MKL1888:Laterān
[540] Laterān, päpstlicher Palast in Rom, nach der vornehmen römischen Familie der Laterani benannt, denen derselbe bis zur Zeit Neros, welcher den letzten Besitzer dieser Familie hinrichten ließ, angehörte. Der lateranische Palast wurde kaiserliches Eigentum, später kam derselbe an Fausta, die Gemahlin Konstantins d. Gr., welcher ihn aber, nachdem er eine Kirche in ihm eingerichtet hatte, dem Bischof von Rom schenkte. Der L. wurde nun die Residenz der Päpste, bis diese nach Avignon übersiedelten. Als sie nach Rom zurückkehrten, fanden sie den Palast in Ruinen, und fortan wurde der Vatikan päpstliche Residenz. Erst Sixtus V. ließ den L. 1586 in seiner gegenwärtigen Gestalt durch D. Fontana aufbauen, indessen blieb er nicht lange Wohnung der Päpste, sondern wurde zuerst in ein Waisenspital, dann durch Gregor XVI. in ein ausgezeichnetes Skulpturenmuseum (jetzt mit 16 Sälen) umgewandelt, zu dem später noch eine Gemäldegalerie (10 Zimmer) und durch Papst Pius IX. ein Museo cristiano (mit Sarkophagen aus den Katakomben und alten Basiliken, Inschriften, Bildern etc.) gefügt wurde (vgl. Benndorf und Schöne, Die antiken Bildwerke des lateranensischen Museums, Leipz. 1867). Auf dem Platz vor dem Palast befindet sich die Kapelle mit der scala santa von 28 Marmorstufen, laut Tradition die Treppe vor dem Amtshaus des Pilatus in Jerusalem, über welche Christus den Leidensgang antrat, und die von den Gläubigen nur auf Knieen bestiegen wird; ferner seit 1588 der ursprünglich durch Thutmes III. (1597 bis 1560 v. Chr.) vor dem Sonnentempel in Theben, dann durch Kaiser Constantius 357 im Circus maximus errichtete Obelisk, der größte (32 m, mit Postament 47 m hoch) und älteste Roms. Seitlich schließt sich an den Palast die Laterankirche (San Giovanni in Laterano), die Kathedrale des Bischofs von Rom und „aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises Mutter und Haupt“. Von dem Balkon über ihrem Portal erteilte der Papst am Himmelfahrtstag dem Volk den Segen. Die jetzige Kirche ist auf den Mauern der von Sergius III. (904–911) an Stelle der eingestürzten Basilica lateranensis Konstantins erbaut; in ihr wurden seit 1123 regelmäßig die Kirchenversammlungen abgehalten (s. Lateransynoden), sie ist auch außerordentlich reich an seltenen Reliquien. Da seit Gregor XI. fast jeder Papst an dem Ausbau oder der Ausschmückung der Kirche thätig gewesen ist, so ist die Kirche heute eine Anhäufung von Bauteilen und Dekorationen aus weit auseinander liegenden Zeiträumen. Mit ihr steht eine Taufkapelle in Verbindung (San Giovanni in Fonte), deren Kuppel von acht herrlichen Porphyrsäulen getragen wird, das älteste Baptisterium Roms. Der L. genießt nach dem Garantiegesetz vom 13. Mai 1871 ebenso wie Vatikan und Castel Gandolfo das Privilegium der Exterritorialität.