MKL1888:Phänomēn
[984] Phänomēn (Phänomenon, griech.), „Erscheinung“, ursprünglich nur für Lufterscheinungen gebraucht, dann aber von den Philosophen, besonders den Skeptikern, auf die Metaphysik übertragen und in Bezug auf das, was den Sinnen erscheint, im Gegensatz zu dem in Begriffen Gedachten (Numenon), angewendet. Diese Bedeutung des Wortes bestimmte Kant dahin, daß P. die erfahrungsmäßige Erscheinung, d. h. das in Raum und Zeit wahrnehmbare Mannigfaltige, bezeichnet, wie es für uns nach unserm subjektiven Wahrnehmungsvermögen ist, gegenüber den Dingen an sich, die als solche nicht erscheinen, sondern bloß von uns als das den Phänomenen zu Grunde Liegende gedacht werden. Den Teil der Naturlehre, welcher die Bewegung oder Ruhe der Materie bloß als solche Erscheinung der äußern Sinne bestimmt, nennt Kant Phänomenologie, und in ähnlichem Sinne nimmt Hegel diesen Ausdruck, wenn er die Darstellung der Erscheinungsweisen des Geistes in seiner stufenweisen Herausbildung zum in sich vollendeten Wesen eine Phänomenologie des Geistes nennt.