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MKL1888:Haifische

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Haifische“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Haifische“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 7 (1887), Seite 10211022
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Haifische. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 1021–1022. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Haifische (Version vom 20.08.2021)

[1021] Haifische (Selachoidei), Unterordnung der Knorpelfische aus der Ordnung der Quermäuler, Fische mit langgestrecktem, spindelförmigem Körper, weit nach hinten gerückter, querer Mundöffnung, seitlichen Kiemenlöchern, mehr oder minder senkrecht stehenden Brustflossen und starkem, fleischigem, an der Spitze aufwärts gebogenem Schwanz. Die Bezahnung wird meist durch zahlreiche Reihen spitzer, dolchförmiger Zähne gebildet. Sie gebären meist lebendige Junge; einige, namentlich die Hundshaie, legen Eier, platte, vierzipfelige Hornkapseln, die an den Zipfeln mit rankenartigen Hornfäden versehen sind (Seemäuse). Zur Familie der Hundshaie (Scyllidae), mit kurzer, stumpfer Schnauze, in der Mitte scharf gespitzten, seitlich gesägten Zähnen, zwei weit nach hinten stehenden Rückenflossen, entwickelter Afterflosse, langgestreckter, abgestutzter Schwanzflosse, Spritzlöchern und fünf Kiemenöffnungen, gehören der Hundshai (Scyllium canicula Cuv.), bis 70 cm lang, oben auf rötlichem Grund braun gefleckt, unten weiß, und der Katzenhai (S. catulus L., s. Tafel „Fische II“), 1 m lang, mit bedeutend größern und spärlichern Flecken. Beide leben in wärmern Meeren, aber auch noch in der Nordsee, gewöhnlich nahe dem Grund, nähren sich von Fischen, Krebsen, Weichtieren und richten besonders beim Heringsfang großen Schaden an. Die blaß horngelben, 6,5 cm langen Eier (10–20) werden zwischen Seepflanzen abgelegt. Das Fleisch ist hart, lederartig und wird nur im Notfall gegessen; die Leber gibt trefflichen Thran, ihr Genuß hat aber bisweilen üble Folgen; die Haut dient zum Glätten von Holzarbeiten. Die Menschenhaie (Carcharidae) besitzen eine Afterflosse, zwei Rückenflossen, von denen die vordere zwischen Brust- und Bauchflossen steht, und eine Nickhaut. Der Kopf ist flach, der vordere Teil der Schnauze sehr vorgezogen. Die Zähne sind dreieckig, glatt, mit schneidenden oder gesägten Rändern und stehen in mehreren Reihen in dem weiten Rachen. Diese großen Tiere sind kühn, raubgierig, der Schrecken der Schiffer und Küstenbewohner. Der Blauhai (Carcharias glaucus Cuv.), 3–4 m lang, mit sehr spitzer Schnauze, langen, sichelförmigen Brustflossen, schlanker Schwanzflosse, ohne Spritzlöcher, oben schieferblau, unten weiß, bewohnt das Mittelmeer, die südlichen Meere und den Atlantischen Ozean nördlich bis England und Skandinavien. Der Jonashai (C. verus L.), bis 9 m lang, mit rauher, höckeriger Haut, oben gräulichbraun, unten grauweiß, findet sich ebenfalls im Mittelmeer. Diese und andre Arten leben besonders an den Küsten, schwimmen sehr schnell, wenn auch nicht so gewandt wie andre Fische, sind ungemein gefräßig, nähren sich von allen Seetieren und verfolgen die Schiffe, oft begleitet vom Lotsenfisch oder Pilot, um alles zu verschlingen, was über Bord fällt. Über ihre Fortpflanzung weiß man wenig; die 30–50 Jungen werden als reife, ernährungsfähige Wesen geboren, sollen aber eine Zeitlang von der Mutter geführt und geschützt werden. Man angelt sie mit starken, mit Speck geköderten Angeln an einer Kette, benutzt die Leber zur Thranbereitung und die Haut als Schleifmittel und Chagrin; das Fleisch ist hart, geschmacklos. Hierher gehört auch der Hammerfisch (s. d.). Der Sternhai (Mustelus vulgaris M. Hle.), 1–1,5 m lang, mit kielförmigen Flossen, kleinen, stumpfen Zähnen und Spritzlöchern, auf dem gräulichen Rücken oft sternartig weiß gefleckt, findet sich in allen europäischen Meeren, lebt gesellig, ist träge, harmlos, hält sich meist am Grund auf und nährt sich von Krustentieren. Das Weibchen wirft etwa zwölf Junge. Er kommt auf die italienischen Fischmärkte und wird von ärmern Leuten gegessen. Die Riesenhaie (Lamnidae) stimmen hinsichtlich der Flossenstellung mit der vorigen Familie überein, besitzen keine oder sehr kleine Spritzlöcher und keine Nickhaut. Der Riesenhai (Selache maxima Cuv.), bis 12 m lang und 8000 kg schwer, mit kurzer, stumpfer Schnauze, kleinen Spritzlöchern, sehr großen Kiemenspalten, kleinen Zähnen und mit vielen Spitzen bedeckten Hautschuppen, bräunlich schwarzblau, unten weißlich, lebt im Eismeer, geht südlich bis England und Frankreich, nährt sich in den Tiefen des Meers von kleinen Seetieren, frißt auch Aas, ist harmlos, träge, dumm, aber schwer zu bewältigen und wird wegen der großen, thranreichen Leber gejagt. Die Dornhaie (Spinacidae) haben zwei Rückenflossen und vor jeder derselben einen Stachel, Spritzlöcher, aber keine Afterflosse und Nickhaut. Der Dornhai (Acanthias vulgaris Risso), 1 m lang, 10 kg schwer, mit keilförmigem, vorn schmalem, an der Spitze abgerundetem Kopf, drei Reihen langer, spitzer, am Rand wenig gesägter Zähne, ist oben schiefergrau, unten gelblichweiß, findet sich überall und sehr häufig in den europäischen Meeren, erscheint oft in großen Scharen, schneidet die Angeln der Fischer ab und wird häufig gefangen, wobei er sich seiner Dornen als Waffe bedient. Sein Fleisch wird in Schottland getrocknet und gegessen, Leber und Haut finden die gewöhnliche Verwendung. Sehr schmackhaft sind die in Entwickelung begriffenen Eier und das Fleisch der Jungen, von denen das Weibchen bis 20 zur Welt bringt. Der die Familie der Squatinidae repräsentierende Meerengel (Engelfisch, Squatina angelus L.) stimmt hinsichtlich der Flossen, Spritzlöcher und Nickhaut mit den Dornhaien überein, hat aber einen platten, rochenähnlichen Körper, runden Kopf, nach vorn gerichtete, sehr große Brust- und Bauchflossen, ein mit kegelförmigen, in mehrere Reihen geordneten Zähnen bewehrtes Maul quer unter der Schnauze und eine rauhe Haut mit kegelförmig zugespitzten Schuppen. Er wird 2–3 m lang, ist oben schokoladenbraun, schwarz gefleckt, unten gelblichweiß, mit einer Reihe kurzer Dornen auf der Mittellinie des Leibes. Er bewohnt die tropischen und subtropischen Meere, das [1022] Mittelmeer, den Atlantischen Ozean und die Nordsee, ist sehr häufig, hält sich meist am Grund auf und jagt besonders Rochen und Schollen. Das Weibchen gebiert 7–14 Junge; er wird nur der Haut wegen gejagt; früher benutzte man mehrere Teile des Tiers arzneilich.