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MKL1888:Magdeburg

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Magdeburg“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 5761
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Magdeburg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 57–61. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Magdeburg (Version vom 11.11.2023)

[57] Magdeburg, vormaliges deutsches Erzbistum, ward 962 aus einem Teil des Bistums Halberstadt gebildet, 967 bestätigt, aber erst 968 nach dem Tode des Erzbischofs Wilhelm von Mainz und des Bischofs Bernhard von Halberstadt wirklich eingerichtet. Zu seinem Sprengel gehörten die Bistümer Meißen, Merseburg, Zeitz-Naumburg, Havelberg, Brandenburg und in der ersten Zeit auch Posen; auch erhielt das Erzbistum die Würde eines Primats in Deutschland. Adalbert, der erste Erzbischof, starb auf einer Visitationsreise 981 bei Merseburg. Sein Nachfolger Gisilar, der zugleich auch Bischof von Merseburg war, besiegte die Wenden und starb 1004. Der 13. Erzbischof (1126–34) war der heil. Norbert, der Stifter des Prämonstratenserordens, dem er auch das Kloster Unsrer Lieben Frauen und andre Klöster anwies. Erzbischof Wichmann (1152–92), der an den Reichsangelegenheiten und am Kampf gegen Heinrich den Löwen hervorragenden Anteil nahm, half 1157 Brandenburg wiedererobern und dort das Christentum herstellen; unter ihm wurde das Schloß Giebichenstein regelmäßige Residenz der Erzbischöfe. Unter dem Erzbischof Albrecht I., Grafen von Kevernburg (1205–32), wurde 1211 an der Stelle des 1207 abgebrannten der Grund zu dem neuen Dom gelegt. Unter ihm kam es zum sogen. Magdeburger Krieg gegen den Markgrafen Albrecht II. von Brandenburg, welcher seine Allodialgüter in der Altmark vergebens von der Lehnshoheit des Erzstifts zu befreien suchte. Erzbischof Burchard I. (seit 1232) setzte die Streitigkeiten fort, starb aber schon 1235 in Konstantinopel auf einer Reise nach Jerusalem. Ihm folgte Albrechts I. Bruder Wilbrand, der von dem Markgrafen Johann I. geschlagen und gefangen wurde. Hiermit endete 1244 der Magdeburger Krieg. Unter dem 38. Erzbischof, Günther von Schwarzburg (1403–45), kam es in dem schon seit langem entzündeten Streit zwischen Stift und Stadt 1432 wegen der Befestigung der letztern gegen die Hussiten zu einem Aufstand der Bürger, worauf der Erzbischof das Interdikt über die Stadt verhängte, das er erst 1435 aufhob. Sein Nachfolger Friedrich verzichtete 1449 auf die Lehnshoheit über die Altmark. Von dem 40. Erzbischof, Johann von Bayern (1464–75), an bekleideten nur Mitglieder der großen fürstlichen Familien die erzbischöfliche Würde. Ernst von Sachsen (1476–1513) verlegte die Residenz nach Halle, wo er die Moritzburg erbaute. Auf ihn folgten sechs Fürsten aus dem Haus Brandenburg. Unter Albrecht V. (1513–45, s. Albrecht 8), welcher auch Bischof von Halberstadt war, ja 1514 sogar Kurfürst und Erzbischof von Mainz, 1518 Kardinal wurde, begann seit 1524 die Ausbreitung der Reformation, die trotz des Widerstandes Albrechts sich behauptete, weshalb derselbe 1541 das Stift gänzlich verließ. Unter Johann Albert (1545–51) und Friedrich IV. (1551–52) behauptete sich die neue Lehre, und der letzte vom Papst bestätigte Erzbischof, Siegmund (1552–66), Kurfürst Joachims II. jüngster Sohn, trat offen zur lutherischen Lehre über und führte sie auch im Land ein. Von seinen Nachfolgern, den drei postulierten Erzbischöfen evangelischen Bekenntnisses, übergab der erste, Joachim Friedrich, des spätern Kurfürsten Johann Georg Sohn, 1567 den Dom, der seit 1546 geschlossen gewesen, dem evangelischen Gottesdienst und verheiratete sich 1570 mit seiner Base Katharine von Küstrin. Der jüngste Sohn aus dieser Ehe, Christian Wilhelm (geb. 1587), folgte ihm, als Joachim Friedrich 1598 Kurfürst von Brandenburg wurde, [58] 1598 erst unter der Vormundschaft des Domkapitels, seit 1608 selbständig und nahm am Dreißigjährigen Kriege gegen den Kaiser teil, weswegen er 1628 vom Kapitel entsetzt und sein Koadjutor, Herzog August von Sachsen, zweiter Sohn des Kurfürsten Johann Georg, zum Erzbischof und Administrator erwählt wurde. Nach dem Restitutionsedikt 1629 ernannte Ferdinand II. seinen Sohn, Erzbischof Leopold Wilhelm, zum Erzbischof, der auch nach Magdeburgs Eroberung 1631 kurze Zeit das Stift innehatte. Der Streit zwischen den drei Prätendenten wurde im Prager Frieden 1635 so geschlichtet, daß Leopold Wilhelm Halberstadt, Christian Wilhelm, der 1632 in kaiserlicher Gefangenschaft katholisch geworden, 12,000 Thlr. Rente erhielt und das Erzstift dem Herzog August von Sachsen übergeben wurde. Infolge einer Bestimmung des Westfälischen Friedens (1648) wurde es nach Augusts Tod 1680 säkularisiert und als ein erbliches Herzogtum dem Haus Brandenburg zum Ersatz für Vorpommern gegeben. Die Würde des Primas von Deutschland kam an den Erzbischof von Salzburg. Das ganze Herzogtum, ohne die 1780 dazu geschlagene preußische Grafschaft Mansfeld, umfaßte 1773 auf 5400 qkm 29 Städte, 7 Flecken und 418 Dörfer. Die Zahl der Einwohner belief sich auf 234,050, später 260,000, meist protestantischer Konfession. Die gesamten landesfürstlichen Einkünfte des Herzogtums betrugen jährlich 1,400,000 Reichsthaler. Das Wappen war ein mit Rot und Silber quer geteilter Schild. Das Herzogtum war in vier Kreise geteilt: den Holzkreis, den Jerichowschen Kreis, den Saalkreis und den Ziesarschen Kreis. S. die „Geschichtskarten von Deutschland“. Vgl. Lentzen, Stifts- und Landeshistorie von M. (Köthen 1756); „Regesta archiepiscopatus Magdeburgensis“ (hrsg. von v. Mülverstedt, Magdeb. 1877–86, Bd. 1–3); Großfeld, De archiepiscopatus Magdeburgensis originibus (Münst. 1856); Opel, Die Vereinigung des Herzogtums M. mit Kurbrandenburg (Halle 1880).

[Burggrafschaft Magdeburg.] Ganz verschieden vom Erzbistum und Herzogtum M. war die Burggrafschaft M. Schon zu Karls d. Gr. Zeit bestand die alte kaiserliche Statthalterschaft zu M. Unter Kaiser Otto I. erhielt dieses Amt Bedeutung durch seine Verbindung mit der Vogtei über das neugegründete Erzbistum. Nachdem mehrere Mitglieder der Häuser Walbeck und Plötzke die Burggrafschaft besessen hatten, kam sie 1118 an den Grafen Wiprecht von Groitzsch. Nach dem Tod von Wiprechts Sohn Heinrich von Groitzsch, Markgrafen der Lausitz, kam sie 1136 an Burkhard von Querfurt, bei dessen Geschlecht sie bis 1269 blieb. In diesem Jahr erkaufte Erzbischof Konrad II. das Burggrafentum mit dem damit verbundenen magdeburgischen Erzschenkenamt von dem Grafen Burkhard zu Mansfeld und überließ es den Herzögen Johann von Lauenburg und Albrecht II. von Wittenberg für 12,000 Mark, aber als Lehen des Erzstifts. Die Burggrafschaft umfaßte damals die burggräflichen Rechte zu Magdeburg und Halle sowie die Ämter Gommern, Ranis, Elbenau und Grottau. Indes 1294 wurde das Burggrafentum wieder an das Erzstift verpfändet und blieb mit diesem vereinigt, bis es 1538 Kurfürst Johann Friedrich mit schweren Kosten wieder einlöste, um es zu gunsten der Evangelischen gegen Albrecht V. geltend zu machen. Doch gab es darüber noch viele Streitigkeiten, die endlich 10. Juni 1579 durch den Magdeburger Permutationsrezeß zu Eisleben zwischen dem Kurfürsten August von Sachsen und dem Erzstift M. dahin entschieden wurden, daß das Erzstift an Kursachsen einen großen Teil der Grafschaft Mansfeld abtrat, wogegen das Kurhaus Sachsen auf das Burggrafentum verzichtete, aber sich und seinen Nachkommen den Titel und das Wappen desselben nebst den vier oben genannten Ämtern vorbehielt.

Magdeburg (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der preuß. Provinz Sachsen wie des gleichnamigen Stadtkreises und eine der wichtigsten Festungen des Deutschen Reichs, liegt am Nordende der fruchtbaren

Wappen von Magdeburg.

Magdeburger Börde (s. d.) und an der Elbe, die sich hier in drei Arme, die Strom-, Zoll- und Alte Elbe, teilt, unter 11° 40′ östl. L. v. Gr. und 52° 8′ nördl. Br., 41 m ü. M., und besteht aus der eigentlichen alten Stadt und der Sudenburg und den früher selbständigen, seit 1886 und 1887 mit dem Stadtgebiet vereinigten Städten Neustadt und Buckau am linken Elbufer sowie der Citadelle und dem Werder auf den Inseln in der Flußteilung und der befestigten, von König Friedrich Wilhelm I. 1731 gegründeten Friedrichstadt am rechten Ufer der Alten Elbe. Durch die Abtragung der bei der nach 1866 erfolgten Erweiterung der Festung von der Stadtgemeinde angekauften alten Festungswerke ist im S. und W. ein Raum gewonnen worden, welcher ungefähr der Hälfte des ganzen alten bebauten Terrains gleichkommt, und auf welchem jetzt ein neuer Stadtteil entstanden ist, der vorzüglich an der breiten und vornehmen Kaiserstraße mit sehr eleganten Bauten besetzt ist. Ein Teil der alten Festungswerke und Glacis ist in Promenaden und parkartige Anlagen umgewandelt worden, von denen namentlich der Friedrich Wilhelms-Garten, an der Stelle des 968 gegründeten, 1809 aufgehobenen, 1813 von den Franzosen geschleiften Klosters Bergen gelegen, die ehemalige Bastion Kleve mit dem schönen Kriegerdenkmal und der Fürstenwall sich auszeichnen. Die alten Festungsthore sind größtenteils geblieben; nur das frühere Schrotdorfer Thor im NW. ist entfernt, während das Ulrichs- und Sudenburger Thor weiter hinausgerückt sind. Da nach dem Brand von 1631 die alte Stadtanlage mit all den engen und winkeligen Gassen beibehalten wurde und zudem das Terrain nach der Elbe hin erheblich abfällt, macht der eigentliche Kern der Stadt abseits von der Hauptverkehrsader derselben, dem denselben in seiner ganzen Ausdehnung durchschneidenden Breiten Weg, keinen angenehmen Eindruck, doch wird in der neuesten Zeit viel für Verbreiterung enger Gassen und Anlage neuer Straßenzüge gethan. Von Plätzen sind hervorzuheben: der Neue Markt oder Domplatz und der Alte Markt. Auf dem an letztern stoßenden kleinen Platz vor der Hauptwache steht die 1857 errichtete Bronzestatue des frühern Oberbürgermeisters Franke; den Alten Markt selbst ziert das merkwürdige Reiterstandbild Kaiser Ottos I., das jedoch kein Denkmal im heutigen Sinn, auch nicht, wie die Inschrift des 16. Jahrh. besagt, schon 973, sondern erst gegen Ende des 13. Jahrh. errichtet worden ist. Wie die beiden weiblichen Figuren zu Seiten des Kaisers, welche irrigerweise als dessen beide Frauen bezeichnet werden, so hat auch das Standbild symbolische Bedeutung und wurde, wie die Rolande, jedenfalls als Sinnbild für die erworbene Gerichtsbarkeit der Stadt aufgestellt. Die zahlreichen

[Ξ]

MAGDEBURG.
Maßstab 1 : 10 000
[Nebenkarte:] Maßstab 1 : 100.000.
Albrecht-Straße C2
Alter Markt D3
Amtsgericht B3
Anhalt-Straße A3
Apfel-Straße D3
Armen- u. Arbeitsanstalt E4
Artillerie-Kaserne A3
Augusta-Straße A4
Augustini-Kloster E4
Ausladeplatz E5
Bade- u. Heilanstalt AB4
Bahnhof-Straße A–C2
Bär-Platz u. Straße C3
Berliner Straße C3,4
Bismarck-Straße A4
Blaue Beil-Straße E3
Blücher-Straße A3
Börse D3
Brandenburger Straße C1
Braune Hirsch-Straße DE2
Breite Weg, Der A–E2,3
Brückthor, Am C4
Citadelle CD5
Dom u. Dom-Gymnasium A4
Dom-Platz AB4
Dom-Straße A3,4
Drei Brezel-Straße C3
Drei Engels-Straße D2
Eilgut-Expedition BC1
Faßlochs-Berg F4
Fabrik-Straße D2
Festungswerke D–F1–3
Feuerwehr-Depot C1
Fischer-Thor F4
Fischer-Ufer, Alt. u. Neues EF4
Franke-Straße A2
Franz.-reform. Kirche E3
Fürsten-Straße C4
Fürstenwall BC4
Georgen-Platz u. Straße D2
Georgen-Stift D2
Goldschmiede-Brücke C3
Grüne Arm-Straße E3
Guerike-Straße B2
Güter-Expedition A2
Harmonie DE3
Hasselbach-Straße B2
Heideck-Straße A3
Heilige Geist-Kirche C3
Heilige Geist-Straße C3,4
Himmelreich Straße B3
Hauptwache D3
Hohe Pforte F3
Hohenzollern-Straße C1
Holzhof, Am E4
Jakobi-Kirche E3
Jakobs-Förder F4
Jakobs-Straße DE3
Johannisberg-Straße D3,4
Johannisfahrt-Straße CD4
Johannis-Kirche D4
Junker-Platz C4
Junker Straße, Große u. Kl. CD4,5
Kaiser-Halle C2
Kaiser-Straße A–C2,3
Kameels-Straße F4
Karl-Straße C1,2
Katharinen-Kirche DE2
Katharinen-Straße E2,3
Katzensprung D3
Kloster-Straße, Große C4
Knochenhauer-Ufer D4
Kommandantur BC4
Krankenhaus, Städtisches D2
Kreuzgang-Straße B3
Krieger-Denkmal A4
Kriminal- u. Schwurgericht F3
Kröcken-Thor EF2
Kronprinz-Straße B2
Kutscher-Straße C2
Lagerplätze A1
Leiter-Straße B3
Lödischehof-Straße CD3
Loge C2 u. D3
Magdalenen-Stift E4
Margareten-Straße D2,3
Marien-Kirche B4
Markt-Str., Große u. Kl. DE3,4
Marstall-Straße D2
Militär-Lazarett B3
Mittel-Straße EF5
Mühlen-Str., Große u. Kl. EF3
Münz-Str., Große u. Kleine C2
Nadelöhr-Gasse D3
Neue Wall-Straße A–C1
Neuer Weg D3
Neustädter-Straße EF3,4
Ober-Landesgericht B4
Ober-Präsidium B4
Offizier-Kasino A2,3
Oranien-Straße A2,3
Otto der Große, Statue D3
Packhof D4
Palais, Königliches B4
Pädagogium BC4
Peters-Straße E3
Petris-Förder E4
Petri-Kirche E4
Pionier-Kaserne D3
Polizei-Direktion C2
Post B3
Post-Straße B3
Prälaten-Straße BC2,3
Proviant-Amt A3
Provinzial-Steuerdirektion A3
Rathaus D3
Ravensberg, Kaserne D1
Real- u. Gewerbeschule C1
Reformierte Kirche B3
Regierungsgebäude B4
Regierungs-Straße BC3,4
Reichsbank C2
Reichshalle B2
Ring-Straße A1
Rote Krebs-Straße E3
Scharnhorst-Straße A3,4
Scharnhorst-Platz A3
Schilder-Straße C3
Schleuse, Die B5
Schöneck-Straße C2,3
Schoppen-Straße DE2,3
Schrotdorfer Kasernen Str. DE1,2
Schrotdorfer Straße D2
Schuh-Brücke CD3
Schul-Straße D2
Schul-Straße, Kleine F4
Schwertfeger-Straße D3
Schwimmanstalt C4
Sebastian-Kirche AB3
Spiegel-Brücke D3,4
Stadt-Marsch B5
Stadt-Theater D2
Steinerne Tisch-Str., Groß. u. Kl. E2
Stein-Straße B3
Stephans-Brücke D4
Steueramt D4
Storch-Straße, Große u. Kl. F3
Strom-Bad C4
Synagoge D2
Telegraph C2
Theater B2
Thränsberg-Straße EF3
Tischler-Brücke C3
Tischlerkrug-Straße E3
Töchterschulen A3 u. B3
Ulrich-Kirche C2
Ulrichs-Straße C2
Unserer Lieben Frau, Klost. BC4
Venedische Straße E2
Viktoria-Platz D2,3
Viktoria-Straße B2
Vogelgreif-Straße E3,4
Walloner Berg EF4
Walloner Kirche E4
Wall-Straße E2
Wasch- u. Badeanstalt C4
Wasserkunst, An der D4
Weinfaß-Straße C2
Werder, Großer EF5
Werder, Kleiner DE5
Werft-Straße D4
Wilhelm-Straße C1,2
Zeisigbauer C4
Zentral-Bahnhof AB1
Zeughaus B3
Zoll-Straße EF5

[59] Kirchen überragt sämtlich der erhabene Dom, ein Bauwerk gotischen Stils, aber noch erfüllt von romanischen Bildungen. Das jetzige Gebäude wurde nach dem Brande des von Otto d. Gr. erbauten Doms 1207 auf derselben Stelle begonnen; der älteste Teil, das hohe Chor, enthält noch antike Säulen aus dem frühern Dom. Traditionell wird als Baumeister Bonensack genannt. 1363 erfolgte die Einweihung durch Erzbischof Dietrich, aber erst 1520 waren auch die Türme vollendet. Der Grundriß des Gebäudes zeigt das von W. nach O. gerichtete lateinische Kreuz; die ganze Länge beträgt 120 m, die innere Länge 114,8 m. Mit den beiden je 9,4 m breiten Nebenschiffen beträgt die ganze lichte Breite 31,4 m, ebensoviel wie die Höhe des Hauptschiffs, welches von zwölf gewaltigen Pfeilern getragen wird und den erhabensten Eindruck von der Kapelle unter den Türmen aus gewährt. Die beiden westlichen Haupttürme haben eine Höhe von 104,6 m; der südliche entbehrt noch der 1540 vom Blitz herabgeworfenen, die Spitze bildenden steinernen Kreuzblume. Im Chor deckt eine Marmorplatte den Sarg Ottos d. Gr., ein steinernes Grabdenkmal des 15. Jahrh. bezeichnet die Ruhestätte seiner Gemahlin Editha; eine Hauptzierde der Kirche ist das Grabmal des Erzbischofs Ernst (gest. 1513), dessen Seitenwände die Gestalten der zwölf Apostel schmücken, eins der Meisterwerke Peter Vischers, von ihm noch bei Lebzeiten Ernsts in dessen Auftrag gegossen. Die Krypte des alten Doms unter dem hohen Chor ist bei der großen Restauration 1825–35 nicht wieder aufgesucht worden. Die übrigen protestantischen Kirchen: die Johanniskirche (älteste Pfarrkirche, davor das 1886 errichtete Standbild Luthers), die Ulrichs-, Heiligegeist-, Jakobi-, Katharinen-, Petri-, die reformierte und die Wallonerkirche, bieten baulich nichts Hervorragendes, das meiste noch die jetzt katholische Liebfrauenkirche. Früher gehörte sie zum Kloster gleiches Namens, dessen Räume jetzt ein Gymnasium (s. unten) beherbergen; von hier ist auch der schöne romanische Kreuzgang zugänglich. 1129 in ein Prämonstratenserkloster umgewandelt, hatte das Kloster neben dem Mutterkloster Prémontré den höchsten Rang unter allen Stiftungen dieses Ordens. Die Nikolaistiftskirche dient jetzt als Zeughaus, die Gertraudenkirche als Speicher; die Sebastiansstiftskirche (mit dem Grabmal Ottos v. Guericke) wird der katholischen Gemeinde eingeräumt werden. Von sonstigen öffentlichen Gebäuden verdienen Erwähnung: das 1691 erbaute Rathaus auf dem Alten Markt (die Stadtbibliothek bewahrend), das Regierungsgebäude, daran die Gangolphistiftskirche, das Fürstenhaus, die Börse, der prachtvolle Zentralbahnhof, das geschmackvoll eingerichtete neue Stadttheater. Ins Auge fallen die noch immer zahlreich vorhandenen stattlichen Häuser im Spätrenaissancestil am Breiten Weg und Alten Markt.

Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (2 Infanteriereg. Nr. 26 und 66, 2 Infant.-Bat. Nr. 27, eine Abteilung Feldartillerie Nr. 4, ein Pionier-Bat. Nr. 4 u. ein Train-Bat. Nr. 4) auf 159,520 Seelen (gegen 88,012 im J. 1875, Neustadt und Buckau abgerechnet). Darunter befinden sich 147,353 Evangelische, 8614 Katholiken, 1738 sonstige Christen und 1815 Juden. Die Industrie ist sehr bedeutend. M. besitzt außer vielen kleinern 5 große Eisengießereien, Maschinen- und Metallröhrenfabriken, darunter das Grusonsche Etablissement (mit 1328 Arbeitern) in Buckau, welches sich eines Weltrufs erfreut. Dasselbe produzierte 1886: 67,429 Doppelzentner Gußwaren, darunter 5998 Doppelztr. Panzerplatten, ferner Revolverkanonen, Panzerlafetten, Unterbauten zu Panzertürmen, Kräne, hydraulische Hebezeuge, Drehscheiben, Excelsiormühlen etc. Von großer Bedeutung sind ferner: die Spiritus- und Branntweinbrennerei, die Fabrikation von künstlichem Dünger, Zement, Zucker, Schokolade, Zichorie, Tabak und Zigarren, Lackfirnis, verschiedenen Chemikalien und Thonwaren (besonders Majolika- und Schamotteöfen). Ferner sind nennenswert: Baumwollspinnerei, Handschuhfabrikation, Holzbildhauerei, Fabrikation von Seiden- und Baumwollband, Geldschränken, Harmoniken, Harmoniums und Pianofortes, Seife, Leder, Metallwaren und Armaturgegenständen, Fettwaren etc., die Zuckerraffinerie und Bierbrauerei. Der Handel ist ebenfalls sehr bedeutend. Für Zucker ist M. der Hauptplatz ganz Deutschlands. Außerdem ist er vorzugsweise lebhaft in Getreide, Kolonialwaren, Zichorie, Kohlen, Eisenwaren, Sauerkohl, Fettwaren, Tuch, Holz etc. Nennenswert sind auch: der Buchhandel (18 Geschäfte) sowie der Garten-, Obst- und Gemüsebau. Zudem hat die Stadt besuchte Märkte, Pferdemärkte, eine 14tägige Messe im September und einen Wollmarkt. Unterstützt wird der Handel durch eine Handelskammer, eine Börse, eine Reichsbankhauptstelle (Umsatz 1886: 1232 Mill. Mk.) sowie durch eine sehr große Zahl von Bankinstituten, Versicherungsanstalten etc. Der Verkehr nach den verschiedensten Richtungen hin ist der denkbar günstigste. M. ist Knotenpunkt der Linien Leipzig-Wittenberge, Berlin-M., M.-Öbisfelde, M.-Schöningen und M.-Halberstadt. Sämtliche Linien münden in den großartigen Zentralbahnhof. Sehr bedeutend ist der Verkehr auf der Elbe. 1885 kamen an zu Berg: 4253 Schiffe (darunter 151 Dampfer) mit 417,220 Ton. Ladung; zu Thal: 1854 Schiffe und 20,809 Flöße mit 329,477 T. Ladung. Es gingen ab zu Berg: 2064 Schiffe (darunter 49 Dampfer) mit 19,354 T. Ladung; zu Thal: 3243 mit 325,914 T. Ladung. Ein zweckmäßig angelegter Hafen dient dem Winterschutz der Schiffe. Die Verbindung der innern Stadt mit den Vorstädten vermittelt eine Pferdebahn.

An Bildungsanstalten und ähnlichen Instituten besitzt M. ein pädagogisches Seminar, 3 Gymnasien, ein Progymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Handelsschule, ein Lehrerinnenseminar, ein Reichswaisenhaus (errichtet aus Sammlungen des Reichsfechtvereins), viele milde Stiftungen, ein Stadttheater, ein Zuchthaus, ein großes, musterhaft eingerichtetes Krankenhaus, eine Hebammenlehranstalt, ein orthopädisch-chirurgisches Institut, wissenschaftliche Vereine, eine Wetterwarte etc. Die „Magdeburgische Zeitung“, ein Blatt nationaler Richtung, ist weit über die Grenzen Deutschlands hinaus wohlbekannt. An Behörden befinden sich in M.: das Oberpräsidium, Konsistorium, Provinzialschulkollegium, die Generalsteuerdirektion und das Staatsarchiv der Provinz Sachsen, dessen großer Urkundenschatz bis in das 10. Jahrh. zurückreicht, eine Oberpost- und eine Eisenbahndirektion, ein königliches Polizeipräsidium, Forstinspektionen, ein Hauptsteueramt, ein Landgericht etc., ferner: das Generalkommando des 4. Armeekorps, das Kommando der 7. Division, der 13. und 14. Infanterie-, der 7. Kavallerie- und der 4. Feldartilleriebrigade. Das Wappen der Stadt (s. Figur) zeigt ein geöffnetes Festungsthor, über demselben rechts und links zwei Türme und zwischen diesen, auf der Mauer, eine Jungfrau mit hoch gehobenem Lorbeerkranz. Zu den umfangreichen Festungswerken gehören die Citadelle und 13 Forts in weitem Umkreis um die [60] Stadt. Die Umgegend ist fast ganz reizlos. Die Hauptvergnügungsorte der Magdeburger bilden der Park Herrenkrug, rechts an der Elbe unterhalb der Friedrichstadt und mit dieser durch eine Straßenbahn verbunden, der Stadtpark Vogelsang und der Friedrich Wilhelms-Garten (s. oben). – Zum Landgerichtsbezirk M. gehören die 17 Amtsgerichte zu Aken, Barby, Burg, Erxleben, Gommern, Groß-Salze, Hötensleben, Kalbe a. S., Loburg, M., Neuhaldensleben, Neustadt-M., Schönebeck, Staßfurt, Wanzleben, Wolmirstedt und Ziesar.

[Geschichte.] Im J. 805 wurde M., damals Magadoburg genannt, von Karl d. Gr. zu einem Handelsplatz bestimmt, über welchen die mit den Wenden und Avaren handelnden Kaufleute nicht hinausgehen durften. 923 und 924 wurde M. bei einem Einfall der mit den Ungarn vereinigten Wenden und Slawen beinahe gänzlich zerstört, aber von der Königin Editha, Gemahlin Ottos d. Gr., wieder aufgebaut und mit Wällen und Mauern umgeben. Das von Otto d. Gr. 936 hier gegründete Moritzkloster wurde 968 in ein Erzbistum verwandelt. 1135 hielt Lothar II. hier einen Reichstag, auf welchem Herzog Erich von Schleswig die dänische Krone als deutsches Lehen erhielt. Nach dem großen Brand von 1188, dem ein bedeutender Teil der Stadt zum Opfer fiel, erholte sich diese bald, trat der Hansa bei und erhielt im 14. Jahrh. das Stapelrecht für die Elbschiffahrt. Gegen das Ende des 15. Jahrh. erscheint M. fast unabhängig von den Erzbischöfen, die auch meist auswärts, besonders zu Halle, residierten; doch hat es sich nie völlig von denselben befreit und ist nie Reichsstadt gewesen. Der schon frühzeitig errichtete Schöppenstuhl stand im Mittelalter in großem Ansehen, und das Magdeburger Recht, eine Mischung von altsächsischen Gewohnheits- und Magdeburger Lokalrechten, hatte in den östlichen slawischen Landen weite Verbreitung und Gültigkeit. Die höchste Blüte der Stadt vor dem Dreißigjährigen Krieg fällt in den Anfang des 16. Jahrh., wo sie gegen 40,000 Einw. zählte. Seit 1524 fand in M. die Reformation besonders durch Amsdorfs Bemühungen Eingang. M. trat 1531 dem Schmalkaldischen Bund bei, sagte sich vom Erzbischof und dem Kapitel los und unterwarf sich auch dem Kaiser nicht, selbst als derselbe im Schmalkaldischen Krieg 1547 ganz Sachsen erobert hatte. 1548 deshalb in die Reichsacht erklärt, beugte es sich nicht, sondern verweigerte die Annahme des Interim und wurde Zufluchtsort aller durch die Religionsverfolgung vertriebenen Glaubensgenossen, namentlich zahlreicher Prediger. Karl V. hatte die Vollziehung der Acht dem Kurfürsten Moritz von Sachsen aufgetragen. Dieser begann 4. Okt. 1550 die eigentliche Belagerung und eroberte schon 28. Nov. die Neustadt, doch die Bürgerschaft wies mit glänzender Tapferkeit alle Angriffe auf die Altstadt zurück und machte viele glückliche Ausfälle. Erst als Moritz Gnade und Religionsfreiheit anbot, nahm M. sächsische Besatzung auf und huldigte Moritz als Burggrafen (9. Nov. 1552). Im Dreißigjährigen Krieg wurde es 1626 kurze Zeit von Wallenstein besetzt, dann 1629 von demselben 28 Wochen lang vergebens eingeschlossen und 1630, weil es seinen geächteten Administrator Christian Wilhelm wieder aufgenommen hatte, von neuem durch Pappenheim belagert. In der Hoffnung baldigen Entsatzes durch Gustav Adolf leisteten zwar die Bürger mit Hilfe einer kleinen schwedischen Besatzung unter Falkenberg mannhaften Widerstand. Aber als sich im März 1631 Tilly mit Pappenheim vereinigte und nun 25,000 Mann die nur von 2000 Mann verteidigte Stadt belagerten, konnten die Außenwerke gegen den Ansturm der Übermacht nicht behauptet werden; die Vorstädte wurden in Brand gesteckt und die Verteidigung auf die eigentliche Stadt beschränkt. Indes die Kräfte der heldenmütigen Bürgerschaft waren erschöpft, und als sich die vom Nachtdienst ermüdeten Posten am Morgen des 10. (20.) Mai 1631 eben in ihre Häuser begeben hatten, begann um 9 Uhr der Sturm auf zwei Seiten. Die Kaiserlichen drangen unter Pappenheim am Krökenthor zuerst in die Stadt ein; im Straßenkampf fiel Falkenberg. Während desselben brach an vielen Stellen zu gleicher Zeit eine Feuersbrunst aus, welche wahrscheinlich auf Falkenbergs Befehl von der fanatisierten Schiffer- und Arbeiterbevölkerung angelegt worden war, um M. lieber zu zerstören, als in die Hände des Feindes fallen zu lassen, und sich schnell über die ganze Stadt verbreitete. Die Kaiserlichen rächten sich für die Zerstörung der gehofften Beute durch maßlose Grausamkeiten. Nur der Dom, der sofort für den katholischen Gottesdienst neu geweiht wurde, das Liebfrauenkloster und einige elende Fischerhütten blieben vom Feuer verschont. Von sämtlichen 36,000 Einw. entgingen nur wenige Tausende dem Tod. Nachdem 1632 die Kaiserlichen wieder abgezogen waren, besetzten die Schweden die Stadt. Sie erstand schnell wieder aus den Trümmern, ward aber 1636 schon wieder von den Kaiserlichen und Sachsen belagert und durch Kapitulation genommen. Im Westfälischen Frieden (1648) wurde M. nebst dem Erzstift dem Haus Kurbrandenburg für den Fall des Todes des damaligen Administrators August von Sachsen, der aber erst 1680 erfolgte, abgetreten. Lange sträubte sich M., dem Kurfürsten von Brandenburg zu huldigen, mußte aber schließlich im Vergleich zu Klosterberge 6. Juni 1666 doch einwilligen. In der Folge ließen sich in M. viele der aus Frankreich vertriebenen Reformierten nieder (vgl. Tollin, Geschichte der französischen Kolonie von M., Halle 1887, 2 Bde.). Im Krieg Preußens mit Frankreich 1806 übergab der Kommandant v. Kleist M. 11. Nov. d. J. an die Franzosen unter Ney. Im Tilsiter Frieden 1807 an Frankreich abgetreten und sodann zum Königreich Westfalen geschlagen, kam M. durch den Pariser Frieden wieder an Preußen, nachdem es 1813–14 bloß von einem Korps unter Tauenzien eingeschlossen worden war. Durch die Beseitigung der alten Umwallung, welche seit 1869 durch die Anlage neuer Festungswerke ersetzt wurde, hat die Stadt neuerdings eine bedeutende Erweiterung erfahren. Vgl. Lehmann, Beschreibung der Stadt M. (3. Aufl., Magdeb. 1839); Rosenthal, M. (Festschrift zur 57. Naturforscherversammlung, das. 1884); Kawerau, M., ein deutsches Städtebild (das. 1886); Rathmann, Geschichte der Stadt M. (das. 1800–17, 4 Bde.); Hoffmann, Chronik der Stadt M. (das. 1843–50, 3 Bde.; 2. Aufl. 1885 ff.); Wolter, Geschichte der Stadt M. (das. 1845); Janicke, Chroniken von M. (Leipz. 1869, Bd. 1); Dittmar, Beiträge zur Geschichte der Stadt M. nach 1631 (Halle 1885 ff.); Kawerau, Aus Magdeburgs Vergangenheit (das. 1886); Hertel, Geschichte des Klosters Unsrer Lieben Frauen (Magdeb. 1885); „Geschichtsblätter für Stadt und Land M.“ (das., seit 1866); O. v. Guericke, Geschichte der Belagerung, Eroberung und Zerstörung von M. (hrsg. von Hoffmann, 2. Aufl., das. 1887). Über diese Episode der Zerstörung und ihren Urheber ist ein lebhafter Streit entbrannt (vgl. besonders Wittich, M., Gustav Adolf und Tilly, Berl. 1874, Bd. 1).

[61] Der Regierungsbezirk M. (s. Karte „Provinz Sachsen“) umfaßt 11,507 qkm (209 QM.), hat (1885) 989,760 Einw. (darunter 942,499 Evangelische, 40,365 Katholiken und 4023 Juden) und besteht aus den 15 Kreisen:

Kreise QKilo­meter QMeil­en Ein­wohner Einw. auf 1 QKil.
Aschersleben 450 8,17 74813 166
Gardelegen 1309 23,78 52018 40
Halberstadt 494 8,97 70433 143
Jerichow I 1381 25,08 70190 51
Jerichow II 1378 25,03 55023 39
Kalbe 526 9,55 92958 177
Magdeburg 55 1,00 159520
Neuhaldensleben 677 12,30 57944 86
Oschersleben 504 9,16 52182 103
Osterburg 1105 20,07 44455 40
Salzwedel 1212 22,01 50546 42
Stendal 898 16,31 58104 65
Wanzleben 544 9,88 74115 136
Wernigerode 278 5,05 26481 95
Wolmirstedt 696 12,64 50978 73

Vgl. Hermes und Weigelt, Handbuch vom Regierungsbezirk M. (Magdeb. 1843, 2 Bde.).