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MKL1888:Laute

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Laute“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 568
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Laute. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 568. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Laute (Version vom 03.02.2023)

[568] Laute (arab. al’oud, span. laud, ital. liuto, franz. luth, engl. lute, lat. [im 16.–17. Jahrh.] testudo), ein sehr altes Saiteninstrument, dessen Saiten (Darmsaiten) gezupft wurden, wie die der heutigen Abarten der L., der Guitarre, Mandoline, Bandola etc. Abbildungen der L. finden sich bereits auf sehr alten ägyptischen Grabdenkmälern; sie war später das Lieblingsinstrument der Araber, durch welche sie nach Spanien und Unteritalien gelangte, von wo aus sie sich etwa im 14. Jahrh. über ganz Europa verbreitete. Im 15.–17. Jahrh. spielte sie eine große Rolle; Lautenarrangements von Gesangskompositionen waren für die Hausmusik etwa dasselbe wie heute die Bearbeitungen von Orchesterwerken für Klavier. Dabei war die L. zugleich allgemein verbreitetes Orchesterinstrument und wurde erst im 17.–18. Jahrh. durch die Verbreitung der Violine und die Vervollkommnung der Klaviere allmählich verdrängt (vgl. Orchester). Was die L. von der (heutigen) Guitarre unterschied, war einmal die ganz abweichende Form des Schallkastens: die L. hatte keine Zargen, sondern war unterwärts gewölbt (etwa wie ein halber Kürbis, wie die heutige Mandoline). Ferner hatte die L. eine weit größere Anzahl von Saiten, von denen 5 Paar und eine einzelne (die höchste, für die Melodie) über das Griffbrett liefen, die übrigen aber (die Baßsaiten, zuletzt 5, welche nur als leere Saiten benutzt wurden) neben dem Griffbrett lagen. Die „Baßchorden“ kamen erst zu Ende des 16. Jahrh. auf. Die Stimmung der L. variierte nach Zeit und Art sehr; die verbreitetsten Stimmungsarten im 16. Jahrh. waren: G c f a d′ g′ oder A d g h e′ a′, im 17.–18. Jahrh. A d f a d′ f′ und für die Baßchorden (G) F E D C. Eine kleinere Art der L. war im 16. Jahrh. die Quinterne (Chiterna, d. h. Guitarre), welche im Bau der L. gleich war, aber nur vier Saitenchöre hatte; im 17. Jahrh. wurde die Quinterne bereits wie die heutige Guitarre flach gebaut. Das Bestreben, den Tonumfang der L. zu erweitern, führte zuerst zur Einführung der Baßchorden, die von dem im stumpfen Winkel nach oben gebogenen Hals mit dem Wirbelkasten aus direkt nach dem auf dem Resonanzboden befestigten Saitenhalter liefen; um aber noch längere Saiten zu gewinnen, rückte man den Wirbelkasten für die Baßchorden etwas über den für die Griffsaiten hinaus, so daß etwa in der Mitte des einen der andre anfing (Theorbe), oder man bog erst jenseit des ersten Wirbelkastens den Hals nach oben zurück und brachte in seiner Verlängerung den zweiten für die Baßsaiten an (Archiliuto, Erzlaute, Baßlaute), oder endlich man trennte beide Wirbelkasten noch durch einen mehrere Fuß langen Hals (Chitarrone). Man notierte für die L. und ihre Abarten nicht mit der gewöhnlichen (Mensural-) Notenschrift, sondern mit besonderer Buchstaben- oder Zifferschrift, welche nicht die Tonhöhe, sondern den Griff bezeichnete (Lautentabulatur); doch war die Lautentabulatur in Frankreich, Italien und Deutschland durchaus verschieden: die Italiener, denen wir ja auch die Generalbaßbezifferung verdanken, bedienten sich der Zahlen, die Franzosen und Deutschen der Buchstaben. Die Lautentabulaturen sind für das Studium der Musik des 16.–17. Jahrh. so wichtig, weil bei ihnen alle jene Sonderbarkeiten der Mensuralnotierung, die Selbstverständlichkeit mancher ♭ oder ♯, wegfallen und der Griff jederzeit genau notiert ist. Sicherer und zuverlässiger als die oft unbestimmten und mehrdeutigen Angaben der Theoretiker vermögen daher sie über die Anwendung der Semitonien (mit ♯, ♭) in zweifelhaften Fällen Aufschluß zu geben. Über die rhythmischen Wertzeichen der Lautentabulaturen vgl. Tabulatur. Eine wertvolle Monographie über die L. verdanken wir Baron („Untersuchung des Instruments der Lauten“, 1727). Vgl. auch Prätorius’ Syntagma (1619) und von neuern Arbeiten die Kiesewetters in der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ (1831); Wasielewski, Geschichte der Instrumentalmusik im 16. Jahrh. (Leipz. 1878).