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MKL1888:Meridiānkreis

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Meridiānkreis“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 492493
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Meridiānkreis. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 492–493. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Meridi%C4%81nkreis (Version vom 01.03.2025)

[492] Meridiānkreis, von Olaf Römer erfundenes, aber erst Anfang dieses Jahrhunderts durch Reichenbach in die Praxis eingeführtes astronomisches Instrument, mit welchem man unter Zuhilfenahme einer Uhr die Kulminationszeiten und damit die Rektaszensionsdifferenzen sowie gleichzeitig die genauen Kulminationshöhen der Sterne beobachten kann, aus welch letztern man durch Subtraktion der Äquatorhöhe die Deklinationen findet. Dasselbe besteht aus einem nur in der Ebene des Meridians beweglichen Fernrohr, welches mit einer horizontalen, genau von O. nach W. gerichteten Achse fest verbunden ist, und dessen Neigung gegen den Horizont durch Ablesung an einem senkrecht zur Achse befestigten Kreis gefunden wird. Zur Lagerung der Zapfen der horizontalen Achse sind im Beobachtungsraum (Meridianzimmer) zwei Steinpfeiler aufgemauert, die durch den Fußboden hindurchgehen und mit keinem Teil des Gebäudes in Verbindung stehen. Die Art der Lagerung der Achse ist verschieden. Bei dem Repsoldschen M. der Straßburger Sternwarte (vgl. Tafel „Astronomische Instrumente“, Fig. 1) befinden sich auf den beiden Pfeilern zwei mit ihren Mittellinien von O. nach W. gerichtete durchbrochene eiserne Cylinder, in deren innern Endflächen in der Mitte die zwei nach oben offenen, winkelförmigen Lager angebracht sind, in denen die Enden der Achse ruhen. Diese Enden bestehen aus möglichst genau kreisrunden Stahlcylindern von 9 cm Dicke; mittels besonderer Hilfsapparate kann die etwanige Abweichung des Querschnitts von der Kreisform ermittelt werden, um sie bei der Beobachtung in Rechnung zu ziehen. Das Mittelstück der Drehungsachse besteht aus einem würfelförmigen Hohlkörper, der durch zwei angeschraubte Hohlkegel mit den beiden Stahlzapfen verbunden ist. An diesen Würfel sind rechtwinkelig zur Drehungsachse ein Paar andre schwach kegelförmige Röhren angesetzt, welche den Körper des Fernrohrs bilden; am Ende der einen Röhre befindet sich das Objektiv (von 16,2 cm Öffnung und 1,9 m Brennweite), am andern der Okulareinsatz. Im gemeinschaftlichen [493] Brennpunkt beider ist ein Netz von (23) vertikalen Spinnfäden ausgespannt, an welchen man den Stern, dessen Ort bestimmt werden soll, passieren läßt, wobei die Zeiten nach den Schlägen einer Uhr notiert oder mittels eines elektrischen Stroms auf einem Chronographen registriert werden. Damit das Fernrohr auch genau in die Höhe des Sterns gerichtet werde, werden die vertikalen Fäden noch durch zwei nahe bei einander liegende horizontale Fäden gekreuzt, zwischen denen man den Stern hinlaufen läßt. Der Kreis c, welcher zur Ablesung der Kulminationshöhe der Sterne dient, besteht bei dem Straßburger M. aus Messing; in denselben ist ein Silberstreifen eingelegt, welcher eine bis zu 2 Minuten gehende Kreiseinteilung enthält. Zur Ablesung dienen vier Mikroskope, die an den Seitenwänden des nächsten der oben erwähnten eisernen Cylinder in Abständen von je 90° angebracht sind. Um auch Bogensekunden und deren Zehntel ablesen zu können, sind die Mikroskope mit Fadenmikrometern (vgl. Äquatorial) versehen. Da es für den Astronomen zeitraubend sein würde, die Richtigkeit aller Teilstriche genau zu prüfen, so begnügt man sich mit einer ungefähren Kenntnis der Teilungsfehler und untersucht nur etwa jeden fünften Teilstrich genauer. Zu ganz genauen Messungen ist aber auf der andern Seite des Fernrohrs noch ein zweiter Kreis angebracht, welcher nur in ganze Grade geteilt ist und bloß an vier um 90° voneinander entfernten Stellen je einen Grad bis zu 2 Minuten geteilt enthält, welche Teilungen nun leichter zu prüfen sind. Vor jeder Höhenbeobachtung hat man nun diesen auf der Achse drehbaren Kreis mittels eines Triebwerks so zu stellen, daß die erwähnten kleinern Bogen unter den Beobachtungsmikroskopen erscheinen, die auf dem benachbarten Pfeiler angebracht sind. Den Kreisen gab man früher, um feinere Teilungen anbringen zu können, einen sehr großen Durchmesser, wodurch sie indessen der Durchbiegung durch die Schwere und der Verspannung durch ungleiche Erwärmung sehr ausgesetzt wurden, weshalb man die Durchmesser jetzt kleiner nimmt; bei dem Straßburger M. beträgt derselbe nur 2 Fuß. Damit man aber die Höhe eines Sterns ablesen kann, muß man den Punkt des (fest mit der Achse verbundenen) Kreises kennen, welcher der vertikalen oder horizontalen Lage des Fernrohrs entspricht. Um den der erstern Lage entsprechenden Punkt, den Nadirpunkt, zu finden, ist unter der Mitte der horizontalen Achse ein Gefäß mit Quecksilber aufgestellt, auf welches man das Fernrohr richtet; bei genau vertikaler Lage des letztern muß dann, wenn man das Licht einer Lampe durch das Okular auf das Fadenkreuz fallen läßt, dieses letztere mit seinem Spiegelbild zusammenfallen. Um aber den Punkt des Kreises zu ermitteln, welcher der horizontalen Stellung des Fernrohrs entspricht, den sogen. Horizontalpunkt, sind süd- und nordwärts in gleicher Höhe mit der Achse auf besondern Pfeilern zwei Fernrohre in der Richtung des Meridians aufgestellt, sogen. Kollimatoren, die sich mit Hilfe von Wasserwagen genau horizontal stellen lassen. Richtet man nun das Fernrohr des Meridiankreises auf das Objektiv eines Kollimators, so daß man das Fadenkreuz des letztern erblickt, und stellt den Horizontalfaden des Meridianfernrohrs darauf ein, so ist das Fernrohr horizontal, und die zugehörige Ablesung gibt einen Horizontalpunkt des Kreises. Derselbe würde genau 90° vom Nadirpunkt abstehen, wenn das Fernrohr bei horizontaler Lage nicht infolge der Schwere eine kleine Durchbiegung erlitte. Man richtet deshalb das Fernrohr auch auf den andern Kollimator, und da die Wirkung der Schwere jetzt den entgegengesetzten Sinn hat, so ist das Mittel aus beiden Ablesungen von dem Einfluß der Schwere frei, während die halbe Differenz beider die Größe der Durchbiegung für die horizontale Lage des Fernrohrs gibt; daraus läßt sich dann die kleine Veränderung berechnen, welche die optische Achse des Fernrohrs bei beliebiger Neigung durch die Schwere erleidet. – Um die Teilstriche des Kreises sowie die Fäden des Fadennetzes im Fernrohr bei Nacht sichtbar zu machen, wird durch ein System von Prismen und Spiegeln das Licht zweier Lampen auf die unter den Mikroskopen sichtbaren Stellen des Kreises sowie in das Innere des Fernrohrs geworfen, und zwar kann man hier beliebig das Fadennetz beleuchten, so daß dieses hell im dunkeln Gesichtsfeld erscheint, oder es läßt sich auch das Gesichtsfeld beleuchten, von dem sich dann das Fadennetz dunkel abhebt. Auch kann man bei Beobachtung lichtschwacher Sterne durch ein im Würfel befindliches Drahtnetz die Beleuchtung im Fernrohr abschwächen. Von größter Wichtigkeit für die Genauigkeit der Beobachtungen ist die vollkommen kreisrunde Form der Zapfen der horizontalen Umdrehungsachse des Fernrohrs. Um sie prüfen zu können, enthält die Achse im Innern ein Fernrohr, und zwar befindet sich an dem einen Ende der Achse das Objektivglas und im Brennpunkt desselben am andern Ende eine auf eine Glasplatte photographierte kleine Scheibe. Beobachtet man nun dieses Scheibchen, während man das Fernrohr um seine Achse dreht, in einem in der Verlängerung dieser Achse aufgestellten Kollimatorfernrohr, so wird dasselbe entweder ruhend erscheinen, oder einen Kreis beschreiben, wenn die Zapfen genau kreisrund sind; im entgegengesetzten Fall muß man aus den zickzackförmigen Abweichungen den Einfluß auf die Messung berechnen. Um die Fehler zu eliminieren, welche daraus entstehen, daß das Fernrohr nicht genau senkrecht zur Drehungsachse steht, oder daß die Zapfen der letztern nicht gleich groß sind, wiederholt man die gemachte Beobachtung an einem andern Abend, nachdem man die Zapfen vertauscht hat. Hierzu dient ein auf Schienen fahrbarer Umlegebock, mit dessen Hilfe man das Instrument aus den Lagern hebt, dann aus den Pfeilern herausfährt, um die vertikale Achse des Bockes dreht und wieder in die Lager hineinlegt. Zur Prüfung der horizontalen Lage der Umdrehungsachse dient ein daran aufgehängtes Niveau. Um aber etwanige kleine Abweichungen des Fernrohrs von der Meridianebene zu erkennen, sind in einiger Entfernung von der Sternwarte Meridianzeichen oder Miren aufgestellt, bestehend in einer Metallplatte mit feiner Durchbohrung, hinter welcher ein Spiegel steht, welcher beleuchtet wird. Die Lage des so sichtbaren Lichtpünktchens gegen die Fäden im Fernrohr wird mittels einer Mikrometerschraube gemessen. Damit die Zapfen der horizontalen Achse nicht mit dem vollen Gewicht des Instruments auf die Lager drücken, wird die Achse durch die mit Rollen versehenen Haken i unterstützt, welche mit den Hebeln k verbunden sind, an deren andern Enden Gewichte aufgehängt sind. Der Ring k dient als Handhabe bei der Drehung des Fernrohrs; l, m, n sind Klemmvorrichtungen zur Feststellung des Fernrohrs, qq Gegengewichte zu dem Ring k und den Klemmvorrichtungen; p ist ein Fernrohr mit schwacher Vergrößerung (Sucher) zur ersten Einstellung des Meridiankreises. Vgl. Astronomische Instrumente.