MKL1888:Kohlensäuresalze
[919] Kohlensäuresalze (Carbonate) finden sich zum Teil weitverbreitet in der Natur, und namentlich der kohlensaure Kalk bildet als Kalkstein, Marmor, Kreide, zum Teil in Verbindung mit kohlensaurer Magnesia (Dolomit), ganze Gebirge; bei niedern Tieren, Mollusken, Stachelhäutern, Krebstieren, bildet er das äußere Skelett. Die Kohlensäure H2CO3 bildet normale oder neutrale Salze, in welchen ein Metall (M) sämtlichen Wasserstoff (H) der Säure ersetzt (M2CO3), und saure Salze, in welchen nur die Hälfte des Wasserstoffs durch Metall vertreten ist (HMCO3), außerdem zahlreiche basische Salze von verschiedener Zusammensetzung. Von den normalen Salzen sind nur die der Alkalien in Wasser löslich; die sauren sind sämtlich löslich, aber man kennt nur die der Alkalien in fester Form. Die normalen Alkalisalze reagieren stark alkalisch und werden wie alle übrigen K. durch starke Säuren zersetzt, wobei die Kohlensäure unter Aufbrausen entweicht. Sie widerstehen hohen Temperaturen, während alle übrigen K. durch Erhitzen zersetzt werden (Kalkbrennen); die sauren verlieren äußerst leicht, selbst schon in Lösung; die Hälfte der Kohlensäure, und es scheidet sich dann das unlösliche normale Salz ab (Bildung von Süßwasserkalk). Die K. [920] entstehen direkt aus der betreffenden Base und Kohlensäure, die unlöslichen werden aus löslichen Salzen des betreffenden Metalls durch Alkalicarbonat gefällt; doch entstehen hierbei sehr häufig basische K., indem ein Teil der Kohlensäure unter Aufbrausen entweicht und Wasser ihre Stelle einnimmt. Sehr allgemein entstehen K. beim Erhitzen der Salze organischer Säure (weinsaures Kali gibt beim Erhitzen kohlensaures Kali). Kohlensaures Ammoniak wird erhalten, indem man schwefelsaures Ammoniak oder Chlorammonium mit Kreide (kohlensaurem Kalk) in eisernen Retorten erhitzt und die Dämpfe des sich verflüchtigenden kohlensauren Ammoniaks in zwei geräumigen Bleikammern verdichtet. Um ein ganz farbloses Sublimat zu erhalten, vermischt man die Beschickung der Retorte mit etwas Kohle oder unterwirft das zuerst gewonnene Sublimat einer zweiten Sublimation aus eisernen Töpfen mit aufgesetzten Bleicylindern. Beim Erhitzen von Knochen (Hirschhorn, Hufen etc.) unter Abschluß der Luft, also als Nebenprodukt bei der Darstellung von Knochenkohle, erhält man kohlensaures Ammoniak (daher Hirschhornsalz), welches mit empyreumatischen Stoffen stark verunreinigt ist und zur Reinigung wiederholter Sublimation mit Kohle bedarf. Das sublimierte kohlensaure Ammoniak bildet eine weiße kristallinische, spröde, durchscheinende Masse, riecht und schmeckt stark ammoniakalisch und löst sich in 3–4 Teilen Wasser. Dies bereits den Alchimisten bekannte Präparat ist ein Gemisch von karbaminsaurem mit doppeltkohlensaurem Ammoniak H(NH4)CO3 + NH2(NH4)CO2 und verwandelt sich beim Liegen an der Luft in doppeltkohlensaures Ammoniak H(NH4)CO3, ein farbloses, nicht ammoniakalisch riechendes, kühlend salzig schmeckendes, in 8 Teilen Wasser, nicht in Alkohol lösliches Pulver, welches auch im Guano vorkommt. Das normale kohlensaure Ammoniak entsteht bei Behandlung des Hirschhornsalzes mit starkem Ammoniak. Man benutzt das Hirschhornsalz zur Bereitung von Flechtenfarbstoffen, als Surrogat der Hefe beim Backen, da es sich in der Hitze des Backofens verflüchtigt und dabei den Teig lockert. Es dient auch in Lösung als Fleckwasser, als Arzneimittel und, mit Ätzkalk gemischt und parfümiert, als Riechsalz. Aus gesättigter Kochsalzlösung fällt doppeltkohlensaures Ammoniak doppeltkohlensaures Natron, und hierauf beruht das unter dem Namen Ammoniaksodaprozeß bekannte Verfahren der direkten Darstellung von Soda aus Kochsalz. Kohlensaurer Baryt BaCO3 findet sich in der Natur als Witherit, wird aus Schwefel- oder Chlorbaryumlösung durch kohlensaures Natron gefällt, ist farblos, kaum in Wasser löslich und wird in der chemischen Analyse und als Rattengift benutzt. Kohlensaures Bleioxyd PbCO3 findet sich in der Natur als Weißbleierz, mit Chlorblei als Bleihornerz, mit schwefelsaurem Bleioxyd als Lanarkit und Leadhillit und wird aus einer verdünnten Lösung von essigsaurem Bleioxyd durch Kohlensäure als farbloses, in Wasser unlösliches Pulver gefällt. Basische Salze bilden das Bleiweiß (s. d.). Kohlensaures Eisenoxydul FeCO3 findet sich als Spateisenstein, im Thon- und Kohleneisenstein, wird aus Eisenvitriol- oder Eisenchlorürlösung durch kohlensaure Alkalien als farbloses, in Wasser unlösliches Pulver gefällt, oxydiert sich aber sehr schnell, selbst unter Wasser, wird dabei erst grün, dann schwarz, zuletzt braun, indem es sich schließlich in Eisenhydroxyd verwandelt. Etwas haltbarer wird es beim Vermischen mit Zucker, und eine solche Mischung ist offizinell. Das doppeltkohlensaure Eisenoxydul findet sich gelöst in den Stahlwässern, zersetzt sich aber unter Verlust von Kohlensäure ebenfalls sehr leicht, und eisenhaltiges Quellwasser bildet daher an der Luft einen braunen Absatz von Eisenoxydhydrat. Kohlensaures Kali K2CO3 entsteht bei Einwirkung von Luft auf Ätzkali und bei starkem Erhitzen der Alkalisalze organischer Säuren und ist daher ein Bestandteil der Pflanzenasche, da sich Salze der genannten Art stets im Pflanzensaft finden. Aus der Holzasche wird es mit andern Salzen durch Wasser ausgezogen, und die zur Trockne verdampfte Lösung bildet die Pottasche (s. d.). Kohlensaurer Kalk, s. Kalk. Kohlensaures Kupferoxyd ist nicht bekannt; basische Salze finden sich als Malachit CuCO3 + Cu(OH)2 und Kupferlasur 2CuCO3 + Cu(OH)2. Ein basisches Salz von der Zusammensetzung des Malachits entsteht auf Kupfer oder Bronze in feuchter Luft und in feuchter Erde und bildet den edlen Grünspan oder die Patina. Das aus Kupfervitriollösung durch kohlensaures Kali gefällte basische Salz ist mattgrün, in Wasser unlöslich und wird schon durch Erhitzen mit Wasser zersetzt, es dient als Berggrün in der Wasser- und Ölmalerei. Kohlensaure Magnesia, s. Magnesia. Kohlensaures Natron, s. Soda. Kohlensaurer Strontian SrCO3 findet sich in der Natur als Strontianit, wird wie das Barytsalz erhalten, ist farblos, kaum löslich in Wasser, leichter in kohlensäurehaltigem und findet sich daher in einigen Mineralwässern. Kohlensaures Zinkoxyd ZnCO3 findet sich als Zinkspat und Galmei; aus Zinkvitriollösung fällen kohlensaure Alkalien basische Salze, und ein solches kommt als Zinkblüte Zn3CO5 + 2H2O in der Natur vor. Das kohlensaure Zinkoxyd ist farblos, unlöslich in Wasser und zerfällt beim Erhitzen in Zinkoxyd und Kohlensäure.