MKL1888:Kußmaul
[355] Kußmaul, Adolf, Mediziner, geb. 22. Febr. 1822 zu Graben bei Karlsruhe, studierte in Heidelberg, ward Assistent bei Nägele und Pfeufer und schrieb: „Die Farbenerscheinungen im Grunde des menschlichen Auges“ (Heidelb. 1845), die wichtigste aller Vorarbeiten zum Augenspiegel. 1847 lebte er in Wien und Prag, trat 1848 als Militärarzt bei der badischen Armee ein, machte den Feldzug in Holstein [356] mit, praktizierte 1850–53 als Arzt in Kandern, besuchte Paris, machte 1853–54 in Würzburg weitere Studien, habilitierte sich 1855 in Heidelberg, ward 1857 zum außerordentlichen Professor ernannt, folgte 1859 einem Ruf als Professor der innern Medizin und Direktor der medizinischen Klinik und Poliklinik nach Erlangen, 1863 als innerer Kliniker nach Freiburg i. Br. und 1876 nach Straßburg. Von Kußmauls Leistungen sind besonders hervorzuheben seine in Gemeinschaft mit Tenner angestellten experimentellen Untersuchungen „Über den Ursprung und das Wesen der fallsuchtartigen Zuckungen und der Fallsucht überhaupt“ (Frankf. a. M. 1856), durch welche die Lehre von der Epilepsie wenn auch nicht zum Abschluß gebracht, so doch durch die Feststellung der wichtigsten Thatsachen sehr gefördert wurde. In der Behandlung der Magenkrankheiten erwarb sich K. durch Einführung der Magenpumpe großes Verdienst. Er schrieb: „Von dem Mangel, der Verkümmerung und der Verdoppelung der Gebärmutter, von der Nachempfängnis und der Überwanderung des Eies“ (Würzb. 1859); „Untersuchungen über das Seelenleben des neugebornen Menschen“ (Leipz. 1859; 2. Aufl., Tüb. 1884); „Über geschlechtliche Frühreife“ (Würzb. 1862); „Untersuchungen über den konstitutionellen Merkurialismus und sein Verhältnis zur konstitutionellen Syphilis“ (das. 1861); „Die Entwickelungsphasen der exakten Medizin, über die Ursachen und den Gang unsers Ablebens“, zwei Vorträge (Freiburg 1865); „Zwanzig Briefe über Menschenpocken- und Kuhpockenimpfung“ (das. 1870); „Über die fortschreitende Bulbärparalyse und ihr Verhältnis zur progressiven Muskelatrophie“ (Leipz. 1873); „Die Störungen der Sprache“ (in Ziemssens „Handbuch der Pathologie“, 2. Aufl., das. 1881). Auch berichtete er mehrere Jahre über Nervenkrankheiten in den Jahresberichten von Hirsch und Virchow.