MKL1888:Korrespondenzblatt zum ersten Band
Bruno H. in Leipzig. Bei den Abbildungen von Wappen durch Holzschnitt etc. bedient man sich seit langer Zeit zur Kennzeichnung der Farben besonderer allgemein anerkannter „Schraffierungen“, und zwar bezeichnet man, wie aus nachstehender Farbentafel ersichtlich, Gold mit Punkten, Blau durch Horizontallinien,
I Gold – II Silber – III Rot – IV Blau – V Grün – VI Schwarz – VII Purpur. | |
Grün durch schrägrechte, Purpur durch schräglinke, Rot durch Vertikallinien, Schwarz durch sich durchkreuzende Horizontal- und Vertikallinien. Silber bleibt ohne Bezeichnung. Ebenso sind auch unsre Städtewappen dargestellt.
K. Bock in Berlin. Wenn wir bei der tabellarischen Darstellung der territorialen Verhältnisse Afrikas von unserm bei den übrigen Erdteilen befolgten Prinzip kurzer Zusammenfassung abgewichen sind, so glauben wir die dort gegebene detaillierte Übersicht mit dem Interesse motivieren zu können, welche der „dunkle Erdteil“ in der allerjüngsten Zeit für uns gewonnen hat. Auch haben gerade hier wichtige Verschiebungen in den Besitzverhältnissen der verschiedenen europäischen Staaten stattgefunden, namentlich dadurch, und dies war am meisten bestimmend, daß Deutschland hier an verschiedenen Punkten einen ausgedehnten Kolonialbesitz erworben hat. Derselbe läßt sich ziffermäßig noch nicht darstellen, auch ist bei den augenblicklich hier und dort entgegenstehenden Ansprüchen andrer Nationen, worüber Verhandlungen noch schweben, eine auf ganz festen Füßen stehende Berechnung des Besitzstandes noch nicht zu machen. Eine endgültige Entscheidung dürfte auch noch geraume Zeit auf sich warten lassen. Indessen werden Sie alle von deutschen Reichsangehörigen beanspruchten Gebiete, selbst solche, über welchen die deutsche Flagge nicht weht, unter den ihnen zugehörigen Rubriken aufgeführt finden. Wir sind sogar noch weiter gegangen und haben auch nicht unter deutschem Reichsschutz stehende Handelsplätze Afrikas aufgenommen, für welche, weil sie die Operationsbasis deutscher Reichsangehörigen bilden, ein regeres Interesse erweckt worden ist. Wer bei der Verfolgung der Entwickelung unsrer Kolonialpolitik den natürlichen Wunsch hat, sich über den Umfang und die Bedeutung der kürzlich erfolgten deutschen Erwerbungen zu unterrichten, wird ein umfassendes Bild in unserm später folgenden Artikel „Kolonien“ finden und bei den betreffenden Spezialartikeln die genauesten Nachweise über Ausdehnung, Bevölkerung, Produktion und Handel der einzelnen Gebiete und Plätze erwarten dürfen. Über den gegenwärtigen Bestand afrikanischer Erwerbungen durch Angehörige des Deutschen Reichs diene folgendes:
An der Westküste von Afrika hat der Stuttgarter Großindustrielle Colin die Landschaften Kobah und Kapitai erworben. Hier ist 2. Jan. 1885 die deutsche Flagge aufgeheißt worden, doch wird von französischer Seite die Berechtigung der einheimischen Häuptlinge zur Abschließung von Verträgen angefochten, da diese Gebiete dem Bramayaland unterworfen sind, das schon seit längerer Zeit unter französischer Oberhoheit steht.
Das Togoland an der Sklavenküste von dem englischen Posten New Sierra Leone bis Gum Koffi wurde 5. Juli 1884 unter deutschen Reichsschutz gestellt; hier befinden sich die Niederlassungen Lome und Bagida. Am 5. Sept. stellte sich auch König Mensah in Porto Seguro unter deutsches Protektorat; auf diesen Platz erhebt Frankreich gleichfalls Ansprüche.
Das Mahingebiet östlich von Lagos zwischen 4°32′–5°2′ östl. L. v. Gr. und 5°46′–6°20′ nördl. Br. wurde an die Hamburger Firma G. L. Gaiser von den einheimischen Häuptlingen abgetreten und Anfang 1885 unter deutschen Reichsschutz gestellt. Über diesen Besitz schweben Verhandlungen mit England.
Die Kolonie Camerun reicht nach den neuesten Londoner Abmachungen nördlich bis zum Rio del Rey und umfaßt das Land der Lamboko, den Gebirgsstock des Camerun, die Gebiete von Bimbia mit der Nickollinsel, Camerun, Malimba, Klein-Batanga, Plantation und Criby. Eine Anzahl wichtiger deutscher Handelsniederlassungen liegt weiter südlich auf spanischem und französischem Gebiet. Die deutsche Flagge wurde in Camerun 21. Juli 1884 entfaltet.
Das Gebiet von Nokki am Südufer des Congostroms wurde von der Association internationale des Congo Anfang 1885 abgetreten; die Ausdehnung des Gebiets ist noch nicht endgültig festgestellt.
Die Küste von Dama- und Groß-Namaqualand vom Kap Frio bis zum Oranjefluß wurde von dem Bremer Kaufmann Lüderitz von den Häuptlingen der Hottentoten und Herero erworben und die deutsche Flagge in dem Hafen Angra Pequena, an welchem Lüderitz eine Handelsniederlassung angelegt hat, 7. Aug. 1884 aufgeheißt. Durch nachfolgende Verträge ist das deutsche Protektorat auch auf die dahinterliegenden Gebiete von Rehoboth (Damaland) und Bethanien (Groß-Namaqualand) ausgedehnt worden. Außer dem Angra Pequena-Hafen sind als gute Häfen an dieser Küste noch zu nennen: Sandwichhafen und die Walfischbai; letztere gehört aber mit einem kleinen anstoßenden Gebiet den Briten, welche auch die dem Festland vorliegenden kleinen Inseln beanspruchen.
An der Ostküste erwarb Lüderitz die Santa Lucia-Bai von den dortigen Häuptlingen der Zulu, welche indes von England als demselben zugehörig beansprucht wird, so daß die deutsche Oberhoheit bisher nicht proklamiert worden ist. Dagegen wurde ein weiter nördlich gelegenes, durch die Berliner Gesellschaft für deutsche Kolonisation erworbenes Gebiet, die Landschaften Usagara, Useguha, Ukami und Nguru umfassend, 27. Febr. 1885 unter deutschen Reichsschutz gestellt. Es liegt dies Gebiet westlich von dem Hafenort Bagamoyo, [1024] welcher, der Insel Sansibar gegenüber und dem Herrscher von Sansibar gehörig, der Ausgangspunkt so vieler ostafrikanischer Expeditionen gewesen ist und wohl den Hafen des deutschen Besitzes bilden wird. Endlich hat der Kapitän der Korvette Gneisenau im März 1885 mit dem Herrscher des Gebiets zwischen Port Durnford und dem Dschubbfluß einen Schutzvertrag abgeschlossen.
Richard ter Meer in Regensburg. Sie wünschen eine Erklärung der in dem Artikel Afrika gebrauchten Ausdrücke: horizontale und vertikale Gliederung. In der Erdbeschreibung versteht man unter dem Ausdruck horizontale Gliederung die Entwickelung der Umrisse der Erdteile und Länder in ihrer Längen- und Breitenausdehnung. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß diese am größten bei Europa, am geringsten bei Afrika ist. Aus dieser mehr oder minder mannigfaltigen Gestaltung der horizontalen Dimensionen, aus dem Verhältnis der Glieder (Halbinseln, Inseln) zum Stamm hat man eine Erklärung gesucht für den höhern oder niedrigern Grad der Kultur, welchen die Bewohner der verschiedenen Erdteile erreicht haben. Je größer die horizontale Gliederung eines Erdteils ist, desto befähigter erscheint er, die Menschen in ihrem Streben nach allseitiger Ausbildung zu unterstützen. Denn die horizontale Gliederung eines Erdteils bedingt zum großen Teil nicht nur sein Klima und damit seine Produktionskraft, sie erleichtert oder erschwert auch seine Zugänglichkeit, den Verkehr der Bewohner miteinander und dadurch die gegenseitige Anregung und Erziehung. Das Verhältnis der Glieder zum Stamm ist für Europa wie 1:2, für Asien wie 1:3, für Amerika wie 1:8, für Australien wie 1:36 und für Afrika wie 1:47. Im Gegensatz zur horizontalen bedeutet die vertikale Gliederung die Entwickelung des Reliefs eines Landes, seine Erhebung über das Meer. Dieselbe zeigt sich am deutlichsten in den Ansammlungen von über einen tiefern Teil der Erdoberfläche hervorragenden Höhen, den Gebirgen. Die Lehre von der vertikalen Gliederung umfaßt sowohl die Orographie (Beschreibung der Höhen) als die Hypsometrie (die Höhenmessung). Horizontale und vertikale Gliederung gehen nicht immer in gleichem Verhältnis nebeneinander. Während Südamerika und Afrika sich durch die Einförmigkeit ihrer Küstenumsäumung, also ihre horizontale Gliederung, am ähnlichsten sind, ist ihre innere Oberflächenentwickelung, ihre vertikale Gliederung, eine gänzlich verschiedene. Dagegen zeigen Nord- und Südamerika in ihrer vertikalen Gliederung viel Ähnlichkeit, während sie in ihrer horizontalen Gliederung sehr voneinander abweichen. Der erste, welcher die beiden Ausdrücke gebrauchte, war Karl Ritter; er that dies in seiner 14. Dez. 1826 in der Berliner Akademie vorgetragenen Abhandlung: Über geographische Stellung und horizontale Ausbreitung der Erdteile. Für Unterrichtszwecke hat zuerst A. v. Roon, der nachmalige Kriegsminister, die beiden Ausdrücke nutzbar gemacht und zwar in seinen „Grundzügen der Erd-, Völker- und Staatenkunde“, die in erster Auflage 1832 zu Berlin erschienen.
P. V. in D. Bekanntlich hat noch keins der bisher erschienenen deutschen Aussprachewerke ein phonetisches Bezeichnungssystem zur allgemeinen Geltung bringen können. Solange aber ein solches nicht existiert, muß sich das Konversationslexikon in der Bezeichnung der Aussprache damit begnügen, alles durch die dem Gebildeten geläufigen Mittel deutscher Rechtschreibung wiederzugeben. Diese Rücksicht nötigte uns, alle fremdartigen, ohne besondere Erklärung der Mehrzahl der Leser unverständlichen Zeichen beiseite zu lassen. In solcher Weise wurde schon die vorige Auflage unsers Werks konsequent und mit Sorgfalt durchgeführt. An Vollständigkeit übertreffen unsre Angaben jedes der vorhandenen Lexika und auch die bekannten Spezialwörterbücher der Aussprache überhaupt, Ihr „Taschenwörterbuch der Aussprache“ nicht ausgeschlossen. Nur sind wir in vielen Fällen grundsätzlich und mit Vorbedacht von Ihrer Bezeichnung abgewichen. Welche Schwierigkeiten und Weitläufigkeiten mit einer gewissenhaften Behandlung des Aussprachekapitels verbunden sind, möge Ihnen folgender Fall darthun.
Bekannt ist, daß der Name Beaconsfield teils „béckensfihld“, teils „bihkensfihld“ gesprochen wird. Sie meinen, es kann nur das eine oder das andre richtig sein, und daß der Name des Staatsmanns nicht anders ausgesprochen werden kann als der Name des Orts, nach welchem angeblich er sich genannt hat. Um aus zuverlässigster Quelle zu erfahren, welche Bewandtnis es mit dem Ort habe, wandte sich unser Mitarbeiter an den würdigen Pfarrer des letztern. Rev. S. J. Bowles, seit 1864 Pfarrer von Beaconsfield, schreibt nun darüber:
„Beaconsfield, der Name des Dorfs, wird stets Beck’nsfihld ausgesprochen (die alte Schreibart ist Becconsfield, Bekinfield etc., in dem Gemeinderegister passim). Beaconsfield, Disraelis Beiname wird irrtümlich Bihk’nsfield ausgesprochen. Kein Eingeborner heißt unser Dorf anders als Beck’nsfihld. Der Name hat nichts mit beacon (Bake) zu thun. Eine Bake stand nie hier, und Penn (wo Reste einer alten Bake sich vorfinden) ist volle 200 Fuß höher und 3–4 Meilen entfernt. Die richtige Ableitung des Namens ist ohne Zweifel vom altenglischen beccon oder beccan, als Adjektiv beecken, d. h. aus Buchenbäumen bestehend. Unsre ganze Grafschaft war einst ein Buchenwald, von dem die Burham Beeches ein Rest sind. Der Ursprung unsers Dorfs war eine Zelle der Nonnen aus der 7 Meilen entfernten Burnhamabtei; die alte Pfarrerwohnung (rectory) steht auf den Grundmauern des alten Nonnenklosters. Und Kirche sowohl als Gemeinde stammen wohl aus jener Zeit. Im Doomesday Book ist der Ort nicht genannt.
Lady B. bestand allerdings darauf, Bihkensfihld geheißen zu werden, und soll sogar Personen, die sie anders hießen, korrigiert haben. Die D’Israelis hatten jedoch nie Eigentum hier noch anderweitige Verbindungen, und wenn der Titel wirklich von hier genommen wurde (was mir nicht erwiesen zu sein scheint), so geschah es, weil sich Edmund Burke diesen Titel gewählt hatte, den er aber fallen ließ, als sein einziger Sohn starb. Jedenfalls ist die Aussprache wie von mir angegeben, und wie sie Burke zweifellos auch gebraucht hat. Von Amerika hatte ich gleichfalls eine ähnliche Anfrage, bei Gelegenheit einer Wette, und meine Entscheidung sollte endgültig sein … Ich fürchte, die Mitglieder des Beaconsfield Club sprechen den Namen meist à la Lady B. aus, aber wenn der Titel (in Nachahmung Burkes) von hier stammte, so ist dies zu korrigieren …“
Was folgt daraus? Das Konversations-Lexikon muß beide Lesarten nebeneinander setzen, denn je nach Umständen werden beide im Gebrauch sein.
(Holzfreies Papier.)