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MKL1888:Kataplexīe

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kataplexīe“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Kataplexīe“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 9 (1887), Seite 605
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Kataplexīe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 605. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kataplex%C4%ABe (Version vom 15.11.2024)

[605] Kataplexīe (griech., Schrecklähmung), der eigentümliche lähmungsartige Zustand, in welchen Tiere aller Art durch einen plötzlichen Schreck versetzt werden, von dem sie sich nur allmählich wieder erholen. Auch der Mensch kann gelegentlich vor Schrecken „kein Glied rühren“, namentlich bei plötzlichen Verwundungen (Wundschreck oder shok der Chirurgen); doch steigert sich bei ihm die Lähmung nur selten zur vollkommenen Starrheit, und in der Regel geht dieselbe schnell vorüber. Tiere dagegen, die man plötzlich ergreift und auf den Rücken oder die Seite legt oder an den Beinen aufhängt, werden nach den ersten fruchtlosen Fluchtversuchen alsbald unbeweglich, so daß man die Hand vorsichtig wegnehmen kann, ohne daß sie davonlaufen. Am frühsten war dies vom Huhn bekannt, welches man nach der Vorschrift des Jesuitenpaters Kircher zu binden pflegte und mit dem Schnabel an die Diele drückte, worauf man von dort einen Kreidestrich zog, den es angeblich für das Ende des Bindfadens hielt, mit dem es gebunden sei. Czermak, der von einem ähnlichen Experiment mit dem Flußkrebs gehört hatte, den man „magnetifiert“, d. h. nach einigen Strichen auf den Nasenstachel stellt, untersuchte diese Erscheinung zuerst näher, fand, daß sich die meisten Vögel ähnlich verhalten, und glaubte, daß sie dabei in einen eigentümlichen Zustand von Schlaftrunkenheit (Hypnotismus) verfallen, aus dem sie erst nach 5–15 Minuten erwachen. Preyer zeigte jedoch, daß diese Tiere nicht schlafen, vielmehr aus großer Angst und Aufregung, die sie durch Zittern und Keuchen verraten, in einen lähmungsartigen Zustand verfallen, der wahrscheinlich auf eine Erregung von Hemmungszentren zurückzuführen ist, infolge deren die willkürlichen Bewegungen aufhören, während der Blutstrom aus den Hautgefäßen zurück- und, wie es scheint, auf die Eingeweide gedrängt wird. Preyer zeigte ferner, daß diese Zustände sich fast bei Tieren aller Klassen hervorrufen lassen. Das Zum-Stab-Werden der Uräusschlange, wenn man sie am Hals faßt, welches die ägyptischen Zauberer noch heute, wie zu Moses’ Zeiten, zeigen, gehört vermutlich ebenso wie die Lähmung der durch den Schlangenblick „bezauberten“ Vögel hierher. Je weiter man im Tierreich hinabsteigt, um so leichter und andauernder tritt diese Lähmung ein. Frösche oder Tritonen, die man mit der Pinzette oder einer Schlinge am Bein oder Schwanz faßt und aufhängt, werden sogleich starr und sterben nach Verlauf eines halben bis ganzen Tags, ohne ihre Gliederstellung geändert zu haben. Auch das „Sichtotstellen“ kleiner Käfer, wenn sie ergriffen werden, gehört wahrscheinlich hierher. Vgl. W. Preyer, Die K. und der tierische Hypnotismus (Jena 1878). – In der Medizin ist K. das Erstarren des Körpers durch Schlagfluß; kataplektisch, vom Schlagfluß getroffen.