Zum Inhalt springen

MKL1888:Rademacher

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Rademacher“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Rademacher“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 13 (1889), Seite 537538
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Rademacher. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 537–538. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Rademacher (Version vom 09.12.2023)

[537] Rademacher, Johann Gottfried, Mediziner, geb. 4. Aug. 1772 zu Hamm in der Grafschaft Mark, studierte zu Jena und Berlin, lebte seit 1797 in Goch an der holländischen Grenze als praktischer Arzt und starb hier 7. Febr. 1849. Die Lehren Rademachers, deren Grundgedanken er selbst auf die alten scheidekundigen Geheimärzte und vor allen auf Paracelsus zurückführt, bezweckten einen vollständigen Umsturz der bisherigen Heilwissenschaft. Die Krankheit ist nach R. ein für den Verstand unerforschliches Ergriffensein des Lebens; dieselbe äußert sich als Krankheitsform in der Funktionsstörung einzelner Organe; das Wesen der Krankheit wird allein erkannt durch den Effekt der gegen sie angewandten Mittel. Diese zerfallen in Universalmittel und Organmittel, je nachdem sie auf den ganzen Körper oder nur auf ein einzelnes Organ wirken sollen. Es gibt drei Arten universeller Krankheiten, weil es drei Universalmittel (Kupfer, Eisen, Salpeter) gibt, und gegen jede Organkrankheit gibt es auch ein Kraut oder Mineral. Das Suchen nach Spezifika für jede Krankheit ist der Angelpunkt der Rademacherschen Medizin; „der ungenügendste aller Wege, die zur Erkenntnis von Krankheit führen, der aus den Heilmitteln (ex juvantibus), wird als einzig berechtigter erklärt“. Mögen Krankheitserscheinungen auf ein Magenleiden hinweisen, mag dieses durch den Leichenbefund erwiesen werden, haben aber bei Anwendung eines Lebermittels sich die Erscheinungen gebessert, so muß nach R. das Urleiden unter allen Umständen in der Leber, auch wenn dieselbe anatomisch ganz gesund erscheint, gesucht werden. Trotz ihrer völligen Sinnlosigkeit gewann diese „Erfahrungsheillehre“ zahlreiche Anhänger unter den zeitgenössischen deutschen Ärzten. Die Rademachersche Lehre ist niedergelegt in der „Rechtfertigung [538] der von den Gelehrten mißkannten, verstandesrechten Erfahrungsheillehre der alten scheidekünstigen Geheimärzte“ (4. Ausg., Berl. 1852, 2 Bde.). Vgl. Jürgensen, Die wissenschaftliche Heilkunde und ihre Widersacher (Leipz. 1877).