph als Beispiel hervorgehoben (Fig. 1). Auf der einen Seite eines Wagebalkens hängt an dem Hebelarm L ein Barometer B, welches je nach dem verschiedenen Stande des Quecksilbers ein verschiedenes Drehungsmoment verursacht. Diesen Änderungen im Drehungsmoment wird auf der andern Seite des Wagebalkens durch selbstthätige Verschiebung eines Laufgewichts R das Gleichgewicht gehalten und gleichzeitig der Stand des letztern durch den Schreibstift S auf einer mit Papier überzogenen Messingtafel T aufgezeichnet. Die Messingtafel ist mit einer vertikalen
Fig. 1. Wagebarograph von Fueß-Sprung. | |
Zahnstange versehen und sinkt infolge ihrer Schwere von oben nach unten, wodurch sie ein Uhrwerk treibt. Dieses bewegt eine vertikale Triebstange t, deren oberes Ende vermöge eines zweiarmigen, in h drehbaren Hebels, welcher zugleich einen Eisenanker a trägt, ein wenig von links nach rechts verschoben werden kann. Dadurch ist es erreicht, daß ein am obern Ende der Triebstange t befestigtes konisches Zahnrad bald auf das linke, bald auf das rechte von zwei ebensolchen konischen Zahnrädern wirkt. Diese beiden Räder sind mit einer horizontalen, unter dem längern linken Arm des Wagebalkens hinlaufenden [664] Stahlschraube cc′ fest verbunden und bewirken, je nachdem das rechte oder das linke Rad durch das an dem obern Ende der Triebstange t befindliche in Bewegung gesetzt wird, eine Rotation der Stahlschraube cc′ nach der einen oder der andern Seite. Je nach der Richtung dieser Rotation wird eine Vorrichtung v, welche sowohl auf der Stahlschraube aufliegt, als auch durch eine hinter letzterer angebrachte Schiene sicher geführt wird, nach rechts oder nach links verschoben und diese Bewegung gleichzeitig auf den mit v fest verbundenen Schreibstift S und das Laufrad R übertragen. Die Verbindung zwischen dem Aufsatzstück v und dem Laufrad R ist durch einen vollständig äquilibrierten kleinen Wagebalken hergestellt, so daß R stets mit seinem vollen Gewicht auf dem längern Arm des Wagebalkens l′ ruht. Die Figur stellt die Triebstange t in derjenigen Lage dar, in welcher sie, durch eine Feder f auf das rechte der beiden konischen Räder wirkend, das Laufrad nach links treibt und dadurch das Drehungsmoment der linken Seite vergrößert. Nach einer sehr kleinen Verschiebung des Laufrades führt deshalb l′ eine durch die beiden Schrauben s und s′ in minimale Grenzen eingeschlossene Bewegung nach unten aus und schließt dadurch bei e durch einen Quecksilberkontakt einen elektrischen Strom, der durch den Elektromagnet E geht. Dieser zieht den Anker a an, überwindet die Spannkraft der Feder f, bewegt dadurch die Triebstange t nach links, so daß sie auf das linke konische Rad wirkt und das Laufrad R nach rechts bewegt. Dadurch wird das Drehungsmoment der linken Seite verkleinert, der linke Arm des Wagebalkens hebt sich, bis er an die Schraube s anstößt, und indem der elektrische Strom bei e unterbrochen wird, tritt wieder die entgegengesetzte Bewegung des Laufrades ein etc. Bei konstantem Gewicht des Barometers B wird daher der Schreibstift S eine Zickzacklinie zeichnen, deren Mittellinie derjenigen Geraden, welche durch einen andern, fest am Gerüst des Instruments angebrachten Schreibstift S′ erzeugt wird, parallel ist. Ein größeres oder kleineres Gewicht des Barometers wird zur Folge haben, daß S eine mehr links oder mehr rechts gelegene vertikale Zickzacklinie zeichnet. Findet die Veränderung des Barometergewichts allmählich statt, so gelangt auch der Schreibstift S allmählich von rechts nach links oder von links nach rechts und zwar dadurch, daß das rechte der beiden konischen Räder länger funktioniert als das linke oder das linke länger als das rechte.
Vernachlässigt man den Einfluß der Temperatur, so sind die Verschiebungen des Laufrades mit den Gewichtsänderungen des Barometers und daher auch nahezu mit den Änderungen des Luftdrucks proportional. Die von dem Schreibstift S gezeichnete Kurve gibt daher ohne jede Reduktion ein fast vollständig treues Bild der Änderungen des Luftdrucks, und mit Hilfe einer äquidistant geteilten Glasskala, bei deren Herstellung die Konstanten des Instruments berücksichtigt sind, können die Barometerstände unmittelbar abgelesen werden. Die am linken Arm des Wagebalkens angebrachte Gewichtsschale g hat den Zweck, durch verschiedene Belastung den Schreibstift S auf eine beliebige Stelle der Papiertafel T einzustellen und dadurch die mehrmalige Benutzung einer und derselben Papiertafel möglich zu machen. – Bei einzelnen Registrierapparaten ist die Benutzung eines elektrischen Stroms vollständig vermieden und ist, wie z. B. bei dem Registrierthermometer (Thermograph) von Hipp, eine rein mechanische Registriermethode zur Anwendung gebracht. Noch ein andres Prinzip ist bei den photographischen Registrierapparaten benutzt worden. Bei einem nach diesem Prinzip konstruierten Thermographen wird ein mit lichtempfindlichem
Fig. 2. Photographische Registriermethode. | |
Papier überzogener Cylinder A (Fig. 2) durch ein Uhrwerk in 24 Stunden einmal um seine Achse gedreht; dicht an demselben befindet sich ein Quecksilberthermometer B, dessen Säule durch eine kleine Luftblase b unterbrochen ist, welche mit dem Quecksilber sich hebt u. senkt. Wird nun alles Licht von dem Papierstreifen ausgeschlossen, mit Ausnahme desjenigen, welches durch die Luftblase dringt, so zeichnet letzteres auf dem empfindlichen Papier, wenn der Cylinder sich dreht, eine krumme Linie, deren Hebungen u. Senkungen denjenigen der Temperatur entsprechen. Fig. 3 zeigt in schematischem Grundriß die Einrichtung des Photopsychrographen des Observatoriums in Kew, welcher auf
Fig. 3. Schema eines Photopsychrographen. | |
derselben Papiertrommel unmittelbar übereinander die gleichzeitigen Angaben eines trocknen u. eines feuchten Thermometers (Psychrometers, s. Hygrometer) verzeichnet. Nach den vorstehend erwähnten Prinzipien, die noch vielfach modifiziert sind, hat man die verschiedensten meteorologischen R. konstruiert und zwar, außer den Barographen zur Registrierung des Luftdrucks, Hygrometrographen zu der der Luftfeuchtigkeit, Anemographen (s. Anemometer) zur Notierung der Windrichtung und -Stärke, Ombrographen (s. Regenmesser) zur Aufzeichnung der Regenverhältnisse; zuweilen hat man auch alle diese Vorrichtungen zu einem einzigen Gesamtapparat (Meteorograph, s. d.) vereinigt und dadurch Universalregistrierapparate erhalten, von denen z. B. der Typendruckapparat von Theorell aus dem österreichischen Zentralobservatorium in Hohewarte bei Wien in Thätigkeit ist. Auch Elektrographen [665] und Magnetographen zur Registrierung des Ganges der Luftelektrizität und der erdmagnetischen Variationen sind ausgeführt worden. Vgl. Stein, Das Licht im Dienst wissenschaftlicher Forschung (2. Aufl., Leipz. 1884 ff.).