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MKL1888:Raczynski

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Raczynski“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Raczynski“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 13 (1889), Seite 535
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Raczynski. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 535. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Raczynski (Version vom 06.02.2022)

[535] Raczynski (spr. ratsch-), poln. Adelsgeschlecht, das ursprünglich Natecz hieß, eins der ältesten Dynastengeschlechter ist und gegenwärtig in einer jüngern (katholischen) Posener und einer ältern (evangelischen) kurländischen Linie blüht. Der erstern gehören an:

1) Edward, Graf, Sohn des poln. Generals Philipp R., geb. 1786 zu Posen, studierte in Frankfurt a. O., trat 1807 unter die polnischen Fahnen und machte als Hauptmann die Kriege von 1807 und 1809 mit. Nachdem R. Schweden und Lappland besucht, unternahm er 1814 eine größere Reise nach der Türkei und Kleinasien, die er in einem mit Kupfern ausgestatteten Werk (deutsch von van der Hagen, Berl. 1828) beschrieb. Von seinen meist aus Archiven geschöpften Werken sind hervorzuheben: „Briefe des Königs Joh. Sobieski an seine Gemahlin während des Feldzugs vor Wien“ (deutsch von Öchsle, Heilbr. 1827); „Denkwürdigkeiten zur Regierung des Königs Stephan Báthori“, denen „Memoiren Passeks“ (deutsch von Steffens, Bresl. 1838), Memoiren des Fürsten Albert Radziwill, der diplomatische Kodex von Großpolen, die Reisen des Kopec, die Memoiren zur Regierungsgeschichte Johann Kasimirs, die „Obraz polakow i polski“ mit den Memoiren von Wybicki, Kitoczi und Kolontaj folgten; ferner das polnisch und französisch erschienene Prachtwerk „Gabinet medalow polskich“ (Bd. 1 u. 2, Berl. 1845; Bd. 3 u. 4, Pos. 1841–43) und die mit einem prächtigen Atlas ausgestatteten „Erinnerungen an Großpolen“. Für den Posener Dom ließ er von Rauch die Bildsäulen der Könige Mieczyslaw und Boleslaw Chrobry fertigen. Seine namentlich für die polnische Litteratur wichtige Bibliothek von 21,000 Bänden schenkte er nebst einem großen Gebäude der Stadt Posen. In einem Anfall von Melancholie erschoß er sich 20. Jan. 1845 im Garten seines Landguts Rogalin mit einem Böller.

2) Athanasius, Graf, Bruder des vorigen, geb. 2. Mai 1788 zu Posen, trat in preußische Staatsdienste, ward 1830 Geschäftsträger in Kopenhagen, 1841 Gesandter in Lissabon, 1848–52 in Madrid und lebte seitdem zu Berlin, wo er 21. Aug. 1874 starb. Auf seinen zahlreichen Reisen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz sammelte er eine Galerie von Gemälden alter und neuerer Meister, die nach seinem Tod laut Testamentsbestimmung in die Verwaltung des preußischen Staats überging, nachdem sein Palais am Königsplatz wegen des Baues des Reichstagsgebäudes niedergerissen worden, und in der Nationalgalerie aufgestellt wurde. Er gab heraus: „Histoire de l’art moderne en Allemagne“ (Par. 1836–41, 3 Bde. mit Kupfern; deutsch von Hagen, Berl. 1836–41); „Les arts en Portugal“ (Par. 1846) und „Dictionnaire historico-artistique du Portugal“ (das. 1847). Vgl. v. Donop, Verzeichnis der gräflich Raczynskischen Kunstsammlungen (Berl. 1886).