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MKL1888:Petroleumkraftmaschine

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Petroleumkraftmaschine“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Petroleumkraftmaschine“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 921922
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Petroleumkraftmaschine. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 921–922. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Petroleumkraftmaschine (Version vom 18.02.2024)

[921] Petroleumkraftmaschine (Petroleummotor), ein Motor, welcher durch die bei der Verbrennung von fein zerteiltem Petroleum mit atmosphärischer Luft erhaltene motorische Kraft in Gang gesetzt wird. Die erste brauchbare P. wurde von Hock in Wien konstruiert, erregte 1873–76 Aufsehen, konnte sich jedoch, hauptsächlich wegen zu großer Betriebskosten, nicht lange halten und ist jetzt veraltet. Die Hocksche P. war einer einfach wirkenden horizontalen Dampfmaschine ähnlich konstruiert. Ihr Kolben saugte während des ersten Drittels seines Vorganges aus einer feinen Öffnung Petroleum an, welches von einem Strom eingepumpter Luft getroffen und fein zerstäubt wurde. Der nun eintretenden Entzündung des Gasmisches von Petroleum und Luft folgte eine allmähliche Verbrennung, durch welche der zur Bewegung des Kolbens nötige Druck hervorgerufen wurde. Die

Fig. 1. Braytons Petroleumkraftmaschine.

Maschine verbrauchte pro Stunde und Pferdekraft etwa 1,25 kg Petroleum. Seit der Ausstellung zu Philadelphia von 1876 allgemein bekannt und vielfach angepriesen ist die P. von Brayton. Dieselbe ist in ihrer ersten Anordnung ebenfalls als liegende Maschine, jedoch im Gegensatz zur Hockschen doppelt wirkend ausgeführt. Petroleum und Luft werden hier nicht, wie bei der letztern, durch Luftverdünnung im Cylinder unter dem Druck der äußern Atmosphäre in den Cylinder befördert, sondern vermittelst Pumpen unter hohem Druck eingeführt. An jedem Cylinderende ist eine mit Fasermaterial, Filz oder Schwamm angefüllte Kammer angebracht, welche durch eine kleine Pumpe kontinuierlich mit Petroleum gespeist wird, während die mit Petroleum getränkte Masse kontinuierlich von einem feinen Luftstrahl durchströmt wird. Dadurch bildet sich eine Art Petroleumnebel, der sich auf einem Drahtgewebe als Schaum niederschlägt, [922] um darauf mit reichlich zugeführter Luftmenge zu verbrennen. – Eine neuere Form der Braytonschen P. ist in Fig. 1 dargestellt. In dem kastenförmigen Gestell dd ist die gekröpfte Kurbelwelle c gelagert, während der Arbeitscylinder e und der Kompressionscylinder f von oben eingehängt sind. Unter ihnen liegt ein Balancier g mit unsymmetrischen Armen derart, daß der Kolbenhub des Kompressionscylinders halb so groß wie der des Arbeitscylinders ist und nur ein Drittel des Kurbeldurchmessers beträgt. Beide Cylinder e und f sind unten offen, also nur einfach wirkend. Der Kompressionscylinder entsendet Luft entweder direkt zum Arbeitscylinder oder in zwei Reservoirs h, welche teils als Druckregulatoren, teils zur Aufnahme eines Luftvorrats zum Anlassen der Maschine nach Betriebspausen dienen. Der Treibcylinder, dessen oberer Teil durch

Fig. 2. Oberer Teil des Treibcylinders.

Fig. 2 in größerm Maßstab dargestellt ist, hat in seinem Deckel ein Austrittsventil a für die Verbrennungsgase und die Einführungsvorrichtung für Petroleum und Luft. Das Petroleum wird von einer Pumpe p durch eine Bohrung x′ in den ringförmigen, mit Fasermaterial erfüllten Raum y gedrückt, während zugleich durch die mit den Windsammlern kommunizierende Bohrung x Luft in geringer Menge kontinuierlich hindurchstreicht und das Petroleum in Schaumform an dem Diaphragma z, welches aus gelochten Blechscheiben mit zwischenliegendem Drahtnetz gebildet wird, niederschlägt. Bläst nun durch das zu Beginn des Kolbenhubs von der Maschine geöffnete Luftzuführungsventil b ein kräftiger Luftstrom, so schwängert er sich beim Durchstreichen des Diaphragmas mit Petroleumbläschen, und das Gemisch wird im Moment des Übertritts in den Raum v durch eine dort kontinuierlich brennende Flamme entzündet, welche durch den die Schaumbildung erzielenden kontinuierlichen Luftstrom gespeist wird. Ein Durchschlagen der Flammen nach dem Raum y wird durch das wie das Drahtnetz einer Sicherheitslampe fungierende Diaphragma verhindert. Nach einem gewissen Kolbenweg wird das Luftventil b geschlossen, so daß die treibende Flamme erlischt und nur die Zündflamme weiterbrennt, worauf die Verbrennungsgase durch Expansion auf den Kolben treibend wirken. Beim Rückgang des Kolbens, der ebenso wie der Vorgang der Kompressionspumpe nur durch die Einwirkung der lebendigen Kraft des Schwungrads hervorgebracht wird, entweichen die verbrannten Gase durch Ventil a. Die Regulierung der Maschine erfolgt durch einen horizontalen Zentrifugalregulator in der Weise, daß das Luftventil b früher geschlossen wird, wenn die Maschine zu schnell geht, und umgekehrt. Dieser Braytonsche Petroleummotor wird in Größen von 1–10 Pferdekräften gebaut. Die Maschinen arbeiten mit einer mittlern Tourenzahl von 200 pro Minute. Der Konsum an Petroleum soll ca. 0,5 Lit. Ligroin pro Stunde und Pferdekraft betragen. Da dieses Material in Amerika sehr wohlfeil ist, so sind die Petroleumkraftmaschinen daselbst sehr verbreitet. In Europa können sie jedoch wegen der verhältnismäßig hohen Petroleumpreise nicht vorteilhaft verwendet werden. Vgl. Musil, Die Motoren für das Kleingewerbe (2. Aufl., Braunschw. 1883).