MKL1888:Münzverbrechen
[892] Münzverbrechen (Münzdelikte), diejenigen strafbaren Handlungen, durch welche das öffentliche Vertrauen in Ansehung des Geldverkehrs betrügerischerweise geschädigt und die Münzhoheit des Staats beeinträchtigt wird. Dieselben können sich sowohl auf Metall- als auch auf Papiergeld beziehen, und zwar erachtet das deutsche Reichsstrafgesetzbuch dem Papiergeld nicht nur die von dem Reich, dem Norddeutschen Bund, einem Bundesstaat oder fremden Staat, sondern auch die von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korporation, Gesellschaft oder Privatperson ausgestellten Inhaberpapiere, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretenden Interimsscheine oder Quittungen sowie die zugehörigen Zins-, Gewinnanteils- oder Erneuerungsscheine gleich. Im einzelnen werden folgende M. unterschieden: 1) Der Falschmünzerei (Münzfälschung) macht sich derjenige schuldig, welcher inländisches oder ausländisches Metall- oder Papiergeld oder Geldpapier nachmacht, um dies Falsifikat als echt zu gebrauchen oder sonst in den Verkehr zu bringen. Außer dieser Anfertigung falschen Geldes liegt eine Münzfälschung aber auch dann vor, wenn jemand echt gewesenes, aber nicht mehr geltendes („verrufenes“) Geld in gleicher Absicht verändert, um ihm das Ansehen von gültigem Geld zu geben. Daß dies falsche Geld wirklich auch ausgegeben worden sei, wird zur Vollendung des Verbrechens nicht erfordert; die Herstellung desselben in der gedachten Absicht läßt das Verbrechen schon als vollendet erscheinen und soll nach dem deutschen Strafgesetzbuch mit Zuchthaus von 2–15 Jahren geahndet werden; auch kann auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe von 1 Tag bis zu 5 Jahren ein. 2) Münzverfälschung liegt dann vor, wenn entweder echtem Geld in betrügerischer Absicht der Schein eines höhern Werts gegeben, oder wenn echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andre Art verringert und dann als vollgültig in den Verkehr gebracht werden. Im erstern Fall trifft den Schuldigen die gleiche Strafe wie den Falschmünzer, während im letztern Fall auf Gefängnisstrafe bis zu 5 Jahren erkannt werden soll, neben welcher noch eine Geldstrafe bis zu 3000 Mk., auch der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausgesprochen werden kann. Ein M. ist endlich auch 3) das wissentliche Einführen oder Ausgeben falschen oder verfälschten Geldes. Der schwerste Fall dieses Delikts ist der, wenn jemand Geld, welches er ursprünglich ohne betrügerische Absicht nachgemacht oder verfälscht hatte, nun doch als echtes in den Verkehr bringt, oder wenn jemand sich solches nachgemachte oder verfälschte Geld verschafft und dann in den Verkehr bringt, oder wenn er es zum Zweck der Verbreitung aus dem Ausland einführt. Hier tritt dieselbe Strafe wie bei der Münzfälschung ein. Weiter gehört der Fall hierher, wenn jemand Metallgeldstücke, welche durch Beschneiden, Abfeilen oder sonst irgendwie in ihrem Wert verringert sind, gewohnheitsmäßig oder im Einverständnis mit dem, welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt. Die Strafe ist hier ebendieselbe wie bei dem leichtern Fall der Münzverfälschung. Endlich ist es aber auch für strafbar erklärt, wenn man nachgemachtes oder verfälschtes Geld, welches man selbst als echt eingenommen hatte, nach [893] erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt. Die Strafe ist jedoch hier nur Gefängnis von 1 Tag bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe von 3–300 Mk. In allen diesen Fällen ist auf Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes und der zur Herstellung desselben benutzten Werkzeuge selbst dann zu erkennen, wenn die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht möglich war. 4) Endlich ist hier noch der Bestimmungen des Reichsstrafgesetzbuchs zu gedenken, wonach es schon für eine mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft bis zu 6 Wochen zu bestrafende Übertretung erklärt ist, wenn jemand ohne schriftlichen Auftrag seitens einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andre Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld oder Geldpapier oder von Stempelpapier, Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, öffentlichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen können, anfertigt oder an einen andern als die Behörde verabfolgt, oder wenn jemand ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Abdruck solcher Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder Formen oder einen Druck von Formularen zu den eben bezeichneten öffentlichen Papieren, Beglaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt oder Abdrücke an einen andern als die Behörde verabfolgt, oder endlich wenn jemand Warenempfehlungskarten, Ankündigungen oder andre Drucksachen oder Abbildungen, welche in der Form oder Verzierung dem Papiergeld oder dem Geldpapier ähnlich sind, anfertigt oder verbreitet, oder wenn jemand Stempel, Stiche, Platten oder andre Formen, welche zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbildungen dienen können, anfertigt. Vgl. Reichsstrafgesetzbuch, § 4, 139, 146–152, 360, Nr. 4–6. Das in Ansehung von nachgemachten, verfälschten oder nicht mehr umlaufsfähigen Reichsmünzen, die bei Reichs- und Landeskassen eingehen, zu beobachtende Verfahren ist auf Grund eines Bundesratsbeschlusses durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 9. Mai 1876 („Zentralblatt“ 1876, S. 260) geregelt.