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MKL1888:Holzessig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Holzessig“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 679680
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Holzessig. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 679–680. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Holzessig (Version vom 03.03.2023)

[679] Holzessig (Holzsäure), die bei der trocknen Destillation des Holzes auftretende braune, sauer und scharf empyreumatisch riechende und schmeckende, wässerige Flüssigkeit, deren Hauptbestandteil Essigsäure ist. Holz wird behufs der Gewinnung von Holzkohle, Teer und Leuchtgas der trocknen Destillation unterworfen, und in allen diesen Fällen erhält man dieselben Produkte und den H. stets als Nebenprodukt. Hauptprodukt der Holzverkohlung ist bei uns der H. nur selten; in England dagegen, wo der Spiritus so hoch besteuert ist, daß man ihn nicht zur Essigfabrikation benutzen kann, bildet die Holzessigfabrikation einen nicht unwichtigen Industriezweig, und sie ist um so rentabler, als der rohe H. einen dem gewöhnlichen Alkohol sehr ähnlichen Körper enthält (Holzgeist, Methylalkohol), welcher als Ersatzmittel des Spiritus und in der Teerfarbenindustrie hoch verwertet werden kann. Man benutzt zur Holzessigfabrikation viereckige eiserne Kasten, stehende oder liegende Cylinder, erhitzt in diesen das Holz sehr langsam und leitet die Destillationsprodukte zur Abkühlung und Kondensation durch ein Röhrensystem. Die entweichenden Gase haben geringen Brennwert und werden in die Feuerung geleitet. Die Ausbeute variiert [680] nach der Beschaffenheit des Holzes, der Konstruktion und Bedienung des Apparats und nach der Temperatur. Eichenholz (geschältes und Abfälle von Schiffswerften) wird am meisten geschätzt, demnächst Birkenholz. Angefaulte oder anbrüchige Hölzer sind stets zu beseitigen. Fichtenholz und andre harzreiche Holzarten geben am wenigsten Essigsäure. Nasses Holz gibt viel, aber schwachen, trocknes Holz wenig, aber starken H. Man erhält aus

  Teer
Proz.
Holzessig
Proz.
Essigsäure
Proz.
Kohle
Proz.
Fichte 9,4 40,6 2,8 28,3
Föhre 10,1 44,9 2,7 28,0
Tanne 11,0 40,9 2,4 26,1
Weißbuche 4,9 48,3 6,1 23,9
Eiche 6,4 47,6 5,4 24,9
Rotbuche 4,0 45,0 4,0 23,0
Birke 6,0 48,0 5,7 21,1
Erle 5,2 47,7 3,9 24,0

Der rohe H. (Acetum pyrolignosum crudum) vom spez. Gew. 1,015–1,03 enthält 5–9 Proz. Essigsäure, 6–10 Proz. Holzgeist, außerdem Buttersäure, Aceton, Essigsäuremethyläther, Phenol (Karbolsäure), Ammoniaksalze und nicht näher bekannte Brandöle und Brandharze. Er wirkt stark fäulniswidrig und dient zur Konservierung von Fleisch und Wurst (Schnellräucherung), Holz und Tauen, zum Einbalsamieren (schon bei den Ägyptern), in der Veterinärpraxis bei Klauenseuche, Maulfäule, Raude, Krätze, auch als äußerliches Arzneimittel bei Wunden, Krebsgeschwüren, Frostbeulen etc., zur Bereitung von holzessigsaurem Eisen (durch Auflösen von Eisenfeilspänen etc.), Bleizucker, essigsaurer Thonerde, essigsaurem Kalk und essigsaurem Natron. Für den innerlichen Gebrauch bei Magenerweichung, Tuberkulose etc. bereitet man durch fraktionierte Destillation den rektifizierten H. (Acetum pyrolignosum rectificatum), eine klare, farblose oder gelbliche Flüssigkeit von brenzligem, saurem Geruch und Geschmack. Die bei weitem größte Menge des Holzessigs wird auf Essigsäure (s. d.) verarbeitet, wobei man Methylalkohol (s. d.) als Nebenprodukt gewinnt.