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MKL1888:Proudhon

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Proudhon“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Proudhon“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 13 (1889), Seite 424
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Proudhon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 424. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Proudhon (Version vom 03.04.2024)

[424] Proudhon (spr. prudóng), Pierre Joseph, franz. Sozialist, geb. 15. Juli 1809 zu Besançon als Sohn eines armen Handwerkers. Ursprünglich Schriftsetzer, bildete er sich autodidaktisch weiter. Nachdem er 1837 für eine Schrift: „Essai de grammaire générale“, von der Akademie zu Besançon ein Stipendium auf drei Jahre erhalten, gründete er 1839 in seiner Vaterstadt eine eigne Druckerei. Doch wurde ihm das Stipendium wieder entzogen, als er in der Schrift „Qu’est-ce que la propriété?“ (Besanç. 1840; deutsch, Bern 1844) diese Frage mit dem bereits von Brissot 1780 ausgesprochenen Gedanken „Eigentum ist Diebstahl“ beantwortete. Von da ab veröffentlichte P. eine große Anzahl von Schriften über soziale Gegenstände. Die wichtigste derselben ist das „Système des contradictions économiques, ou Philosophie de la misère“ (Par. 1846 u. öfter, 2 Bde.; deutsch von K. Grün, Darmst. 1847). In dieser Schrift liefert P., welcher vorzüglich Kant und Hegel studiert hatte und sich die Hegelsche Dialektik anzueignen versuchte, eine Kritik rechtsphilosophischer und nationalökonomischer Grundbegriffe. Er bekämpft den Sozialismus und insbesondere den Kommunismus ebensowohl wie die herrschende Volkswirtschaftslehre, ohne jedoch selbst eine Lösung der Widersprüche zu bieten. Die Gesellschaft sollte nach P. auf dem System der Gerechtigkeit und der billigen Gegenseitigkeit (daher Mutualismus, s. d.) aufgebaut werden, an Stelle der Zwangsgewalt des Staats sollte eine einfache staatenlose Regierung der Vernunft (Anarchie) treten. Bei einer allzu bizarren Darstellungsweise ergeht sich P. gern in sophistischen Schlußfolgerungen, indem er unter anderm häufig ein und dasselbe Wort zur Bezeichnung verschiedener Begriffe verwendet. Die erwähnte Schrift gab K. Marx (s. d.) Veranlassung zur Veröffentlichung einer Schrift, betitelt: „Das Elend der Philosophie“ (1847). Im J. 1848 wurde P., der sich eifrig der Politik zugewandt hatte, zum Abgeordneten des Seinedepartements gewählt, ohne jedoch den von ihm gehegten Erwartungen zu entsprechen. Er widmete sich deshalb wieder mehr der schriftstellerischen Thätigkeit, gab je für kurze Zeit hintereinander vier verschiedene Journale heraus, gründete 1849 eine Volksbank, durch welche der Kredit unter Beseitigung des Zinses und mit Ausgabe von Kreditscheinen auf Gegenseitigkeit organisiert werden sollte, ein Ziel, das, weil unerreichbar, auch nicht erreicht wurde. 1850 wegen Preßvergehen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, entzog sich P. anfänglich der Strafe durch die Flucht, stellte sich aber später wieder; bald darauf abermals verurteilt, entfloh er nach Belgien, kehrte 1860 als Amnestierter nach Paris zurück und starb 19. Jan. 1865 in Passy. Seine Werke erschienen gesammelt in 33 Bänden (Par. 1868–76), darunter 7 Bände nachgelassener Schriften; seine „Correspondance“ veröffentlichte Langlois (das. 1874, 14 Bde.). Vgl. Sainte-Beuve, P., sa vie et sa correspondance 1838–48 (Par. 1872); v. Putlitz, P., sein Leben und seine positiven Ideen (Berl. 1881).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 747
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[747] Proudhon, Pierre Joseph, franz. Sozialist. Vgl. noch Diehl, P. J. Proudhon. Seine Lehre und sein Leben (Jena 1888–90, 2 Tle.).