Zum Inhalt springen

MKL1888:Markt

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Markt“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Markt“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 11 (1888), Seite 265
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Markt
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Markt
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Markt. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 265. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Markt (Version vom 16.12.2023)

[265] Markt (franz. Marché, engl. Market) bedeutet im weitern Sinn das Absatzgebiet einer Ware. So spricht man vom Geldmarkt als dem Gebiet, auf welchem Wertpapiere und edle Metalle gehandelt werden, vom Kredit-, Leih-, Arbeitsmarkt, heimischen M. u. dgl. Im engern Sinn ist M. der Ort, an welchem zu bestimmten Zeiten Käufer und Verkäufer einander treffen. Das Bedürfnis nach Abhaltung solcher Märkte machte sich besonders in verkehrsarmen, unsichern Zeiten geltend. Die Bedeutung derselben wurde schon frühzeitig durch Erlaß öffentlicher Anordnungen für Sicherheit, Regelmäßigkeit etc. (Marktordnungen, deren Aufrechthaltung der Marktpolizei obliegt), sodann durch Gewährung von Marktrechten und Privilegien anerkannt. Hierher gehören: 1) Die auf hervorragendern Plätzen der Stadt (Marktplätzen) abgehaltenen Wochenmärkte (nundinae). Sie gehen hervor aus dem Bedürfnis, die schnellem Verderb ausgesetzten Nahrungsmittel unmittelbar den städtischen Konsumenten zuzuführen. Ein Zwischenhandel (Hökerei) hat dennoch zu jeder Zeit stattgefunden und ist um so stärker geworden, je mehr die wachsende Ausdehnung der Städte dazu zwang, das flache Land auf immer weitere Entfernungen in Anspruch zu nehmen, so daß der Marktbesuch durch die kleinen Produzenten immer mehr erschwert, ja unmöglich wurde. Früher versuchte man, diesen Zwischenhandel in möglichst enge Schranken zu bannen, indem der Vorkauf vor den Thoren der Stadt verboten und der Höker zum Kauf erst nach Verfluß einer bestimmten Zeit zugelassen wurde. Auch neuerdings sind vielfach derartige Beschränkungen des Hökerwesens wieder empfohlen worden, weil die Preise der Marktwaren von den Aufkäufern häufig künstlich in die Höhe getrieben wurden. Der Erfolg solcher Beschränkungen erscheint um so zweifelhafter, je mehr das persönliche Aufsuchen des Marktes durch die Landleute abgenommen hat. Die Händler pflegen jetzt in der Zeit zwischen den Wochenmarktstagen von Dorf zu Dorf zu ziehen und Waren für den M. zusammenzukaufen, so daß die Konsumenten in der Mehrzahl Händler auf dem M. vor sich haben. Die Landleute sparen gern den Aufwand an Zeit, Geld und Mühe, welcher immerhin mit dem Marktbesuch verbunden ist, der sie überdies den Unbilden der Witterung preisgibt. Die Wochenmärkte unter freiem Himmel gefährden die Gesundheit von Käufern und Verkäufern, schaden der guten Erhaltung der Ware, beeinträchtigen den freien Verkehr und hinterlassen Unreinlichkeiten, die der Gesundheit Schaden drohen. Es empfiehlt sich daher die Einrichtung gedeckter Markthallen (franz. halles, Zentralmarkthallen), wie eine solche neuerdings in Berlin errichtet wurde und in Leipzig in Angriff genommen worden ist. An großen Orten, wie insbesondere in den Hallen von Paris, hat sich aus dem alten Wochenmarkt ein großartiges zentralisiertes Geschäft mit örtlicher Scheidung der einzelnen Artikel sowie eine Trennung zwischen Verproviantierungs- und Detailmarkt herausgebildet. In den Hallen der erstern erscheinen als Käufer die Zwischenhändler, welche die Produkte an die Detailhändler absetzen oder dieselben unmittelbar an die Konsumenten im Laden oder auf dem Detailmarkt verkaufen. Beide Märkte sind in Paris räumlich voneinander getrennt, während in London auf den meisten Marktplätzen der Detailverkauf dem Großverkauf zeitlich folgt. Während die Wochenmärkte allwöchentlich einmal oder mehreremal abgehalten werden, so kehrt 2) der Jahrmarkt nur einmal oder mehreremal im Jahr wieder. Er unterscheidet sich von jenen außerdem durch den größern Umfang des zulässigen Verkehrs, indem auf Jahrmärkten außer den in § 66 der Gewerbeordnung genannten Gegenständen des Wochenmarktverkehrs Verzehrungsgegenstände und Fabrikate aller Art feilgehalten werden dürfen. Zu den Jahrmärkten werden gesetzlich auch die Messen zu rechnen sein, welche von jenen sich im wesentlichen nur durch den Umfang unterscheiden. Ursprünglich waren die Jahrmärkte an kirchliche Feste angeknüpft, welche viele Kauflustige zusammenführten. Sie gaben Gelegenheit, sich mit Waren zu versorgen, die am Ort nicht zu haben waren, und bildeten auch wohl ein Mittel, zeitweilig die Schranken der Bann- und Zunftprivilegien zu durchbrechen. Man nannte deshalb den Jahrmarkt hier und da auch Freimarkt oder Dult (von indulgere, erlauben). Die moderne Entwickelung des Verkehrs, Gewerbefreiheit und Freizügigkeit haben den Jahrmarkt meist überflüssig gemacht. Doch behauptet er an kleinern, dem Verkehr entrückten Orten seine Bedeutung. Im übrigen wird er nur noch durch die mit ihm verbundenen Volksbelustigungen oder durch die Einnahme, welche er der Gemeindekasse abwirft, erhalten. Mehr und mehr an Bedeutung gewinnen heute 3) die Spezialmärkte für einzelne Gattungen von Gegenständen, insbesondere Rohstoffe (Vieh, Wolle, Garn, Hopfen etc.), namentlich solche, welche von vielen kleinen Produzenten hervorgebracht werden, und deren Erzeugung an bestimmte Jahreszeiten gebunden ist. Dieselben sichern dem zerstreuten Kleinbetrieb die Vorteile des Großbetriebes und eines konzentrierten Marktes mit regelmäßigerer, von individuellen Zufälligkeiten und wucherlicher Ausbeutung freierer Preisbildung. Für das Deutsche Reich ist der Marktverkehr gesetzlich geordnet durch § 64–71 der Gewerbeordnung. Vgl. Baumstark, Über den Wochenmarktsverkehr (Mannheim 1836); Prince-Smith in „Vierteljahrsschrift für Volkswirtschaft“ 1863; Scholz und Emminghaus (das. 1864); Eberty, Über Lebensmittelversorgung von Großstädten in Markthallen (Berl. 1884).