MKL1888:Haß
[204] Haß, diejenige Abneigung, welche aus bewußter (wie die Antipathie aus unbewußter) Ungleichartigkeit, und insofern der Gegensatz der Liebe als derjenigen Zuneigung, welche aus bewußter (wie die Sympathie aus unbewußter) Ungleichartigkeit entspringt. Der H. ist Abstoßung, die Liebe Anziehung ungleichnamiger, wie Feindschaft und Freundschaft (s. d.) Abstoßung und Anziehung gleichnamiger Pole. Feindschaft findet zwischen Brüdern, H. dagegen zwischen Angehörigen verschiedener Rassen (Weißen und Farbigen) statt. Derselbe erstreckt sich daher auch auf leblose Objekte (gerade um des Bewußtseins ihres Gegensatzes zu unsrer Lebendigkeit willen) als Widerwille, Abscheu und, wenn er von lebhaften, sinnlichen Unlustgefühlen, welche bis zu körperlichen Erregungen sich steigern, begleitet wird, Ekel. Den höchsten Grad erreicht er im Menschenhaß, der jedoch ohne Überhebung über seinesgleichen nicht denkbar [205] ist, daher der Menschenhasser andre Menschen nicht als Menschen gelten läßt, sondern sie selbst mit einem andern Namen („Bipedes“ nennt sie Schopenhauer) bezeichnet. Im wahrhaft Gebildeten kann der H. niemals zur Herrschaft kommen, es wäre denn der H. des Bösen, da er mit Ausnahme des letztern, zwischen dem und dem Guten keine Versöhnung möglich ist, in der Welt der (leblosen und lebendigen) Wesen zwar Ungleichartiges findet, aber nichts, das ihm Abneigung, sondern nur solches, das ihm Teilnahme (Mitleid und Wohlwollen) einflößt, und nicht nur im Thoren den Menschen, sondern selbst im Boshaften nur den Thoren wiedererkennt.