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MKL1888:Plāton

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Plāton“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 122124
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Plāton. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 122–124. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pl%C4%81ton (Version vom 05.05.2023)

[122] Plāton, neben Aristoteles der größte unter den Philosophen des Altertums, wurde 429 v. Chr. zu Athen in vornehmer Familie geboren. Sein Vater Ariston gehörte dem berühmten Geschlecht des Kodros an, und seine Mutter Periktione konnte sich der Verwandtschaft mit den Nachkommen Solons rühmen. Anfänglich Dichter, wendete sich P. der Philosophie zu und soll den ersten philosophischen Unterricht von Kratylos, einem Herakliteer, erhalten haben. Entscheidend für seine ganze spätere Thätigkeit wurde seine Bekanntschaft mit Sokrates, dessen Anleitung und Umgang er von 408 bis zu dem Tode desselben (399) genoß. Das Märtyrertum desselben, bei welchem er jedoch nicht zugegen war, machte auf ihn einen erschütternden Eindruck und gab seinem Philosophieren jene sittlich feste Richtung, durch welche er sich den Sophisten seiner Zeit gegenüber auszeichnete. Nach Sokrates’ Tod ging er nach Megara zu Eukleides, wurde daselbst mit der eleatischen Philosophie bekannt und begab sich auf Reisen, die ihn nach Kyrene, Ägypten, Kleinasien, Großgriechenland, wo er die Philosophie der Pythagoreer kennen lernte, und nach Sizilien führten, wo er mit Dion, dem Schwager des ältern Dionysios, einen Freundschaftsbund schloß. In seinem 40. Lebensjahr nach Athen zurückgekehrt, begründete er daselbst eine philosophische Schule, die von der Örtlichkeit, dem Garten des Akademos, den Namen Akademie führte. Seine Lehrweise soll dialogisch gewesen, allmählich jedoch der akroamatischen näher gekommen sein. Seine von da an bis zu seinem Lebensende fortgesetzte Lehrthätigkeit wurde durch zwei weitere sizilische Reisen unterbrochen, durch welche P. nach dem Tode des ältern Dionysios seinen Staatsidealen in Syrakus vergebens Boden zu verschaffen versuchte. Sein Tod erfolgte 347 (nach Seneca an seinem 82. Geburtstag); bestattet wurde P. am Kerameikos in der Nähe der Akademie, wo noch Pausanias sein Grabmal sah. Seine Schriften (44 in 64 Büchern, die unechten mitgezählt) sind vollständig auf uns gekommen. Ihre keineswegs zufällige, sondern aus der von Sokrates überkommenen Tendenz, zu eigner Forschung abzuleiten, entsprungene Darstellungsform ist die dialogische. Fast keine einzige derselben ist rücksichtlich ihrer Echtheit unbestritten geblieben. Für ihr Verständnis gilt der Grundsatz, daß sie nicht (wie die Aristotelischen) ein fertiges System in seinen verschiedenen Teilen darstellen, sondern eine steigende Reife und Vertiefung nachweisen, und zwar nicht bloß eine methodische Steigerung für die Lernenden (Schleiermachers Ansicht), sondern verschiedene Entwickelungsstufen des Lehrenden (K. F. Hermanns Ansicht). Letztere scheint die Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Ihr zufolge werden drei Perioden der schriftstellerischen Entwickelung Platons angenommen. Man unterscheidet die Zeit bis bald nach dem Tode des Sokrates, dann die des Aufenthalts in Megara und der nächsten Reisen und endlich diejenige von der Gründung der Akademie bis zu Platons Tod. In der ersten ist P. noch durchaus Sokratiker; der Inhalt der Gespräche (Apologie, Lysis, Charmides, Laches, Meno, Gorgias u. a.) ist die Untersuchung ethischer Begriffe, ihre Methode die Induktion, ihre Tendenz Feststellung von Begriffen als dem Wesen der Gegenstände. Die zweite Periode umfaßt die sogen. dialektischen Dialoge, in welchen im Gegensatz gegen die Sophisten und im Einklang mit den Eleaten ein Reich des objektiv Gewissen und wahrhaft Wirklichen (der Ideen) gewonnen werden soll. Dahin gehören der Theätet, der Sophistes, Politikos und Parmenides. In der dritten Periode werden vom Standpunkt der erreichten Ideenlehre die einzelnen philosophischen Wissenschaften (Physik, Ethik, Politik etc.) bearbeitet und der Versuch zu einer einheitlichen Zusammenfassung des Ganzen gemacht. In diese fallen, gleichsam als „Vorwort und Einleitung“, der Phädros und das Gastmahl, dann der Phädon, Philebos, die Republik, Timäos und die Gesetze. Die Schriften der ersten beiden Perioden stellen den epagogischen Weg, auf welchem P. selbst zu seiner eigentümlichen Philosophie (der Ideenlehre) gelangte, die der letzten den konstruktiven Weg dar, auf welchem P. die Gesamtheit des menschlichen Wissens aus dieser abzuleiten versuchte. Von den Alten sind dieselben teils in Trilogien (Aristophanes von Byzanz), teils in Tetralogien (Thrasyllos) zusammengestellt; von den Neuern ist deren Reihenfolge sehr verschieden bestimmt worden. Durch Aristoteles als echt bezeugt sind die Schriften: Republik, Timäos, Gesetze, Phädon, Phädros, Gastmahl, Meno, Gorgias, Hippias (minor), Menexenos, Theätet, Philebos, Sophistes, Politikos, Apologie des Sokrates, Lysis, Laches, Protagoras und Euthydemos. Außerdem gelten (nach Schleiermacher) für echt: Parmenides (Überweg hält diesen für unecht), Charmides, Euthyphron, Kriton, Kratylos, Kritias, als unecht (oder halbecht): Ion, Hipparch, Alkibiades I. und II., Theages, Erastä, Hippias (major) und Klitophon. Die frühsten Schriften verfaßte P. (nach Überweg) wohl noch vor dem Tode des Sokrates, den Phädros 386 oder 385, das Gastmahl 385 oder 384, dann in dem Zeitraum von 382 bis 367 die Republik, den Timäos und Phädon, gegen das Ende seines Lebens die Schrift über die Gesetze (den zweitbesten Staat), welche die Durchführbarkeit seines Staatsideals im Leben darthun sollte. Ausgaben sind: die lateinische von Marsilius Ficinus (Flor. 1483–84); die griechische von Aldus Manutius (1513); später von Stephanus mit lateinischer Übersetzung (Par. 1578, 3 Bde.; die Seitenzahlen dieser Ausgabe werden auch neuern Ausgaben beigedruckt); neuere Ausgaben: Zweibrücken 1781–87, die von Bekker (Berl. 1816–23, 10 Bde.), von Ast (Leipz. 1819–32, 11 Bde.), von Stallbaum (das. 1836–75, 10 Bde.), von Orelli und Baiter (Zürich 1839–42, 2 Bde.; kleinere Ausg. 21 Bdchn.; mehrfach aufgelegt), in der Engelmannschen Sammlung (mit Übersetzung, Leipz. 1841–81, 26 Tle.), von Hermann (neue Ausg., das. 1873, 6 Bde.), griechisch und lateinisch von Schneider (Par. 1846–56, 2 Bde.; Bd. 3 von Dübner 1874), Schanz (das. 1875 ff.). Übersetzungen lieferten Schleiermacher (3. Aufl., Berl. 1855–62, 3 Bde.), Müller (Leipz. 1850–66, 8 Bde.), Auswahl von Eyth u. a. (Stuttg. 1868, 3 Bde.).

[123] Die Platonische Philosophie selbst ist so wenig wie irgend eine andre Erscheinung in der Geschichte der Philosophie gleich Pallas aus Zeus’ Haupt entsprungen, sondern durch Aneignung und Fortbildung der Vorgänger entstanden. P. hat schon vor seinem Bekanntwerden mit Sokrates durch seinen Lehrer, den Herakliteer Kratylos, Anregungen aus der Schule des „ewigen Flusses“; nach dem Tode des Sokrates durch seinen Aufenthalt in Megara und seine Bekanntschaft mit der eleatischen Philosophie solche aus der Schule des „ewigen Seins“ empfangen. Durch beide wurde er bestimmt, im Gegensatz zu Sokrates, welcher im Kampf gegen die Sophisten die logischen und ethischen Probleme vorangestellt hatte, wieder auf die metaphysischen zurückzugehen und an die Spitze der Philosophie nicht sowohl die Frage nach dem Wahren und Guten, als nach dem wahrhaft Wirklichen (dem schlechthin Seienden) zu stellen. Erstere sollten dadurch keineswegs beseitigt oder zurückgesetzt, sondern vielmehr mit der letztern auf das innigste verschmolzen werden. Das Mittel dazu bot die Sokratische Lehre vom Begriff, welche dieser der Leugnung eines allgemeinen Wahren und Guten durch die Sophisten entgegengestellt hatte. Der Begriff als Zusammenfassung der allen Gliedern einer Art gemeinsamen Merkmale ist ein Unveränderliches und Bleibendes, das allen individuell verschiedenen Auffassungen desselben, wie der Gattungscharakter allen individuell verschiedenen Exemplaren der Gattung, zu Grunde liegt. Derselbe besitzt (als Bleibendes) diejenige Eigenschaft, welche sowohl Herakliteer, die das „Anderswerden“, als Eleaten, welche die „Unveränderlichkeit“ für das Bleibende erklären, als Wesen des Seienden ansehen. Derselbe besitzt aber ferner (als „Einheit der Vielheit“) jene Eigenschaften vereinigt, deren jede für sich von einer der beiden entgegengesetzten Schulen (von den Eleaten die „Einheit ohne Vielheit“, von den Herakliteern die „Vielheit ohne Einheit“) als Wesen des Seienden ausgegeben wird. Durch erstere Bemerkung wird P. veranlaßt, den „Begriff“ (das Allgemeine, die Gattung) für das wahrhaft Seiende zu erklären. Letztere Bemerkung führt ihn dahin, jedes wahrhaft Seiende als eine „Vereinigung von Gegensätzen“, als eine „Harmonie“, anzusehen. Da nun nach Sokrates der Begriff allein Wissen (Wahrheit), das Gute (die Tugend) aber „lehrbar“, also selbst Wissen (Begriff) ist, so fallen, nachdem der Begriff durch P. zum allein wahrhaft Seienden erhoben worden ist, die Umfänge des Wahren und Guten (also des Vernünftigen einer-) und des Seienden (des Wirklichen anderseits) in Eins zusammen. Dieses Vernünftige, welches wirklich, und Wirkliche, welches vernünftig ist (das realisierte Vernünftige), nennt P. Idee und macht es zum ausschließlichen Gegenstand seiner Philosophie als Ideenlehre. Dasselbe ist jedoch keineswegs ein einziges (wie das Sein der Eleaten), sondern da es der Begriffe viele gibt (z. B. Begriff des Guten, des Schönen, der Seele, des Staats etc.) und die Ideen eben nichts andres als hypostasierte Begriffe sind, so muß es nicht nur viele Ideen geben, sondern dieselben müssen auch untereinander (wie es bei den Begriffen der Fall ist) in mannigfachen Verhältnissen der Über- und Unterordnung, Begründung und Abfolge etc. zu einander stehen, und es muß eine Idee geben, welche als „Sonne im Ideenreich“ alle übrigen Ideen unter sich befaßt. Als diese wird von P. die Idee des Guten bezeichnet und dadurch der streng ethisch vollkommene Charakter des gesamten Ideen- als des schlechthinnigen Vernunftreichs aufs stärkste betont. Ebendarum aber sieht sich auch P. im Hinblick auf den unvollkommenen Charakter der sinnlich wahrnehmbaren Welt genötigt, zuzugestehen, daß die Welt der Ideen „nicht von dieser Welt“, sondern als metaphysische Welt zwar das Muster- und Vorbild dieser Welt, selbst aber eine „außer“-, bez. „überweltliche“ Welt sei. P. versetzt daher dieselbe, indem er zum mythischen Ausdruck seine Zuflucht nimmt, in eine jenseit des Fixsterngewölbes auf dessen von uns abgekehrter Seite gelegene und deshalb irdischen Blicken unzugängliche Region, das sogen. Empyreum (den Feuerraum der Pythagoreer). Der Einblick in diese (außer der Sinnlichkeit gelegene) Welt ist der Seele nur, bevor sie in die sinnliche Welt eintritt (vor der Geburt in einen irdischen Leib), oder während des irdischen Daseins nur in Momenten und Zuständen gestattet, wo sie selbst von den Banden der Sinnlichkeit frei, also entweder (wie der Seher und Dichter) von einem „heiligen Wahnsinn“ berauscht, oder (wie der Philosoph) über die niedern Stufen des sinnlichen Wahrnehmens und mathematischen Denkens hinaus in den Besitz der Philosophie (der Ideenlehre) gelangt ist. Wie die Ideenwelt die einzige wirkliche Welt, so ist die Ideenlehre die einzige wirkliche Wissenschaft, obgleich niemand ohne Vorbereitung durch das Studium der „Geometrie“ (der mathematischen Wissenschaften) zu derselben gelangen kann. Dieselbe ist im Grund als Wissenschaft vom wahrhaft Seienden (nach modernem Sprachgebrauch) ausschließlich Metaphysik, da das Seiende aber mit dem Wahren und Guten identisch ist, zugleich Logik und Ethik. Eine Scheidung der einzelnen philosophischen Disziplinen findet daher bei P. ebensowenig statt wie (trotz mannigfacher Ansätze) ein eigentliches System. Dagegen wird von dem ausschließlichen Gegenstand der Philosophie (den Ideen) entweder im allgemeinen (von deren Wesen, Eigenschaften, Zusammenhang etc.) oder im besondern (von Wesen, Eigenschaften, Folgen etc. einzelner Ideen) gehandelt. Jenes geschieht in der sogen. Dialektik, die er die Wissenschaft vom wahrhaft und unwandelbar Seienden nennt, dieses in den gesprächsweise belehrenden Abhandlungen einzelner Ideen (wie z. B. jener des Schönen im Gastmahl, des Guten im Philebos, des Staats in der Republik, der Seele im Phädon, des Weltgebäudes im Timäos u. dgl.), welche die Stelle der einzelnen philosophischen Wissenschaften (Ästhetik, Ethik, Politik, Psychologie, Kosmologie etc.) vertreten. Die Methode, die er in diesen befolgt, besteht darin, daß er das Seiende, welches als Idee eine „Vereinigung von Gegensätzen“ ist, zuerst in seine Gegensätze zerlegt und durch ein gemeinsames Band dieser letztern das richtige Verhältnis, die Harmonie zwischen den Gegensätzen, herstellt. So ist die Seele als Idee zwar ein „Einfaches“; aber sie setzt nichtsdestoweniger „Teile“ voraus, die sich zu einander wie „Vernünftiges“ und „Vernunftloses“ (also als Gegensätze) verhalten, und deren letzterer abermals in zwei Teile, einen bessern (dem Vernünftigen verwandten) und einen schlechtern (vom Vernünftigen abgewandten), gespalten ist. Durch den zwar vernunftlosen, aber der Vernunft nicht ab-, sondern zugewandten Teil (den P. den „Mut“ nennt) wird zwischen der Vernunft und ihrem Gegenteil ein Band hergestellt und durch dieses das „Leben“, welches „Eins mit der Seele“ ist und zu dieser gehört wie „die Wärme zum Feuer“. Da nun das Feuer zu erwärmen nicht aufhören kann, so schließt P., daß auch die Seele zu leben nicht aufhören und ebensowenig zu leben angefangen haben könne, und erweist mittels dessen sowohl die Präexistenz der Seele vor der [124] Geburt als deren Fortdauer nach dem Tod. Im Anschluß hieran fällt die Tugend als Idee mit der Gerechtigkeit, d. h. mit dem richtigen Verhältnis der Seelenkräfte, der Staat als Idee mit dem richtigen Verhältnis der Staatskräfte (der Lehr-, Wehr- und Nährkraft), welche durch die Stände der Philosophen, Wächter (Krieger) und Gewerbtreibenden repräsentiert werden, zu- und untereinander zusammen. Dieses Platonische Staatsideal, in dessen Verfolg P. zur Erreichung des Staatszweckes zu den rücksichtslosesten Folgerungen (Aufhebung der Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen, der Familie, des Eigentums, Einführung der Weibergemeinschaft, gemeinschaftliche Erziehung etc.) fortging, ist, wie es selbst in teilweiser Nachahmung des spartanischen Staatswesens entstanden war, das an Genialität unerreichte Vorbild aller spätern „Utopien“ und „Ikarien“ (auch der kirchlichen Hierarchie im Mittelalter) geworden. Ungeachtet nun P. die Ideenlehre für die einzige wirkliche Wissenschaft erklärt, hat er es doch so wenig wie die eleatischen Philosophen verschmäht, neben dieselbe als Wissenschaft von der übersinnlichen Welt eine Physik als Lehre von der sinnlichen oder Erscheinungswelt zu setzen. Zwar kommt der letztern kein wirkliches, jedoch gewissermaßen ein „zwischen Sein und Nichtsein schwebendes“, aus beiden gemischtes Sein oder „Werden“ zu, wie auch die Eleaten die scheinbare Welt für Bewegung erklärten. Als Substrat derselben läßt P. eine chaotische Masse (dem Material der Handwerker ähnlich) existieren, aus welcher der Weltbildner (Demiurgos) die sichtbare Welt nach dem Muster der (unsichtbaren) Ideenwelt (wie der Schreiner den Tisch, nach dem Muster der Idee eines solchen, aus Holz) gestaltet. Das Band zwischen beiden und zugleich das die sichtbare Welt bewegende Prinzip nennt P. die Weltseele und betrachtet das Universum als ein aus Leib und Seele bestehendes, mit Vernunft begabtes, weder alterndes, noch vergehendes, sich selbst genügendes Wesen, als einen „seligen Gott“. Seine Gestalt ist, als die vollkommenste, die Kugelform, seine Bewegung, als die vollkommenste, die Kreisbewegung um die im Mittelpunkt ruhende Erde, welche Mond, Sonne, fünf Planeten und am äußersten Rande die Fixsternsphäre umkreisen. Nach den Weltkörpern bildete der Demiurg aus demselben Stoff die Seelen nach der Zahl der Gestirne, welche, wenn das Materielle in ihnen das Höhere überwältigte, von diesen zur Erde herabsinken und indische Leiber annehmen mußten, wenn sie aber während des Erdenlebens der Sinnlichkeit zu widerstehen vermocht hatten, nach dem Tod wieder von denselben befreit werden konnten. Diese (orientalische) Idee der Seelenwanderung ist, mannigfach mythisch ausgeschmückt, von P. auf seine oft mehr phantastischen als philosophischen Nachfolger übergegangen. Dieselben hatten anfänglich ihren Sitz in Gestalt einer förmlichen Korporation unter dem Vorsitz sich nacheinander ablösender Scholarchen zu Athen in der Akademie, wo P. gelehrt hatte, und die seitdem ihren Namen auf Universitäten und Akademien vererbt hat, und werden daher selbst als Akademiker bezeichnet. Der erste Vorsteher der Schule (347–339) war Speusippos, Platons Schwestersohn, auf welchen Xenokrates (339–314), Polemon (314–270), Krates (s. d. 1) und Arkesilaos (316–241) folgten. Mit letzterm beginnt die sogen. „mittlere“, mit Karneades (214–129) die sogen. „neuere“ Akademie (beide im Gegensatz zur „ältern“ so unterschieden), in welcher der Platonismus durch Polemik gegen die stoische Erkenntnistheorie in völligen Skeptizismus ausartete und dadurch dem Mystizismus der sogen. Neuplatoniker (s. Neuplatonismus) den Weg bahnte. Durch diese hat derselbe in das Christentum und in die scholastische Philosophie Eingang gefunden, bis nach der Wiederbelebung der klassischen Studien der echte Platonismus wieder entdeckt und in der Philosophie der neuern Zeit in mannigfach modifizierter Gestalt als Idealismus, Rationalismus und Spiritualismus dem Realismus, Empirismus und Materialismus entgegengesetzt wurde.

Vgl. Tennemann, System der Platonischen Philosophie (Leipz. 1792–95, 4 Bde.); Ast, Platons Leben und Schriften (das. 1816); Derselbe, Lexicon Platonicum (das. 1834–38, 3 Bde.); K. F. Hermann, Geschichte und System der Platonischen Philosophie (Heidelb. 1839, Bd. 1); Bonitz, Platonische Studien (2. Aufl., Berl. 1875); Susemihl, Die genetische Entwickelung der Platonischen Philosophie (Leipz. 1855–60, 2 Bde.); Grote, Platon and the other companions of Sokrates (4. Aufl., Lond. 1885); v. Stein, Sieben Bücher zur Geschichte des Platonismus (Götting. 1869–75, 3 Bde.); Steinhart, Platons Leben (Leipz. 1873); Weygoldt, Die Platonische Philosophie für Höhergebildete dargestellt (das. 1885); Überweg, Über die Echtheit und Zeitfolge Platonischer Schriften (Wien 1861); Teuffel, Übersicht der Platonischen Litteratur (Tübing. 1874).