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MKL1888:Myristĭca

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Myristĭca“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 952953
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Myristĭca. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 952–953. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Myrist%C4%ADca (Version vom 15.09.2022)

[952] Myristĭca L. (Muskatnußbaum), Gattung aus der Familie der Myristikaceen, gewürzhafte, mit einem etwas scharfen, rötlichen Saft erfüllte Bäume und Sträucher der Tropen, besonders Indiens, mit wechselständigen, lederartigen, ungeteilten, ganzrandigen Blättern, diözischen, kleinen, einzelnen oder in Trauben oder Dolden geordneten, achselständigen Blüten und kapselartiger, zwei- bis vierklappig aufspringender Beere, deren nußartiger Same von einem fleischigen [953] oder dünnen, vielfach zerschlitzten Mantel umgeben ist. M. moschata Thunb. (M. fragrans Houtt., echter Muskatnußbaum, s. Tafel „Gewürzpflanzen“), ein in allen Teilen stark aromatischer, 15–20 m hoher Baum mit fast zweizeiligen, länglich-eiförmigen, bis 10 cm langen, drüsig punktierten Blättern, kleinen, gelblichen, einzeln stehenden weiblichen und in wenigblütigen Trauben oder Doldentrauben geordneten männlichen Blüten, kugeliger, ockerfarbener Beere von 5 cm Durchmesser, mit anfangs fleischigem, dann austrocknendem Fruchtgehäuse, nußartigem, ovalem, 3 cm langem, 2,3 cm breitem Samen und fleischigem, karminrotem, nach dem Trocknen orangegelbem, gewürzhaftem Samenmantel. Der Baum ist heimisch auf den Molukken, Neuguinea und den Bandainseln; man hat ihn eingeführt auf Sumatra, Malakka, in Bengalen, Singapur, Pinang, Brasilien und Westindien, aber nur an sehr wenigen Orten mit Erfolg. In seiner Heimat beginnt er im 9. Jahr zu tragen, bleibt fruchtbar bis zum 60. und 80. Jahr, und man erntet von einem Baum im Jahr an 2000 Früchte, die sieben Monate zu ihrer Reife brauchen. Man sammelt die Früchte, entfernt die Fruchtschale und den Samenmantel, trocknet die Samen über mäßigem Feuer, bricht dann die Samenschale auf und legt die Kerne einige Zeit in Kalkwasser. Getrocknet kommen sie als Muskatnüsse (Nuces moschatae) in den Handel. Sie riechen und schmecken eigentümlich aromatisch, sind reich an Stärkemehl und eiweißartiger Substanz, enthalten ca. 25 Proz. Fett, welches zum Teil in ihrer Heimat ausgepreßt wird und als Muskatnußöl (Balsamum nucistae) in den Handel kommt; außerdem 6 Proz. ätherisches Öl, im wesentlichen aus einem bei 165° siedenden Kohlenwasserstoff bestehend. Der zerschlitzte, fleischige Samenmantel wird an der Luft getrocknet und bildet die Muskatblüte (Macis) des Handels. Er ist sehr aromatisch, enthält kein Stärkemehl, wenig Fett, aber Eiweißkörper, Dextrin und Schleim und 4–9 Proz. ätherisches Öl, welches zwar gleichfalls zum größten Teil aus einem bei 160° siedenden Kohlenwasserstoff besteht, aber in Geruch und Geschmack, auch in seiner optischen Eigenschaft von dem ätherischen Muskatnußöl abweicht. Der bei weitem größte Teil der Muskatnüsse kommt gegenwärtig von drei Bandainseln, Lontor, Neira und Aij, wo große Muskatnußbaumgärten bestehen, in den Handel. Die Muskatnüsse werden in der Medizin kaum, sondern, wie auch die Muskatblüte, fast nur als Gewürz (namentlich in England und Nordamerika) benutzt, gegenwärtig bei uns viel weniger als früher; als Hausmittel dienen sie gegen Durchfall. Große Gaben (eine Nuß und mehr) wirken übrigens giftig. Vgl. Muskatnußöl. Das Muskatblütöl dient auch zum Parfümieren der Seife. Nach der gewöhnlichen Annahme waren die Muskatnuß und die Muskatblüte den Alten nicht bekannt; Martius aber hat nachzuweisen gesucht, daß die Macis zur Zeit des Plautus und die Nuß schon Plinius bekannt gewesen sei. Das in Rom beliebte Salböl Myron scheint auch zum Teil unser Oleum nucistae gewesen zu sein. Schon sehr früh haben jedenfalls die Araber die Drogue aus Indien geholt und im Abendland verbreitet. In Indien war sie wohl schon lange zuvor als Gewürz benutzt worden, und auch in altägyptischen Mumiensärgen hat man die Muskatnuß gefunden. Am Ende des 12. Jahrh. war die letztere und die Muskatblüte in Nordeuropa bekannt, und lange bevor der Venezianer Niccolò Conti im 15. Jahrh. die erste Nachricht von dem Baum brachte und die Portugiesen ihn auf den Bandainseln fanden, waren beide Droguen ein wenn auch sehr kostbares Gewürz in Europa. Die Portugiesen hielten den Handel mit den Nüssen fest, bis sie den Holländern weichen mußten, welche ihn nun, wie den Zimt- und Gewürznelkenhandel, zu monopolisieren suchten, die Bäume auf Banda und Amboina beschränkten, an allen andern Orten ausrotteten und bei sehr reicher Ernte den Überfluß verbrannten. Während der Besetzung der Gewürzinseln durch die Engländer 1796–1802 wurde die Muskatnußkultur nach Benkulen und Pinang verpflanzt, später auch nach Singapur, wo indes eine 1860 ausgebrochene Krankheit binnen einigen Jahren sämtliche Bäume vernichtete. 1864 stellte die holländische Regierung die Kultur auf Java ein, weil der Verbrauch immer mehr abgenommen hatte. M. tomentosa Thunb. liefert größere, längliche, fast 5 cm lange und weniger aromatische Nüsse, die auch in den europäischen Handel kommen. Aus den Samenkernen von M. Otoba H. B., in Neugranada, preßt man das Otobafett (amerikanische Muskatbutter), welches der offizinellen Muskatbutter ähnlich ist und wie diese in Amerika benutzt wird. M. officinalis Mart., in Brasilien, liefert ein minder angenehm riechendes, säuerlich scharf schmeckendes Fett (Bikuibafett). Von M. Ocuba H. B., am Amazonenstrom, gewinnt man das Okubawachs, welches weicher als Bienenwachs ist, bei 36,5° schmilzt und in Brasilien zur Kerzenbereitung benutzt wird.