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MKL1888:Panorāma

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Panorāma“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Panorāma“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 655656
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Panorāma. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 655–656. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Panor%C4%81ma (Version vom 26.01.2023)

[655] Panorāma (griech., „Allschau, Allübersicht“, Rundgemälde), eine besondere Art von landschaftlichen Gemälden mit und ohne Figuren, welche teils durch die Totalität der Rundschau, teils durch die als Wirkungsmoment angewandte Bewegung des Standpunktes weniger auf den künstlerischen Schein als auf die Erreichung natürlicher Illusion berechnet sind. Bei dem Landschaftsgemälde im gewöhnlichen Sinn ist der Standpunkt des Beschauers als fest angenommen, und es wird nur so viel von dem Natur-Sichtbaren dargestellt, als (das Auge als Spitze eines Kegels angenommen, dessen Winkel 90° beträgt) in den dadurch gebildeten Sehkreis fällt. Ein natürliches P. bietet sich dem Beschauer dar, wenn er, etwa auf einem hohen Berg stehend, sich allmählich im Kreis dreht und so die ganze Umgegend nach und nach an seinem Auge vorüberziehen sieht. Denkt man sich nun dieses Band, welches den Beschauer cylinderförmig umgibt, an einer Stelle von oben nach unten zerschnitten und der Breite nach auf eine gerade Fläche ausgebreitet, so hat man die Darstellung eines Panoramas. Um dasselbe zu sehen, ist also eine künstliche Vorrichtung nötig, wodurch die Bewegung des Nacheinander wiederhergestellt wird. Dies kann auf doppelte Weise geschehen: entweder wird das Längenbild langsam vor den Augen des Beschauers vorübergezogen (Cyklorama, s. unten), oder es bedeckt, in sich zurückkehrend, die Wand eines cylinderförmigen Raums, in dessen Mittelpunkt der Beschauer sich befindet (eigentliches P.). Indem nun durch künstliche, dem Beschauer nicht direkt sichtbare Beleuchtung, sei es von oben durch konzentriertes Tageslicht, sei es durch Lampen, das Gemälde derartig in Wirkung gesetzt wird, daß es dem Natureindruck möglichst nahekommt, so entsteht jene Illusion, welche der eigentliche Zweck des Panoramas ist und zuweilen noch durch künstliche Naturnachahmung atmosphärischer Erscheinungen, wie Donner, Regen, Schneefall u. dgl., verstärkt wird. Panoramen wurden von dem Architekturmaler Breysig in Danzig erfunden und zuerst von dem irischen Maler Robert Parker 1787 ausgeführt. Er machte einen Versuch im kleinen mit der Ansicht von Edinburg und ließ später in London eine 30 m im Durchmesser haltende Rotunde aufführen, worin er die Darstellung der russischen Flotte zu Spithead zeigte. Etwas später stellte man Panoramen zu Paris auf, wo sie durch Fontaine, Bourgeois und Prevost sehr verbessert wurden, und von wo sie dann in allen größern Städten Europas Eingang fanden. Einen neuen Aufschwung nahm die Panoramenmalerei seit dem deutsch-französischen Krieg, nachdem schon 1867 in den Champs-Elysées zu Paris ein Versuch mit einem P. der Schlacht von Solferino gemacht worden war. Dasselbe wurde 1875 durch ein kolossales, die Verteidigung von Paris darstellendes Rundbild von Philippoteaux ersetzt, auf welchem der Künstler nicht bloß mit malerischen, sondern auch mit plastischen Mitteln die Illusion der Wirklichkeit zu erreichen suchte. Dieses Prinzip blieb fortan für die Panoramenmalerei maßgebend und gelangte [656] durch zahlreiche Schöpfungen hervorragender Künstler (Schlachtenpanoramen, Panoramen von den deutschen Kolonien, aus der biblischen Geschichte etc.) in deutschen Städten (Berlin, München, Frankfurt a. M., Leipzig, Hamburg u. a. O.), für welche besondere Gebäude errichtet wurden, zu raffinierter Ausbildung. Die Erfindung des Panoramas zog in den 30er Jahren die einer Menge andrer Oramen nach sich. Dahin gehören außer dem Diorama (s. d.), welches jetzt gewöhnlich mit Panoramen verbunden ist, Georama (s. d.), Neorama (s. d.) und Myriorama (s. d.): das Kosmorama, eine Zusammenstellung von Bildern einzelner Gegenden, welche, unter künstlicher Beleuchtung und durch vergrößernde Gläser angesehen, in natürlicher Größe erscheinen; das Pleorama, von Langhans oder von Kopisch in Breslau 1831 erfunden und Strandgegenden so darstellend, wie sie dem Vorüberschiffenden erscheinen, indem das durch optische Täuschung möglichst naturgetreu erscheinende Bild an dem Beschauer vorübergeführt wird; das Cyklorama, gewöhnlich große Flüsse mit ihrem nähern oder entferntern Ufer von der Quelle bis zum Ausfluß und unter gelegentlicher Abänderung der Beleuchtung zu verschiedenen Tageszeiten dem Auge vorführend. Kahleis brachte 1853 in einem großen Cyklorama „3000 Jahre Weltgeschichte“, d. h. eine zeitlich angeordnete Darstellung aller Hauptbauwerke von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, zur Ansicht. Alle diese „oramen“ sind entweder durch Panoramen verdrängt oder auf das Schaubudenniveau herabgedrückt worden. Außerdem nennt man noch Panoramen im uneigentlichen Sinn graphische Darstellungen großer Längenansichten von Gebirgen, Flüssen etc., welche, da sie nicht successiv in ihren einzelnen Teilen, sondern mit einemmal gesehen werden, unperspektivisch sind und aus den Gesetzen der künstlerischen wie der Naturwahrheit heraustreten.