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MKL1888:Parallelen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Parallelen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Parallelen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 708
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Parallelen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 708. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Parallelen (Version vom 09.09.2021)

[708] Parallelen, fehlerhafte, sind im musikalischen Satz parallele Oktaven und parallele Quinten, d. h. es ist verboten, daß zwei reale Stimmen (von denen nicht die eine bloße Klangverstärkung der andern ist) in zwei einander folgenden Akkorden im Verhältnis der reinen Oktave oder reinen Quinte stehen. So geht z. B. bei a) der Alt von c″ nach a′, der

Oktaven-P. Quinten-P.

Baß von c′ nach a, beide bilden daher Oktavenparallelen; bei b) geht der Tenor von h′ nach a′, der Baß von e′ nach d′, die Stimmen bilden also Quintenparallelen. Beide P. sind fehlerhaft. Da nämlich die Töne unsrer Musikinstrumente nicht einfache Töne, sondern aus einer Reihe einfacher Töne (Obertöne, Teiltöne) bestehende Klänge sind, so geschieht durch die Hinzunahme der Oktave eigentlich nichts andres, als daß die geradzahligen Obertöne (2, 4, 6 etc.) verstärkt werden; ebenso werden durch die Duodezime die Obertöne verstärkt, deren Ordnungszahl durch 3 teilbar ist (3, 6, 9 etc.), und durch die Septdezime die durch 5 teilbaren (5, 10, 15 etc.). Bei der Quinte wird die Unteroktave des tiefern Tons als Kombinationston erzeugt, ebenso bei der Dezime; das Intervall erscheint also als Vertreter des Klanges dieses untern Oktavtons. Bei der Terz endlich wird die zweite Unteroktave als Kombinationston erzeugt (s. Kombinationston). Wenn in diesem Verschmelzen zur Einheitsbedeutung eines Klanges das Wesen der Konsonanz zu sehen ist und konsonante Akkorde daher immer als Vertreter von Klängen erscheinen, so kann es doch als fehlerhaft empfunden werden, wenn die Töne zweier Stimmen durch zwei oder mehrere Akkorde hindurch in ebenderselben Weise verschmelzen, besonders wenn der obere Ton als Partialton des untern aufzufassen ist (Oktave, Duodezime, Septdezime); denn die obere Stimme geht dann sozusagen in der untern auf, verliert ihre Selbständigkeit, ist nur eine Klangverstärkung der andern. Deshalb müssen wir sagen: reale Stimmen dürfen nicht in parallelen Oktaven, Duodezimen und großen Septdezimen fortschreiten, weil dadurch ihre Unterscheidbarkeit, ihre Selbständigkeit gefährdet wird; aus demselben Grund sind Quinten- und große Dezimenparallelen für reale Stimmen verwerflich. Dagegen sind ebendarum die P. nicht fehlerhaft, sondern durchaus gutzuheißen und von bester Wirkung, wenn die parallel gehende Stimme nicht eine reale Stimme sein soll, sondern nur Klangverstärkung einer realen; damit sind die ewig parallel gehenden Oktaven, Quinten, Duodezimen, Dezimen, Septdezimen etc. der Seitenstimmen und Hilfsstimmen der Orgel (Oktavstimmen, Quintstimmen, Terzstimmen, Mixturen, Kornett etc.) hinreichend motiviert, desgleichen die ganz gewöhnlichen Oktavverdoppelungen in Kompositionen aller Art. – Als fehlerhafte P. sind außer den offenen, oben beschriebenen auch die durch einen oder wenige Zwischentöne unterbrochenen, verhüllten (Accentoktaven, Accentquinten, Nachschlageoktaven, Nachschlagequinten) verpönt. Die sogen. verdeckten Quinten (in ungenauer Parallelbewegung, z. B. c:e – d:a) sind unbedenklich. Fehlerhafte P. werden vermieden durch Gegenbewegung, ein gewiß selbstverständliches Mittel. Es gibt aber sehr viele Fälle, wo der Komponist die P. ruhig schreibt, anstatt durch ihre Vermeidung den Reichtum des Akkordklanges zu beeinträchtigen.