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MKL1888:Kippregel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kippregel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Kippregel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 9 (1887), Seite 745746
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Kippregel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 745–746. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kippregel (Version vom 15.03.2022)

[745] Kippregel, im Verein mit dem Meßtisch der Hauptapparat für die topographische Aufnahme, dient als Projektionsinstrument, als Horizontal- und Vertikalwinkel- und als Entfernungsmesser. Die K. (s. Figur, S. 746) besteht aus einem messingenen Lineal, über welchem auf einem Träger (Säule) ein um eine Horizontalachse drehbares Fernrohr derart steht, daß bei genau horizontaler Lage des Lineals eine Kante desselben, die Ziehkante, in die durch die Fernrohrachse gelegte Vertikalebene fällt. Wird daher das Fernrohr nach einem Ziel gerichtet, so ist die an der Ziehkante gezogene Linie die Projektion der Visierlinie auf die Meßtischplatte. Zum Messen von Vertikalwinkeln ist am Fernrohr ein Gradbogen befestigt, der sich an einem am Träger (Säule) angeschraubten Nonius vorbeischiebt. Zum Horizontalstellen des Fernrohrs ist unter oder über demselben eine Röhrenlibelle korrigierbar an ihm befestigt. Ist mit Hilfe dieses Niveaus [746] das Fernrohr horizontal gestellt, so muß für Höhenmessungen der Winkel in Betracht gezogen werden, den nun der Index am Gradbogen zeigt (Korrektionswinkel). Zur Beseitigung dieses lästigen Korrektionswinkels ist bei neuern Kippregeln der Nonius fein verschiebbar hergestellt worden, und es kann dann jede Vertikalwinkelmessung direkt am Gradbogen und Nonius abgelesen werden. Um rückwärtige Alignements aufsuchen zu können, sind die neuern Kippregeln zum Durchschlagen eingerichtet, d. h. das Fernrohr kann um 360° gedreht werden. Zur Orientierung des Meßtisches ist auf dem Lineal eine schmale Bussole mit 13–18 cm langer Magnetnadel befestigt, welche an den schmalen Seiten einen Limbus von etwa 30° trägt, dessen Nord- (Null-) Linie genau parallel der Ziehkante liegt, woraus auch die selbständige

Meßtisch nebst Kippregel von Breithaupt in Kassel.

Verwendbarkeit der K. zum Messen von Horizontalwinkeln bis zu 15° hervorgeht. Außerdem ist auf dem Lineal noch ein Dosenniveau zum Horizontalstellen des Meßtisches befestigt. Die Vorrichtung zum Distanzmessen besteht in einem Fadenkreuz, dessen Kreuzungspunkt in der optischen Achse des Fernrohrs liegt. Parallel zum horizontalen Faden sind in gleichen Abständen von diesem noch zwei Fäden ausgespannt. Dieses Fadenkreuz aus Kokon- oder Spinnenfäden ist in einem Ring befestigt, der im Okularrohr durch vier Stellschrauben gehalten wird. Breithaupt hat statt dieser Fäden in ein Glasplättchen Striche eingeschnitten und dieses in dem Tragring befestigt. Die Entfernung wird an einer im Zielpunkt aufgestellten Distanzlatte abgelesen, welche auf ihrer der K. zugekehrten Seite in Zentimeter eingeteilt ist, und beträgt so vielmal 1 m, als Zentimeter zwischen den beiden äußern Parallelstrichen, und so vielmal 2 m, als zwischen dem mittlern und einem der äußern Parallelstriche Zentimeter abgelesen werden; demnach wäre bei einer 3 m langen Latte die größte meßbare Länge m. Über die Verwendung der K. zur Höhenmessung s. d. Die K. hat sich aus dem von Prätorius, Professor in Altorf bei Nürnberg, um 1590 erfundenen, von Lehmann verbesserten, jetzt nicht mehr gebräuchlichen Diopterlineal (s. d.) entwickelt. Besonders hat Reichenbach (gest. 1826) in München sich um Erfindung der K. verdient gemacht. Zu den vorzüglichsten Konstruktionen gehört jetzt die von Breithaupt in Kassel; vgl. Aufnahme, topographische.