MKL1888:Landesgericht
[449] Landesgericht (Oberstes L.), nach dem Einführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz (§ 8) der oberste Gerichtshof eines einzelnen deutschen Staats, welchem die Verhandlung und Entscheidung der nach allgemeiner Gesetzesvorschrift zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörigen Revisionen und Beschwerden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zugewiesen ist. Die Zulässigkeit der Errichtung eines solchen obersten Landesgerichts ist jedoch durch die wichtige Bestimmung beschränkt, daß in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, welche zu der Zuständigkeit des vormaligen Reichsoberhandelsgerichts gehörten, und in denjenigen Rechtssachen, welche durch besondere Gesetzesvorschrift dem Reichsgericht zur Entscheidung überwiesen sind, also in Sachen des Reichsrechts, unter allen Umständen das Reichsgericht als oberste Spruchbehörde fungiert, auch wenn der betreffende Einzelstaat von der Befugnis zur Errichtung eines eignen obersten Gerichtshofs Gebrauch gemacht hat. Überdies ist die Errichtung eines obersten Landesgerichts nur solchen Staaten gestattet, in denen mehrere Oberlandesgerichte eingesetzt sind. Dies ist aber nur in Preußen und in Bayern der Fall. Für Sachsen würde zudem die Einrichtung eines solchen Gerichtshofs durch das Reichsgesetz vom 11. April 1877 ausgeschlossen sein, wonach derjenige Bundesstaat, in dessen Gebiet das Reichsgericht seinen Sitz hat, von der Befugnis zur Errichtung eines partikularen Obergerichts keinen Gebrauch machen darf. Für Preußen fungiert das Kammergericht (s. d.) in Berlin als oberstes L.; für Bayern ist ein solches in München errichtet. – In Österreich führen die Justizgerichtshöfe erster Instanz in [450] den Kronlandshauptstädten die Bezeichnung L., während sie sonst Kreisgerichte heißen.