MKL1888:Itālische Sprachen
[105] Itālische Sprachen, eine der Hauptfamilien des großen indogermanischen Sprachstammes (s. Indogermanen). Die italischen Sprachen wurden in der ältesten Periode der römischen Geschichte vornehmlich in Mittelitalien gesprochen, während in Oberitalien keltische, in Unteritalien griechisch und messapisch redende Bevölkerungen saßen, und waren auch in Mittelitalien durch die benachbarten, damals noch mächtigen Etrusker eingeschränkt. Das Italische zerfiel von Anfang an in zwei Hauptzweige: den lateinischen und den nur aus alten Inschriften bekannten umbrisch-oskischen. Der letztere Zweig, zu dem auch noch das Volskische, Sabinische, Marsische, Picentinische und andre Mundarten gehörten, unterschied sich von dem erstern hauptsächlich in der Bildung des Infinitivs und des Futurums; in lautlicher Hinsicht hat er mehr Diphthonge als das Latein und setzt im Anlaut der Wörter p, wo die Lateiner k oder q gebrauchen, wie z. B. das lateinische Fragpronomen quis im Umbrisch-Oskischen pis lautet. Das Oskische war die Sprache der Samniter, denen die Römer das Zepter der Herrschaft über Italien nach langen und wechselvollen Kämpfen entrissen; seitdem kam es allmählich außer Gebrauch und erhielt sich nur in einigen der südlichen Provinzen noch bis in das 1. Jahrh. v. Chr. hinein. Ebenso wurden die andern Dialekte dieses Zweigs völlig verdrängt durch das Latein, das mit dem Faliskischen, anfangs auf eine kleine Landschaft in Mittelitalien beschränkt, durch das siegreiche Vordringen der Römer sich nicht nur über ganz Italien ausbreitete, sondern auch während der römischen Kaiserzeit in fast allen den Römern unterworfenen Provinzen die herrschende Sprache wurde und daher die Grundlage der romanischen Sprachen der Neuzeit bildet.