MKL1888:Goldener Schnitt
[486] Goldener Schnitt (lat. Sectio aurea), in der Mathematik Einteilung einer Linie in zwei Teile, die sich so zu einander verhalten wie der größere von beiden (ac) zu der ganzen Linie (ab), nach der Formel . Das Verhältnis des kleinern Teils zum größern ist ungefähr wie (s. Figur). Nach Zeising ist der Goldene Schnitt als ästhetisches Gesetz in betreff des Baues des menschlichen Körpers nachgewiesen, insofern bei dessen Länge vom Scheitel bis zur Sohle der Einteilungspunkt nach dem Goldenen Schnitt in die Gegend der Rippengrenze falle. Vgl. Zeising, Neue Lehre von den Proportionen des menschlichen Körpers (Leipz. 1854); Derselbe, Der Goldene Schnitt (das. 1884). In dem 1509 erschienenen Buch des Minoriten Lukas Pacioli: „Divina proportione“ werden alle denkbaren Anwendungen der „Sectio aurea“ registriert. Zu einer Norm für menschliche Schönheit und Gestaltbildung hat die Lehre vom Goldenen Schnitt zur praktischen
Verwendung für Künstler Joh. Bochenek („Kanon aller menschlichen Gestalten und Tiere“, Berl. 1885) ausgebildet, welcher die Ansicht vertritt, daß sich die Griechen bereits des Goldenen Schnittes für ihre menschlichen, tierischen und architektonischen Bildungen bedient hätten, und daß derselbe mit dem Kanon des Polyklet identisch sei. Vgl. ferner Wittstein, Der Goldene Schnitt und die Anwendungen desselben in der Kunst (Hannov. 1874); Pfeifer, Der Goldene Schnitt (Münch. 1885); Matthias, Die Regel vom Goldenen Schnitt im Kunstgewerbe (Leipz. 1886).