MKL1888:Pantomīmus
[659] Pantomīmus (griech., „alles nachahmend“), die bei den Römern übliche Darstellung einer dramatischen Handlung durch bloßen Tanz und rhythmische Gestikulation. Sie wurzelte in der Vortragsweise des alten Canticum (s. d.), wurde unter Augustus durch Pylades und Bathyllos zur selbständigen Kunstgattung erhoben und blieb bis in die späteste Kaiserzeit beliebt. Nero war ein so großer Freund dieser Kunstübungen, daß er sich nicht scheute, selbst als P. (denn auch der Spieler selbst wurde so genannt) öffentlich aufzutreten. Es gab komische und tragische Pantomimen, doch war die letztere Gattung auf der Bühne der Kaiserzeit durchaus vorherrschend. Die dargestellten Handlungen waren meist mythologisch-erotischer Art und wurden von einem einzigen Spieler dargestellt, der also immer mehrere Rollen, männliche wie weibliche, nacheinander zu geben hatte, während ein Chor unter Begleitung von Flöten und andern Instrumenten das entsprechende Lied dazu sang. Erst in der spätesten Kaiserzeit traten auch Frauen im P. auf. Ganz auf sinnlichen Reiz berechnet, ging die Darstellung bei schlüpfrigen Gegenständen über alle Grenzen des Anstandes hinaus. Der P. war vorzugsweise bei den höhern Ständen beliebt, während der großen Menge der Mimus (s. Mimen) mit seinen Possen mehr zusagte. Über das eigentliche dramatische Ballett der Kaiserzeit s. Pyrrhiche[WS 1]. Aus dem römischen P. entwickelte sich später das improvisierte pantomimische Possenspiel der Italiener mit stehenden Masken, das auch in andern Ländern Eingang fand. In Deutschland ist seit dem 18. Jahrh. der Ausdruck Pantomime (nach dem Französischen als Femininum) im Gebrauch für Gebärdenspiel, Gebärdensprache; Pantomimik, s. v. w. Kunst des Gebärdenspiels. Eine künstlerische Entwickelung fand die Pantomime in der Neuzeit hauptsächlich im Ballett (s. d.); auch finden sich einzelne in dramatische Stücke verwebte, durchweg pantomimische Rollen, z. B. in der „Stummen von Portici“.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Pyrriche