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MKL1888:Piombo

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Piombo“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Piombo“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 13 (1889), Seite 79
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Piombo. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 79. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Piombo (Version vom 14.09.2021)

[79] Piombo, Sebastiano del, eigentlich Luciani, ital. Maler, geb. 1485 zu Venedig, ward Schüler Giov. Bellinis und Giorgiones und ahmte den letztern glücklich nach. Aus dieser Zeit stammt das Hochaltarbild in San Giovanni Crisostomo zu Venedig mit der Figur des schreibenden Heiligen. Um 1510 ging er nach Rom. Nachdem er daselbst seine Thätigkeit durch Mitwirkung an der Ausschmückung der Farnesina mit mythologischen Szenen begonnen, schloß er sich an Michelangelo an, dessen gewaltige Formengebung er mit venezianischem Kolorit zu verschmelzen suchte. Michelangelo nahm sich seiner an und unterstützte ihn in seinem Wetteifer mit Raffael, dessen Transfiguration P. die Auferweckung des Lazarus (1519, jetzt in der Nationalgalerie zu London) gegenüberstellte, in der That eine hervorragende Schöpfung und sein Meisterwerk. An diesem Werk hatte Michelangelo einige Teile gezeichnet, für Piombos Wandmalereien in San Piero in Montorio sogar den ganzen Entwurf geliefert. Von seinen übrigen Werken sind zu nennen: das Porträt des Papstes Clemens VII. im Museum zu Neapel, das des Andrea Doria im Palazzo Doria zu Rom, der Märtyrertod der heil. Apollonia (1520) im Palazzo Pitti zu Florenz, eine Madonna das schlafende Kind aufdeckend, unvollendet, im Museum zu Neapel, die Heimsuchung Mariä im Louvre zu Paris, das Bild des Kardinals Polus in der Eremitage zu Petersburg, eine Pietà im Berliner Museum. Das Hervorragendste leistete P. im Bildnis und in weiblichen Halbfiguren, von denen einige, z. B. die sogen. Fornarina in den Uffizien zu Florenz, für Arbeiten Raffaels galten. Ein solches Frauenbildnis mit den Attributen der heil. Agathe besitzt die Londoner Nationalgalerie, ein besonders schönes mit den Attributen der heil. Dorothea das Berliner Museum. P. verlebte die größere Zeit seines Lebens in Rom, und es tragen auch die meisten seiner Gemälde den Charakter der florentinisch-römischen Schule. Die Farbenglut seiner Bilder zeigt zwar den Venezianer, doch unterscheidet sich sein Kolorit von dem andrer Venezianer durch breite Lichter und eine mehr ins Ockerfarbige als Rote fallende Mischung aus. Er liebte den überlebensgroßen Maßstab; auch malte er gern auf Schieferstein. Als enger Freund und Schmeichler Michelangelos trug er durch seine Briefe an ihn nicht wenig zu dessen Verbitterung gegen Raffael bei. In der letzten Zeit seines Lebens vom Papst Clemens VII. mit der Stelle eines päpstlichen Siegelbewahrers (Frate del Piombo), worauf sein Beiname anspielt, betraut, widmete sich P. fortan vorwiegend der Dichtkunst. Er starb 21. Juni 1547 in Rom.