MKL1888:Hanno
[129] Hanno, 1) karthag. Suffet, unternahm in der Blütezeit des karthagischen Staats mit 60 Pentekonteren (50ruderigen Schiffen), auf welchen sich angeblich 30,000 Libyphöniker als Kolonisten für zu gründende Niederlassungen befanden, eine große Seeexpedition von Karthago aus über die Säulen des Herakles hinaus an die Westküsten Afrikas und weihte nach seiner Rückkehr damaliger Sitte gemäß in dem Tempel des Kronos eine Tafel, welche in punischer Sprache einen Reisebericht (Periplus, „Umschiffung“) enthielt, von dem eine griechische Übersetzung auf uns gekommen ist. Wann H. jene Fahrt gemacht habe, ist zweifelhaft; die wahrscheinlichste unter den verschiedenen Annahmen ist, daß sie um 500 v. Chr. stattgefunden hat. Sie hat sich den in dem Bericht enthaltenen Angaben zufolge über den Krokodilfluß (Senegal) und das Grüne Vorgebirge hinaus erstreckt, bis Mangel an Lebensmitteln und vielleicht auch nautische Schwierigkeiten zur Rückkehr nötigten. Hannos Bericht ist, wiewohl manches Fabelhafte darin vorkommt, gewiß eins der ältesten authentischen Denkmäler der geographischen Kunde des Altertums. Zuerst ward er herausgegeben in Basel 1534 (hinter Arrian) von Gelenius, dann unter andern deutsch und griechisch von Schmid (hinter Arrian, Braunschw. 1764), in den „Geographi graeci minores“ von Gail (Par. 1826, Bd. 1), von Kluge (Leipz. 1829) und Hirscher (Ehing. 1832). Vgl. Mer, Mémoire sur le Périple d’Hannon (Par. 1885).
2) Karthag. Feldherr in Sizilien im ersten Punischen Krieg, wurde 262 v. Chr. von den Karthagern mit einem Heer abgeschickt, um das von den Römern belagerte Agrigent zu entsetzen, erlitt aber in der Nähe dieser Stadt eine Niederlage, worauf sich die Stadt ergab; 256 befehligte er mit Hamilkar die Flotte, welche bei Eknomos von den Römern geschlagen wurde.
3) H., mit dem Beinamen „der Große“, wurde von den Karthagern beim Ausbruch des Söldnerkriegs (241–237 v. Chr.) mit der Führung des Kriegs beauftragt und besiegte die mit den aufständischen Libyern vereinigten Söldner bei Utica, ließ sich aber dann von ihnen überfallen und wurde von ihnen völlig geschlagen. Seine Vaterstadt stellte ihm daher Hamilkar Barkas als Feldherrn zur Seite. Da aber wegen der Uneinigkeit beider Feldherren der Krieg unglücklich geführt wurde, so überließ der Senat dem Heer die Entscheidung, wer von beiden alleiniger Befehlshaber bleiben solle, und dieses entschied sich für [130] Hamilkar; daher Hannos Feindschaft gegen Hamilkar und dessen ganzes Haus. Nach Hasdrubals Tod sprach H. gegen die Erwählung Hannibals zum Oberbefehlshaber in Spanien und nach dem Fall Sagunts für dessen Auslieferung an die Römer. Er war fortwährend das Haupt der Friedenspartei in Karthago und zwar teils aus persönlicher Abneigung gegen das Barkidische Haus, teils aus Scheu vor einem Entscheidungskampf mit dem überlegenen Rom sowie aus Besorgnis, daß die unumschränkte Macht der Barkiden die Freiheit des Staats gefährden könne. Nach der Schlacht bei Zama stand er an der Spitze der Gesandtschaft, die bei Scipio um Frieden bat, und wird noch späterhin als Haupt der römerfreundlichen Partei genannt. Er soll in hohem Alter gestorben sein.
4) Unterfeldherr Hannibals und nach Appian dessen Neffe, stand an der Spitze der nach der Schlacht bei Cannä nach Bruttium geschickten Heeresabteilung und eroberte daselbst 215 v. Chr. mehrere Städte, unter ihnen Locri und Croton, wurde aber, als er einen Versuch machte, von da nach Lukanien vorzudringen, 214 von Tiberius Sempronius Longus bei Grumentum und dann, als er von dort den mit einer Belagerung bedrohten Capuanern Mundvorräte zuführen wollte, 212 nochmals bei Beneventum vom Konsul Quintus Fulvius Flaccus geschlagen.
Hanno, Erzbischof von Köln, s. Anno.